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Einbildung macht krank oder gesund

Unwirksames hat - mit der entsprechenden Anpreisung als Placebo verabreicht - oft erstaunliche Effekte auf Patienten.

Die subjektive Wirkung eines Scheinmedikamentes kann bei 30 bis 80 Prozent liegen, hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz (Bayer Vital) in Wien. Umgekehrt funktioniert das ebenfalls. Patienten, die eine bestimmte Nebenwirkung eines Arzneimittels erwarten, leiden später besonders häufig daran. Das ist dann ein „Nocebo“. Der „Nocebo“-Effekt wurde 1961 zum ersten Mal beschrieben. Mittlerweile gibt es dafür zahlreiche Beweise:

– In einer Studie atmeten Asthma-Patienten zerstäubte Salzlösung ein, völlig harmlos und eigentlich ohne Auswirkungen auf die Betroffenen. Erzählt wurde den Probanden allerdings, sie würden allergene Substanzen einatmen. 47,5 Prozent reagierten mit Veränderungen des Atemwegwiderstands und einer Verengung der Bronchien. Zwölf Teilnehmer erlitten gar einen Asthma-Anfall und konnten mit der gleichen Lösung später – unter den dazu geeigneten Versprechungen – gar kuriert werden.

– Wie aus einem Horrorfilm mutet ein Beispiel aus dem Massachusetts General Hospital (Boston/USA) an, das 1961 als erstes Beispiel für diese Erscheinungen dokumentiert wurde: Aus 600 Patienten, die sich einem operativen Eingriff unterziehen mussten und große Angst davor hatten, konnten die Forscher fünf Kranke ausfindig machen, die fest davon überzeugt waren, am Operationstisch zu sterben. „Diese Menschen ’wussten’, sie würden sterben“, heißt es in der Studie. Tatsächlich starben alle fünf Betroffenen während des Eingriffs.

– In einer anderen Studie wurde Probanden eine Zuckerlösung verabreicht. Erklärt wurde den Teilnehmern, sie würden ein Emetikum einnehmen, also eine Substanz, die zum Erbrechen führt. Prompt übergaben sich 80 Prozent der Probanden.

– Ähnliches lösen offenbar auch Zustimmungserklärungen zur Teilnahme an klinischen Studien aus. Während einer solchen Untersuchung berichteten Patienten, Aspirin einnahmen und über mögliche Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt aufgeklärt worden waren, dreimal häufiger über entsprechende Symptome als nicht informierte Teilnehmer. Die Studienabbruchrate war sogar sechsmal höher. Nicht bezweifelt wird damit aber, dass der Aspirin-Wirkstoff ASS – so wie andere Antirheumatika – natürlich durchaus in der Lage ist, Magen-Darm-Beschwerden zu erzeugen.

Uwe Gessner, von der Bayer Vital GmbH resümierte: „Eine negative pessimistische Grundhaltung des Patienten, schlechte Erfahrung mit vorhergehenden medikamentösen Behandlungen, negative Informationen, die der Patient vom Arzt, der Apotheke oder aus dem Internet erhält, können ebenso Nebenwirkungen hervorrufen wie psychologische Charakteristika, wie etwa Angst.“

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