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Einigung im Grenzstreit droht zu kippen

In Kroatien steht die Mitte September auf Regierungsebene mit Slowenien ausgehandelte Einigung im Grenzstreit auf der Kippe. Wenn das Abkommen scheitert, droht neues EU-Veto.

Die oppositionellen Sozialdemokraten (SDP), deren Zustimmung für die Ratifizierung im Parlament erforderlich ist, wollen den Entwurf des bilateralen Abkommens zur Anrufung eines Schiedsgerichts im Grenzstreit bisher nicht mittragen. Ministerpräsidentin Jadranka Kosor sagte nach einem Parteiführertreffen am Mittwochabend, dass bei einem Scheitern des Abkommens ein neues slowenisches Veto gegen die EU-Beitrittsgespräche Kroatiens drohe.

Kosor und ihr slowenischer Amtskollege Borut Pahor hatten sich am 11. September in Ljubljana auf die Modalitäten zur Anrufung eines internationalen Schiedsrichtergremiums in dem seit 18 Jahren ungelösten Streit geeinigt. Slowenien zog daraufhin sein Veto gegen die EU-Beitrittsverhandlungen Kroatiens zurück. Pahor musste für den – offiziell immer noch geheimen – Entwurf des Schiedsabkommens viel innenpolitische Kritik einstecken, doch kann er es mit Unterstützung seiner Koalitionspartner im Parlament durchbringen.

Kosor versicherte sich zwar auch der Unterstützung ihrer Koalitionspartner, doch ist im kroatischen Parlament (Sabor) eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Ratifizierung des Abkommens erforderlich. Somit müssen auch die oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) zustimmen, die mehr als ein Drittel der Abgeordneten stellen. Der Sozialdemokrat Pahor versuchte seinen Parteifreund, SDP-Chef Zoran Milanovic, bei einem Besuch am Montag in Zagreb für das Abkommen zu gewinnen. Beim von Ministerpräsidentin Kosor einberufenen Treffen der Chefs der Parlamentsparteien am Mittwochabend verweigerte Milanovic aber die Zustimmung. Er pochte auf zusätzliche Informationen über den genauen Inhalt des Dokuments.

Umstritten ist in beiden Ländern der Punkt 3b des Schiedsabkommen, in dem es um den “Kontakt Sloweniens mit internationalen Gewässern” geht. In Slowenien wird kritisiert, dass Pahor damit schon im Vorhinein den slowenischen Anspruch auf einen Zugang zum offenen Meer aufgegeben habe. In Kroatien wird diese Formulierung von Kritikern umgekehrt gedeutet: Kosor habe dem Nachbarland schon vor Beginn des Schiedsverfahrens unbestritten kroatisches Aquatorium “geschenkt”.

Zagreb gebe damit “einen 26 Kilometer langen und 5,4 Kilometer breiten Streifen unbestritten kroatischen Meeres” her, empörte sich etwa der einflussreiche Völkerrechtler Davorin Rudolf. Der Entwurf des Schiedsabkommens sei “noch schlechter” als das im Jahr 2001 zwischen den damaligen Regierungschefs Janez Drnovsek und Ivica Racan geschlossene Grenzverlaufsabkommen, das unter anderem wegen des massiven Widerstand Rudolfs im Sabor gescheitert war. Dieses Abkommen gab Slowenien den Großteil der Adria-Bucht von Piran und einen Korridor zu internationalen Gewässern, im Gegenzug für Grenzbegradigungen zugunsten Kroatiens auf dem Land.

Allerdings stärkte der bisher eher als Scharfmacher im Grenzstreit bekannte kroatische Staatspräsident Stjepan Mesic der Ministerpräsidentin am Donnerstag demonstrativ den Rücken. “Mit einem Scheitern des Abkommens würde ein noch größerer Schaden entstehen”, sagte Mesic mit Blick auf ein neuerliches slowenisches EU-Veto. Mesic kündigte an, noch am heutigen Donnerstag mit SDP-Chef Milanovic sprechen zu wollen. Dieser hatte nämlich gesagt, vor seiner endgültigen Entscheidung zum Grenzabkommen die Meinung des Präsidenten einholen zu wollen. Kosor will ebenfalls noch am Donnerstag mit dem Oppositionsführer zusammenkommen, und hat für Freitag eine Sondersitzung der Regierung anberaumt, bei der das Abkommen abgesegnet werden soll.

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