Männer können es: Bis ins höhere Alter Kinder zeugen - mit wechselnden Lebensabschnittspartnerinnen. Für Frauen wurde das eherne Gesetz Kind oder Karriere zwar politisch, aber nicht faktisch aufgebrochen. Das Bild der Powerfrau, die männliche Seilschaften durchbricht, die Berufsleiter ganz nach oben steigt und auch ohne Pantoffelhelden zu Hause das Kinderglück findet, ist heute mehr Männerphantasie als realistisches Leitbild.
Das gnadenlose biologische Alter
In einem Punkt mutet die Natur zynisch an, beobachtet Christine Loimer von der KinderWunschKlinik in der Hadikgasse 82, da kommen Mittvierzigerinnen in unsere IVF-Klinik, die man aufgrund der Optik durchaus zehn Jahre jünger schätzt. Sie pflegen einen aktiven Lebensstil und wollen ganz selbstverständlich noch ein Kind bekommen dann muss man erklären, dass die weiblichen Fortpflanzungsorgane von den Segnungen des Länger-jung-Bleibens ausgenommen sind. Trotz medizinischer Fortschritte bleibt es dabei: Die männliche Zeugungsfähigkeit nimmt ab dem 50. Lebensjahr merklich ab. Und auch die innere Uhr der weiblichen Gebärmutter tickt ab dem 35. Lebensjahr unüberhörbar.
Genau diese Ungleichbehandlung durch die Natur ist seit diesem Sommer in Europa teilweise überwunden: Junge Frauen können ihre Eizellen einfrieren lassen und Jahre später mit dieser jungen Eizelle eine Schwangerschaft mit einem gesunden Baby erzielen. Selbst das Delegieren an eine Leihmutter wäre möglich, wenn der Gesetzgeber dies zuließe. Es ist eine Art von Versicherung. Durch das ,egg freezing (Einfrieren von Eizellen in jungen Jahren) könnte sich die Erfüllung des Kinderwunsches um fünf bis vielleicht zehn Jahre verschieben lassen, urteilte Carl Djerassi, der in Wien geborene Erfinder der Antibabypille, kürzlich bei seiner Besichtigung der KinderWunschKlinik.
Täglich der Natur etwas nachhelfen
Dort dominieren bewährte Methoden zur Ermöglichung einer Schwangerschaft den Alltagsbetrieb. Vor allem Hormontherapien und die künstliche Befruchtung (in vitro fertilisation, IVF) sind in den letzten Jahren verbessert worden und führen im Schnitt bei 95 % der Patientinnen zum Erfolg. Hauptfaktor ist das Alter, oft spielt aber auch der Kopf mit, ergänzt Loimer und verweist auf das durch Pölster und alte Möbel heimelig wirkende Ambiente: Ein angenehmes Umfeld und die Zusage, dass sich die Patientinnen zurücklehnen sollen, weil sich jetzt Fachleute um den lang gehegten Kinderwunsch kümmern, überwinden psychologische Blockaden. Die neue Freiheit der Frau durch die Möglichkeit des egg freezings trifft ironischerweise auf gesteigertes männliches Unvermögen: Waren früher meist Frauen Auslöser unfreiwilliger Kinderlosigkeit, liegts heute in fast 60 % der Fälle an den Partnern. Eine kleine Verschiebung, die aber in einer katholisch geprägten Schuldfragen-Gesellschaft das Umdenken beschleunigen wird.