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Einfach böse

©APA/BARBARA GINDL (Symbolbild)
Gastkommentar von Johannes Huber. In der Integrationspolitik geht es längst nicht mehr um die Sache, sondern darum, auf Kosten von Fremden zu agitieren.

Sebastian Kurz (ÖVP) war einmal Integrationsstaatssekretär und kündigte als solcher im Jahr 2013 eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts an: „Künftig soll sich die Vergabe der Staatsbürgerschaft nicht mehr nach der bloßen Zeitdauer richten.“ Wer sich nicht integriert, soll demnach nie Österreicher werden können. Wer sich ausreichend integriert, soll – wie bisher – nach zehn Jahren die Möglichkeit dazu haben. Und: „Wer sehr gut integriert ist, bekommt die Staatsbürgerschaft nach zehn Jahren“, so Kurz.

Vor wenigen Tagen nun hat die SPÖ gefordert, all jenen, die Voraussetzungen wie die Absolvierung eines Staatsbürgerschaftslehrgangs erfüllen, nach zehn Jahren einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung zu geben. Antwort Kurz, nunmehr Kanzler: „Das lehne ich ab.“ Es würde sich um eine „Entwertung“ der Staatsbürgerschaft handeln, erklärte er gegenüber der „Kronen Zeitung“.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) versuchte gar, mit einem vermeintlichen Totschlagargument in seinem Sinne nachzulegen: Eine halbe Million Menschen würde damit einbürgerungsberichtigt werden, laut ÖVP-Klubobmann August Wöginger könnten sich dadurch auch die politischen Mehrheitsverhältnisse bei Wahlen zugunsten der Linksparteien verändern. Damit geht eine Unterstellung einher: Allein darum gehe es Sozialdemokraten, aber auch gleichgesinnten Grünen.

Hier kommt eine „Grundbösartigkeit“ zum Ausdruck, wie sie in einem anderen Zusammenhang von der Journalistin Anneliese Rohrer bereits geortet worden ist: In der Integrationspolitik geht es längst nicht mehr um die Sache, sondern ausschließlich darum, auf Kosten von Fremden zu agitieren, ja ihnen dabei gerne auch wehzutun.

Man könnte sachliche Argumente vortragen. Gegen beschleunigte Einbürgerungen etwa, dass man möglichst niemandem eine Gelegenheit bieten wolle, Österreicher zu werden. Für beschleunigte Einbürgerungen wiederum, dass gerade sie im Sinne erfolgreicher Integration sein könnten.

Was ist denn die Realität? Zumal es Fremden – auch im internationalen Vergleich – sehr schwer gemacht wird, die Staatsbürgerschaft zu erlangen, wird sie von vielen gar nicht angestrebt. Lediglich 0,9 Prozent der seit mindestens zehn Jahren in Österreich lebenden Ausländer ließen sich im vergangenen Jahr einbürgern. Quelle: Statistik Austria. Wobei als Motiv wohl auch unterstellt werden kann, dass die Masse ganz genau spürt, wie sehr sie abgelehnt wird.

Weil diese Leute die schwer zu erreichende Staatsbürgerschaft nicht anstreben, vernachlässigen sie Deutschkenntnisse, Landeskunde und vieles andere mehr. Sprich: Indirekt wird hier die Bildung von Parallelgesellschaften gefördert.

Schlaue Integrationspolitik könnte daher über Anreize einen gewissen Druck ausüben: Wer weiß, dass er in absehbarer Zeit einmal Österreicher werden kann, wird wohl auch eher daran arbeiten, die Voraussetzungen zu erfüllen; ja man könnte diese Voraussetzungen sogar sehr streng gestalten.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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