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Ein Schuldspruch im Prozess um Multiversum Schwechat

Im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts fand am Freitag der Multiversum-Prozess statt. Auf dem Bild zu sehen: Der frühere Tischtennisweltmeister Werner Schlager vor Prozessbeginn.
Im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts fand am Freitag der Multiversum-Prozess statt. Auf dem Bild zu sehen: Der frühere Tischtennisweltmeister Werner Schlager vor Prozessbeginn. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Freitag endete der Prozess um den angeblichen Förderbetrug im Zusammenhang mit der Mehrzweckhalle Multiversum in Schwechat mit neun Freisprüchen und einem Schuldspruch.
Prozess im Zusammenhang mit Schwechater Multiversum

Nur der ehemalige Geschäftsführer von Multiversum, der damals auch zeitgleich stellvertretender Schwechater Stadtamtsdirektor war, wurde wegen rechtswidrigerweise vergebener Darlehen, wegen Untreue sowie wegen Urkundenfälschung zu 18 Monaten bedingter Haft schuldig gesprochen.

Nach ein Dutzend Verhandlungstagen dürfte die Causa zumindest vorläufig ein juristisches Ende erreicht haben. In dem Fall ermittelte nicht nur die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), sondern auch die Staatsanwaltschaft Korneuburg. Da es bei den Vorwürfen jedoch mehrere Überschneidungen gab, wurde das Verfahren zusammengelegt und der Prozess am Wiener Straflandesgericht durchgeführt. In dem Großverfahren mussten sich zunächst zwölf Personen wegen Verdachts auf Untreue und schweren Betrug verantworten, darunter der frühere Tischtennisweltmeister Werner Schlager und der ehemalige Schwechater Bürgermeister und Nationalratsabgeordnete Hannes Fazekas (SPÖ). Zwei Beschuldigte wurden im Laufe des Verfahrens aufgrund einer Corona-Erkrankung ausgeschieden.

Freisprüche in allen Punkten am Ende des Multiversum-Prozesses

Am Ende setzte es im angeklagten Förderbetrug in Millionenhöhe in allen Punkten Freisprüche. Das "umfangreiche Beweisverfahren" habe am Ende ein "recht eindeutiges Bild" gezeigt, sagte die Vorsitzende des Schöffensenats, Claudia Moravec-Loidolt. Ein "Täuschungsvorsatz und Betrugsvorsatz" habe nicht vorgelegen, sagte die Richterin in der einstündigen Urteilsbegründung. Lediglich der ehemalige Multiversum-Chef, der sich als einziger im Vorfeld teilweise schuldig bekannte, wurde verurteilt. Dabei ging es aber um Darlehen, die er als Geschäftsführer unberechtigterweise an Bekannte sowie an einen Fußballverein vergeben haben soll. Der Schaden belief sich hier auf rund eine Million Euro. Zudem soll er eine Urkunde mit der eingescannten Unterschrift Fazekas' versehen haben.

Der ehemalige Multiversum-Chef erbat sich ebenso drei Tage Bedenkzeit wie die Oberstaatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Mildernd wurden sein bisheriger ordentlicher Lebenswandel, sein Geständnis, die lange Verfahrensdauer sowie seine Schadenswiedergutmachung gewertet. Er hatte von dem Schaden in der Höhe von rund einer Million Euro das meiste zurückbezahlt. Er muss nun noch an die Multiversum Schwechat Betriebs GmbH 32.000 Euro zahlen. Sämtliche anderen Ansprüche von Multiversum, der Stadt Schwechat sowie des Landes Niederösterreich wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Ein Amtsverlust wurde ihm bedingt nachgesehen. Erschwerend waren das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen.

Ein Schuldspruch im Prozess um Multiversum Schwechat

"Unbestritten war, dass Multiversum ein großes Projekt" gewesen sei, in das viele "mit sehr viel Herzblut hineininvestiert haben" haben, sagte die Richterin. "Man wollte in der internationalen Welt des Tischtennissports mitmischen." Nachdem Werner Schlager im Jahr 2003 in Paris Weltmeister im Tischtennis-Einzel geworden war, sollte in Schwechat die Werner Schlager Academy als internationales Tischtennis- und Trainingszentrum aufgebaut werden. Angedacht war die Academy als Teil der Veranstaltungs- und Sporthalle Multiversum, wobei die Akademie mit zehn Prozent zur Auslastung beitragen sollte. 50 Prozent sollten allgemeine Sportveranstaltungen, 40 Prozent kulturelle Events beisteuern.

Im Februar 2008 erfolgte der Spatenstich für das Großprojekt, doch laut WKStA habe bereits wenige Monate nach der Eröffnung eine große Finanzierungslücke bestanden. Man habe sich "in weiten Teilen verkalkuliert", so die Richterin. Daher habe man um Mittel aus der Bundessportförderung für die Tischtennis- und Mehrzweckhalle angesucht. Der Verdacht der WKStA war, dass dabei gar keine "Förderfähigkeit" bestanden habe.

Tatsachenwidrige Angabe von 70-prozentiger Nutzung der Halle

Laut dem Vorwurf sollen der damalige Schwechater Bürgermeister Fazekas, sein stellvertretender Stadtamtsdirektor und ein weiterer Proponent der Gemeinde Schwechat im Zusammenhang mit dem Förderansuchen Werner Schlager und dessen früheren Geschäftspartner dazu gebracht haben, tatsachenwidrig die 70-prozentige Nutzung der Halle vorzugeben, wofür von der Sportsektion im Bundesministerium, später vom Ministerium für Sport Millionen begehrt und erschlichen wurden. Als Tatzeitraum sind die Jahre 2007 bis 2013 inkriminiert, neben den drei Gemeindevertretern, Schlager und seinem Ex-Partner mussten sich auch Mitarbeiter des Sportministeriums verantworten, die unter dem damaligen Minister Norbert Darabos (SPÖ) für die Vergabe beziehungsweise die Kontrolle der Bundessportförderung zuständig waren. Die Ermittlungen gegen Darabos wurden 2020 eingestellt.

Land gewährte Halle in Schwechat eine 2,8 Mio. Euro Subvention

Die Förderansuchen bezogen sich insgesamt auf 7,8 Mio. Euro. 2,9 Mio. Euro wurden tatsächlich ausbezahlt. "Aber das Beweisverfahren hat auf jeden Fall nicht ergeben, dass die Angeklagten im bewussten und gewollten Zusammenwirken" hier getäuscht und betrogen hätten, erklärte die Richterin. Die Anklage basierte auf der Aussage eines Beschuldigten, der davon sprach, dass alle von den wahrheitswidrigen Angaben wussten. Im Verfahren hatte er aber diese Behauptung zurückgezogen.

Multiversum 2020 von der Stadt Schwechat um 20 Mio. Euro verkauft

Das Multiversum wurde 2020 von der Stadt Schwechat um kolportierte 20 Mio. Euro an eine Immobilien-Investment-Gruppe verkauft. Über einen Pachtvertrag hat Schwechat Gemeindeangaben zufolge die Möglichkeit, mindestens zehn eigene oder gewünschte bzw. unterstütze Veranstaltungen abzuhalten.

(APA/Red)

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