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Elf Jahre Flucht: Neue Heimat Schruns

Die Flüchtlinge aus Serbien haben in Schruns ihre Heimat gefunden.
Die Flüchtlinge aus Serbien haben in Schruns ihre Heimat gefunden. ©VOL.AT/Schwendinger
Schruns - Adem S. und Remzija P. sind Ashkali*. Sie wurden im Balkankonflikt als Minderheit verfolgt. In Schruns hat die Familie mit ihren drei Töchtern eine Heimat gefunden. VOL.AT hat mit ihnen über ihre Zeit als Flüchtlinge gesprochen.
Die Flüchtlingsfamilie im Interview

Adem S. hatte im Jahr 1999 zwei Möglichkeiten. Der Familienvater musste entweder kämpfen oder das Land mit Remzija und der ersten gemeinsamen Tochter, damals erst drei Jahre alt, verlassen. “Wir sind dann über Albanien mit dem Boot nach Italien geflüchtet. Das war gerade mit unserer kleinen Tochter sehr hektisch. Auf dem adriatischen Meer wäre sie dabei fast ertrunken.”

Halb Europa als Zwischenstationen

In Italien kamen zur gleichen Zeit vier Flüchtlingsboote an, drei davon mussten wieder umkehren, erzählt Adem: “Zum Glück konnten wir anlegen und weiter durch das ganze Land nach Deutschland reisen.” Dort blieb Adem mit seiner Familie vier Jahre lang, sie bekamen eine zweite Tochter. Weitere Stationen waren die Schweiz, Wien und wieder Deutschland.

Schruns als neue Heimat

Geblieben ist er dann schließlich in Schruns in Vorarlberg: “Dort hat es uns sehr gut gefallen. Es gab Krankenhäuser, Kindergärten und Volksschulen in der Nähe. Wir sind sehr herzlich aufgenommen worden. Vor allem von den Helfern vor Ort.” Im Flüchtlingsheim in Schruns wachsen seiner Familie zwei Menschen ganz besonders ans Herz: Franz und Helene Rüdisser.

Abschiebung als erneuter Schock

Als Remzija wieder schwanger wird, verbringen Franz und Helene sehr viel Zeit mit den Flüchtlingen. Als die dritte Tochter von Adem und Remzija dann drei Wochen alt ist, kommt aber ein weiterer Rückschlag: Die Familie darf nicht länger bleiben, sie werden ausgewiesen. “Die Caritas hat uns gesagt, dass sie nichts mehr machen können und wir zurück nach Serbien müssen”, erklärt Adem.

“Wir brauchen diese Kinder” hilft

“Zu dieser Zeit ist die Plattform ‘Wir brauchen diese Kinder’ entstanden. Wir wollten diesen Familien und ihren kleinen Kindern einfach helfen”, so Helene Rüdisser gegenüber VOL.AT. Viele Unterstützer und Verbindungen mussten mobilisiert werden, um den Flüchtlingen zu helfen. Im Jahr 2010 bekamen Adem, Remzija und ihre drei Kinder dann das humanitäre Bleiberecht.

2015 ein letztes Ansuchen

“Für das humanitäre Bleiberecht brauchten sie einen Integrationsnachweis, eine Garantie, dass sie sich selbst ohne Anspruch auf Sozialgelder erhalten können, eine eigene Wohnung und ausreichende Deutschkenntnisse”, erläutert Franz Rüdisser den langwierigen Prozess. Und er dauert immer noch an: “Mitte 2015 suchen wir das letzte Mal für eine Verlängerung an. Danach dürfen wir in unserer neuen Heimat Vorarlberg bleiben”, erzählt Remzija P. mit strahlenden Augen.

Kleines Dorf mit großem Herz

Dann sind auch ihre Ängste weg, mit ihrer Familie wieder flüchten zu müssen. Adem fasst seine elfjährige Leidenszeit ganz einfach zusammen: “Hinter mir steht Schruns, ein kleines Dorf mit großem Herz. Ohne diese Menschen hier weiß ich nicht, was aus meiner Familie geworden wäre.”

(*Die Ashkali sind eine vorwiegend muslimische Minderheit im Kosovo und in Zentralserbien, in Albanien, in Bulgarien und in Mazedonien. Sie bilden eine Teilgruppe der Roma.)

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