«Frisch gejodelt»
Jahrzehntelang steckte die Schweizer Volksmusik fest. Erst wurde sie in Kurhäusern zum Unterhaltungsländler reduziert, dann von der geistigen Landesverteidigung und den unseligen Reglementen des Jodlerverbandes betoniert. Im Verlauf der letzten zehn Jahren aber hat eine stetig wachsende Zahl junger Pop-Musikerinnen und -Musiker die Volksmusik wieder entdeckt. Zu dieser Entwicklung hat Dide Marfurts Doppelbock einen entscheidenden Beitrag geleistet, weil die Band in zwei Richtungen gleichzeitig funktioniert.
Zum einen legt Doppelbock beharrlich die verschütteten, keltischen Pfeiler unserer Volksmusik frei, was der Musik ihre historische Glaubwürdigkeit zurückgibt. Zum andern nähert sie den CH-Folk vorsichtig einer Moderne an, in der Rock- Rhythmen, Pop-Sensibilitäten und ehemals avantgardistische Dissonanzen selbstverständlicher Alltag sind. Für dieses Engagement zwischen Verankerung und Öffnung feiert die NZZ Doppelbock folgerichtig als «einen der wichtigsten Neuerer der Volksmusik» und bringt das Kunststück auf den Punkt: «Die Puristen konservieren sie mit Strenge, die Populisten verkitschen sie mit einem kommerziellen Mix aus Schlager und Pop. Dazwischen scheint es kaum etwas zu geben für Musiker, die die Tradition aus der Enge der Täler holen und mit einem Lebensgefühl von heute vitalisieren.» Doppelbock und seine beiden Gastsängerinnen Christine Lauterburg und Barbara Berger füllen genau diese Nische in einer Behutsamkeit, die der Musik entspricht.
Dabei ergänzt die Sängerin Christine Lauterburg mit ihrer Pop-Erfahrung auch die Band perfekt in der Liebe zum Althergebrachten, die nicht in Ehrfurcht erstarrt: Sie spricht dieselbe Sprache. Im Zentrum des neuen Programms steht der Naturjodel, oder eben der Jutz. Diese uralten, wortlosen Themen der Volksmusik faszinieren durch ihre Kraft und ihre schlichte Schönheit. Der Jutz weckt die archetypische Sehnsucht nach Stetigkeit, Verlangsamung, Ruhe und Rast in einer Zeit, die von der permanenten Erhöhung der Geschwindigkeit geprägt ist. Lauterburg und Berger schälen diesen so mächtigen wie magischen Kern des glasklaren Alpensouls heraus, in dem auch das berühmte Schweizer Heimweh wurzelt. Dabei bestechen vor allem Bergers stringent reduzierte Arrangements, die von Marfurts zeitgemässer Produktion unterstrichen werden.
Zusammen mit der Band Doppelbock und der Sängerin Christine Lauterburg entstehen aus Ur-Melodien neue Klanglandschaften und Soundgebilde. Frisch, frech, fröhlich und lustvoll – aber mit viel Respekt – entsteht zeitgemässe Volksmusik, die den üblichen Rahmen der Volksmusik sprengt und sich trotzdem der Tradition verpflichtet.
Doppelbock feiert heuer sein zwölfjähriges Bestehen. Ein zeitraum, während der die Band alte Chuereihen und Tanzmelodien neu entdeckte mit Urinstrumenten wie Schalmeien, Drehleier und Helvetischer Sackpfeife (Dudelsack, wie er hierzulande verwendet wurde), mit E-Bass, Djembe, Gajon und volksmusikalischen Evergreens wie dem Schwyzerörgeli und Kontrabass. Jetzt steht der Doppelbock als neue Rasse im Stall. Er ist die erfolgreiche Kreuzung aus liebevoller Pflege der Tradition mit der Moderne, genährt von einer Freude, die nicht sauglatt, aber ungekünstelt und wider den tierischen Ernst aufspielt.
Infos und Kartenvorverkauf: Gemeindehaus Nüziders, Tel. 05552 6224180
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