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"Don Giovanni" verführt im Hotel: Jubel im Theater an der Wien

Markus Butter als "Masetto" und Nina Bernsteiner als "Zerlina"
Markus Butter als "Masetto" und Nina Bernsteiner als "Zerlina" ©APA
Anna durfte gestern Abend zufrieden sein - Anna Netrebko mit ihrem Gefährten Erwin Schrott, der am Samstag im Theater an der Wien einen glänzenden Don Giovanni gab, und die Sängerin der Donna Anna, die polnische Sopranistin Aleksandra Kurzak (die ihrer russisch-österreichischen Kollegin ein wenig ähnlich sieht), mit ihrer Mitwirkung in dieser Wiederaufnahme einer Mozartjahr-Produktion.

Aber auch das Publikum war zufrieden, ja mehr als das: Es feierte die in zahlreichen Partien umbesetzte, abwechslungsreiche Inszenierung von Keith Warner wie eine echte Premiere. Und der Rummel der Fotografen um die Zuschauerin Anna Netrebko war kaum geringer als in Salzburg.

Riccardo Frizza war kurzfristig für den angekündigten, doch erkrankten Dirigenten Rinaldo Alessandrini eingesprungen. Frizza begann die Ouvertüre wie eine Dampfmaschine unter Hochdruck, gestikulierte und schnaubte, als wolle er die noch fehlende szenische Aktion in dem von Es Devlin als Schauplatz ersonnenen “Hotel Universale” ersetzen. Das war (glücklicher Weise) nicht durchzuhalten, kostete jedoch Kraft. Die Mitglieder des RSO Wien verloren unter dem ansonsten soliden Dirigat zunehmend den Schwung, nicht nur der Inszenierung, auch der Musik ging im zweiten Akt ein wenig die Luft aus, so dass man erst nach weit über drei Stunden ans Ende kam, deutlich langsamer als 2006 unter Bertrand de Billy.

Es ist ein unüblich komödiantischer “Don Giovanni”, den Keith Warner vor drei Jahren als Mischung aus Hotel-Klamotte und Musik-Drama ins Theater an der Wien gebracht hat, und er hat nichts von seiner Wirkung eingebüßt. Während an der Ausstattung nur das im Lift angebrachte Maskenball-Plakat verändert wurde – es lädt nun für den 27. Jänner 2009 ein, also statt zu Mozarts 250er zu seinem 253. Geburtstag -, bleibt in der Besetzung kaum etwas beim Alten. Nur das mit komischen wie gesanglichen Talenten gleichermaßen reich ausgestattete Duo Hanno Müller-Brachmann (Leporello) und Markus Butter (Masetto) sowie der Commendatore von Attila Jun machen erneut ihre Aufwartung.

Während sich Veronique Gens als Donna Elvira mit Hingabe den ihr reich bemessenen komischen Einlagen widmet und sängerisch unauffällig bleibt, liegen die Verhältnisse bei “Donna Anna” Aleksandra Kurzak genau umgekehrt: Stimmlich überzeugend, fühlt sie sich in der Nähe der Rampe und mit Blickkontakt zum Dirigenten eindeutig am wohlsten. In ihrer Arie, die dem Entsetzen über das Identifizieren von Don Giovanni als Mörder ihres Vaters dramatischen Ausdruck verleiht, passt dagegen alles. Der Schweizer Bernard Richter bleibt ein blasser Ottavio, entschädigt aber vollends mit seiner meisterlich gesungenen Liebes-Arie. Die Grazerin Nina Bernsteiner fügt sich mit viel Spaß und einigem Können in das Konzept, das ihre Zerlina als dralles, lebenslustiges Hotel-Stubenmädchen vorsieht.

Spaß scheint nahezu jeder der Mitwirkenden an diesem “Don Giovanni” zu haben, der die tragischen Anteile von Musik und Handlung erst zur Höllenfahrt ernst nimmt, den Hauptspaß hat aber eindeutig die Titelfigur. Erwin Schrott ist ein idealer Don Giovanni, ein selbstverliebter Schönling mit beachtlichen Muskeln und ebensolchem Charme-Potenzial, der die Frauen nur als Spiegel seiner eigenen Eitelkeit wahrnimmt und benutzt. Dass er über einen mächtigen, wohlklingenden Bassbariton und beträchtliche Spiellaune verfügt, trug ihm zu Recht den stärksten Jubel des ohnedies euphorisierten Publikums ein. Die paar Buhs, die sich in den Beifall für den Regisseur mischten, waren deutlich weniger nachvollziehbar.

“Don Giovanni” von Wolfgang Amadeus Mozart, Theater an der Wien.
RSO Wien, Musikalische Leitung: Riccardo Frizza, Inszenierung: Keith Warner, Ausstattung: Es Devlin.
Mit Erwin Schrott (Don Giovanni), Aleksandra Kurzak (Donna Anna), Bernard Richter (Don Ottavio), Attila Jun (Commendatore), Veronique Gens (Donna Elvira), Hanno Müller-Brachmann (Leporello), Markus Butter (Masetto), Nina Bernsteiner (Zerlina).
Weitere Aufführungen: 4., 6., 8., 11. und 14. August, Beginn jeweils 19.00 Uhr. http://www.theater-wien.at

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