„Was nicht von alleine überlebt, ist nichts für mich.“ Nicht die ideale Überzeugung für eine Hobby-Gärtnerin, die mit ihrer Ernte ihre ganze Familie versorgen will. Und doch hat Ineke Knill früher genau so gedacht. „Wenn ich heute daran zurückdenke, muss ich lachen“, erzählt die gebürtige Kielerin, die heute mit ihrem Mann und den zwei Söhnen in Dornbirn lebt. Dass sie einmal ein autarkes, solarbetriebenes Balkon-Pflanzensystem entwickeln, herstellen und vertreiben würde, hätte sie sich noch bis vor wenigen Jahren nicht gedacht.
Ziel: Welt verbessern
Bis sie Mutter wurde, um genau zu sein. „Nachhaltigkeit wurde mir noch wichtiger. Ich wollte meinen Kindern keine Erde hinterlassen, die wir etwa durch Importe von Obst und Gemüse vom anderen Ende der Welt kaputtgemacht hatten. Ich wollte selbst mit ihnen etwas ernten. Ich wünschte mir, dass sie die Natur und ihre Kreisläufe von klein auf kennenlernen und wertschätzen.“ Also machte sie sich an die Begrünung ihres Balkons – mit mäßigem Erfolg: „Die üblichen Balkonkästen waren viel zu klein, um eine gute und ausreichende Ernte zu erzielen. Außerdem rann beim Gießen oft etwas daneben oder über die Kästen hinaus, was die Nachbarin unter mir natürlich nicht gerade freute.“

Eine solarbetriebene Pumpe leitet das Wasser über Schläuche zurück ins Beet.
Fotos, Video: W&W/Förtsch
Doch Ineke wäre ja nicht Entwicklungsingenieurin, wenn sie nicht selbst eine Lösung ertüfteln würde. Sie experimentiert mit verschiedenen Rahmen, Formen, Beeten, Pumpen, Schläuchen, Solarzellen, Pflanzen – bis sie schließlich die perfekte Lösung hat: Ein Tiny-Garden-Beet mit einer Fläche von einem Quadratmeter und einem so ausgeklügelten Pflanz-Plan, dass sich bis zu 15 Kilogramm saisonales Gemüse pro Jahr ernten lassen.

Der Clou: Das Gießwasser fließt durch die Erde in einen darunter befindlichen Tank und wird von dort über Schläuche wieder nach oben gepumpt – solarbetrieben, also immer dann, wenn die Sonne scheint und die Pflanzen Wasser brauchen. „Durch diesen Kreislauf werden die beim Gießen ausgeschwemmten Nährstoffe wieder zurückgeführt und man muss nicht düngen“, erklärt Ineke stolz. „Und das Beet kann bis zu drei Wochen alleine überleben – perfekt, wenn man im Urlaub ist!“
Erst stellte sie das Tiny-Garden-Beet nur für sich selbst her. „Doch meine Freunde waren begeistert und wollten eigene. Und da dachte ich mir: Wieso mache ich daraus nicht eine Geschäftsidee?“

So grün wie nur möglich
Produziert werden die Kästen teils von der Lebenshilfe am
Sunnahof, teils in Karlsruhe. Die (auch einzeln verkauften) Begrünungs-Sets werden von dem drei-Frauen-Team in Dornbirn selbst von Hand gepackt. Und bis auf die Kunststoff-Tüten, die als eine Art Mini-Gewächshaus fungieren, ist alles plastikfrei. Sogar der Leim für die Boxen ist ökologisch, die Pflanzschilder biologisch abbaubar.

Das Geschäft in der Dornbirner Klostergasse ist nicht nur Showroom, sondern auch Werkstatt, Experimentierlabor, Kreativ-Studio, hin und wieder auch Treffpunkt für den Verein „Essbare Stadt Dornbirn“, der im Kulturhauspark öffentlich Beete für alle pflegt – und mit den Tiny-Garden-Beeten vor der Tür natürlich auch Ernte-Punkt.

An ihre allererste Ernte erinnert sich Ineke noch gut: „Über meine ersten Gurken habe ich mich wahnsinnig gefreut und ich konnte gar nicht glauben, wie einfach das war.“ Diese Freude will sie mit „grovvy“ nun weitergeben und Gärtnern nachhaltig machen. „Wir wollen Teil der Lösung sein – nicht des Problems.“
(WANN & WO)