Drogenkonsum in Österreich: Neue Rekordwerte

Auch in Wien wurde ein Anstieg des Kokainkonsums um fast 20 Prozent verzeichnet, während der Konsum von Methamphetamin, oft kurz „Meth“ genannt, einen Rückgang aufweist.

Die Untersuchungen des Abwassers in Wien fanden in der zentralen Kläranlage in Simmering statt, wo für das Jahr 2023 443 Milligramm Kokain erfasst wurden. Im Vergleich dazu lag der gemessene Wert im vorherigen Jahr bei 371 Milligramm, was einem Anstieg von 19,5 Prozent entspricht. Der Nachweis von Methamphetamin, auch unter dem Namen „Crystal Meth“ bekannt, zeigte eine deutliche Reduktion um mehr als 25 Prozent auf 21 Milligramm.

Konsumtrends bei anderen Drogen
Bei der Analyse weiterer illegaler Drogen in Wien zeigten sich zwischen 2022 und 2023 kaum Änderungen. Amphetamin, oft als „Speed“ bezeichnet, verzeichnete einen leichten Anstieg um 1,5 Prozent. Ähnlich gering fiel der Anstieg bei MDMA, bekannt als „Ecstasy“, aus, mit einem Plus von 2,6 Prozent. Der Nachweis von Cannabis hingegen ging um 3,6 Prozent zurück.

Gründe für Veränderungen im Drogenkonsum
Die signifikante Zunahme des Kokainkonsums in Wien und der gleichzeitige Rückgang bei „Crystal Meth“ lassen sich nach Ewald Lochner, dem Koordinator für Psychiatrie, Sucht und Drogenfragen der Stadt Wien, durch verschiedene Faktoren erklären. „Einerseits ist es sicher so, dass der Konsum von Kokain derzeit, wie insgesamt der Konsum von Stimulanzien, eher ansteigt. Das hat etwas mit dem multiplen krisenhaften Geschehen zu tun“, erklärte Lochner in einem Interview mit dem ORF.
Schwarzmarktpreise beeinflussen Drogenkonsum
Jedoch spielen auch die Schwarzmarktpreise für Kokain eine wesentliche Rolle: „Wenn der Preis ein relativ geringer ist, dann wird diese Substanz mehr konsumiert.“ Diese Dynamik beeinflusse auch die Verwendung anderer Drogen. Das bedeutet: "Wenn Kokain so billig ist, wird weniger Crystal Meth konsumiert. Das sind teilweise kommunizierende Gefäße", beschrieb Lochner.
Wiens Position im europäischen Vergleich
Der zuständige Wiener Koordinator für Psychiatrie, Sucht und Drogenfragen hob hervor, dass Wien im europäischen Vergleich, besonders im Vergleich zu anderen Metropolen, gut abschneidet. Der Grund dafür sei „eine funktionierende und sinnvolle und wirkungsvolle Sucht- und Drogenpolitik, die sehr konstant über Jahrzehnte gemacht worden ist", so Lochner. Wien bietet niedrigschwellige Dienste an, wie zum Beispiel den Spritzentausch, sowie zahlreiche Behandlungsoptionen. „Ein ganz wichtiger Punkt ist: In Wien sind Suchtkranke zu einem ganz, ganz hohen Prozentsatz, weit über 95 Prozent, wohnversorgt.“ Dies stelle einen markanten Unterschied zu anderen Großstädten dar.
Vergleich innerhalb Österreichs
In einem europaweiten Vergleich befindet sich Wien generell im Mittelbereich, teilweise sogar im oberen Segment. Zum Beispiel rangiert Wien beim Kokainkonsum auf Platz 29 unter 90 analysierten Städten. Ganz vorne liegt dabei Antwerpen in Belgien, das ebenfalls die Liste für MDMA anführt. In Bezug auf Methamphetamin führt Ostrava in Tschechien, bei Cannabis steht Rotterdam in den Niederlanden an erster Stelle, Gävle in Schweden ist bei Amphetaminen führend und Bristol im Vereinigten Königreich nimmt bei Ketaminen die Spitzenposition ein.
Trotzdem, selbst wenn Wien im Vergleich zu den führenden Städten deutlich geringere Konsumwerte aufweist, übertrifft die Stadt bei allen untersuchten Drogen den Median, besonders bei Kokain und Methamphetamin sind die Werte signifikant höher.
In der österreichweiten Überwachung führt Wien nun bei keiner der untersuchten Substanzen mehr. Dies liegt unter anderem daran, dass Graz mit einem deutlichen Anstieg bei Amphetaminen und MDMA die Hauptstadt überholt hat. Bei „Crystal Meth“ hat Wiener Neustadt Wien inzwischen überflügelt.
Spitzenreiter und Zuwächse in Österreich
Kufstein bleibt bei Kokain und Cannabis an der Spitze, eine Position, die die Stadt bereits 2022 innehatte. Die höchsten Anstiege in Österreich wurden in Kapfenberg bei Cannabis mit einem Zuwachs von 215 Prozent verzeichnet, gefolgt von Purgstall bei MDMA mit 124 Prozent und Wildon bei Amphetaminen mit 123 Prozent. Über alle Substanzen hinweg ist in Österreich eine Zunahme zu verzeichnen, mit Ausnahme von „Crystal Meth“.

Entwicklung der Abwasseranalysen
Abwasseranalysen erlangten vor allem während der Coronavirus-Pandemie große Bekanntheit. Die Untersuchung von Abwasser auf Drogenrückstände wird jedoch schon seit längerer Zeit praktiziert. Bereits seit 2011 wird eine europaweite Studie zu diesem Zweck durchgeführt, initiiert von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA).
Untersuchte Substanzen und Probenentnahme
Sechs verschiedene Drogenstoffe sind Gegenstand der Untersuchung: Kokain, Cannabis, Methamphetamin ( „Chrystal Meth“), Amphetamin („Speed“), MDMA („Ecstasy“) und Ketamin. Im Frühling 2023 wurden über den Zeitraum einer Woche hinweg Proben aus Kläranlagen in insgesamt 94 europäischen Städten entnommen. Seit dem vorherigen Jahr werden auch die Ergebnisse für Wien öffentlich zugänglich gemacht.
Konsumtrends im Wochenverlauf
Die wöchentlichen Messergebnisse bieten Einblicke, wann bestimmte Drogen verstärkt konsumiert werden. In Wien zeigt sich, dass Kokain und Ecstasy vor allem am Wochenende bevorzugt werden. Im Gegensatz dazu wird Cannabis und „Chrystal Meth“ über die gesamte Woche hinweg relativ gleichbleibend konsumiert.
(VOL.AT)