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"Eine Verletzung nehme ich gerne in Kauf" – Aktivistin protestiert in Bregenz auf Schweineboden

Strobel/VOL.AT
Strobel/VOL.AT
Eine junge Frau liegt 24 Stunden lang auf Beton – mitten in Bregenz, bei jedem Wetter, ohne Polster, ohne Schutz. Der Boden unter ihr ist kein Zufall: Er entspricht exakt jenem Untergrund, auf dem in Österreich hunderttausende Schweine leben müssen – und auch künftig leben dürfen. VOL.AT zeigt, was hinter der Aktion steckt.

Mit einer 24-stündigen Aktion auf einem strukturierten Vollspaltenboden protestiert eine Aktivistin des VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN (VGT) seit Dienstagvormittag an der Bregenzer Seepromenade gegen die gesetzlich erlaubte Haltung von Schweinen in Österreich. Die Fläche, auf der sie liegt, entspricht exakt dem vorgeschriebenen Platz für ein Mastschwein. Die VOL.AT-Redaktion war mit der Kamera vor Ort und hat sowohl mit den Verantwortlichen als auch mit Passanten gesprochen, die die Aktion wahrgenommen haben.

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„Ich werde jetzt die nächsten 24 Stunden auf einem sogenannten Vollspaltenboden verbringen, um annähernd – nur annähernd – nachvollziehen zu können, wie es ist, als Schwein auf so einem Kantenboden zu leben“, sagt die Tierschützerin Kathi K. kurz vor dem Start der Aktion. Der Untergrund sei eine harte Betonplatte mit scharfkantigen Spalten. Im Rahmen des Selbstversuchs rechnet sie mit körperlichen Folgen. „92 Prozent der Schweine haben Gelenksentzündungen. Mir werden sicher die Gelenke wehtun – eine Verletzung, die es möglicherweise gibt, nehme ich gerne in Kauf“, so Kathi K.

Die Aktivistin, während den ersten Minuten des Selbstexperiments. ©Strobel/VOL.AT
Das Interesse der Bevölkerung ist groß. Hier sieht man die Aktivistin nach rund 5 Stunden auf dem Betonboden. ©VOL.AT

Hintergrund und Kritik an Regierung

Der Verein gegen Tierfabriken kritisiert, dass die von der Bundesregierung kommunizierte Abschaffung des Vollspaltenbodens in der Praxis keine echten Veränderungen mit sich bringe. Laut VGT sei lediglich die unstrukturierte Variante verboten worden – jene, bei der alle Spalten gleichmäßig verteilt sind. Der strukturierte Vollspaltenboden bleibe hingegen erlaubt. Dafür werde lediglich auf einem Drittel der Fläche jeder zweite Spalt verschlossen.

„Man meint ja, dass die neue Regierung den Vollspaltenboden jetzt verboten hat. Aber es stimmt eben nicht – es ist nur eine spezielle Art verboten worden“, sagt VGT-Mitglied Joey Q. „Wenn man einfach von einem Drittel dieser Fläche jede zweite Spalte zumacht, dann ist es immer noch ein Vollspaltenboden. Damit ist es dann schon wieder erlaubt – und es ändert sich nichts.“

Joey Q. erklärt der VOL.AT Redaktion wie die Böden aussehen dürfen. Links sieht man die geschlossene Variante, rechts ist noch jede Spalte offen. ©Strobel/VOL.AT

„Da bekomme ich Gänsehaut“ – Passantin reagiert emotional

Bereits kurz nach Beginn der Aktion bleibt eine Passantin stehen. Karin Kulec zeigt sich sichtlich betroffen: „Da bekomme ich Gänsehaut, wenn ich mir vorstelle, dass so ein armes Schwein ein Leben lang auf so Vollspaltböden leben muss.“ Für sie wirft das Thema einen größeren gesellschaftlichen Schatten: „So wie wir mit Tieren umgehen, wie wir mit kleinen Kindern umgehen, mit alten Menschen, mit Randgruppen – das ist ein Zeichen. Und wenn wir so zu unseren Tieren sind, dann rächt sich das irgendwann einmal.“

Karin Kulec reagiert ganz emotional auf die Aktion. Hier im Gespräch mit VOL.AT. ©Strobel/VOL.AT

(VOL.AT)

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