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Vorarlberg Tourismus-Chef Christian Schützinger im WANN & WO-Sonntags-Talk.
Vorarlberg Tourismus-Chef Christian Schützinger im WANN & WO-Sonntags-Talk. ©Sams

"Die Vorarlberger sind sehr offen"

Vorarlberg Tourismus-­Geschäftsführer ­Christian Schützinger spricht im WANN & WO-Sonntags-Talk über die Vorarlberger Lebensart, wieviel Tourismus das Ländle aushält und wie wichtig die Gastfreundschaft im Land ist.

Von: Harald Küng (WANN & WO)

WANN & WO: Herr Schützinger: Ein Salzburger als Chef von Vorarlberg Tourismus. Wie hat sich denn das ergeben?

Christian Schützinger: Diese Frage hat sich die ganze Branche österreichweit gestellt. Ich war im Salzburger Land als Tourismusdirektor in einer Gemeinde tätig und habe mich dort intensiv mit der regionalen Zusammenarbeit von Tourismusorganisationen mehrerer Orte beschäftigt. Das war Anfang der 1990er Jahre, einer Zeit, in der der Sommertourismus gerade eine schwierige Phase erlebt hat. In dieser Zeit war die Frage nach dem Bündeln von Kräften eine ganz zentrale. In Vorarlberg diskutierte man neben der Regionalisierung auch bereits die Gründung von Destinationen. Für die Destination Rheintal, Bodensee, Alpenrhein wurde ein Geschäftsführer gesucht. Ich habe mich beworben und bin dann im Herbst 1998 hierher gekommen.

WANN & WO: Haben Sie das Ländle damals bereits gekannt? Waren Sie selbst als Tourist hier?

Christian Schützinger: Meine Frau stammt von hier, sie ist eine Dornbirnerin. Wir haben uns in Kärnten kennengelernt und im Salzburgerischen gelebt. Es war auch eigentlich gar nicht unser Plan, nach Vorarlberg zu kommen. Aber die verwandtschaftlichen Verhältnisse ermöglichten mir damals schon einen schnelleren Einstieg, um Land und Leute kennenzulernen. Und es war dann auch ein bisschen die Legitimation für mich, mich in Vorarlberg zu engagieren zu einzubringen.

WANN & WO: Haben Sie sich in Vorarlberg gleich wohlgefühlt?

Christian Schützinger: Ja, durchaus. Ich habe selbst erfahren, dass die Vorarlberger Leuten von außerhalb sehr offen eingestellt sind. Den Vorarlbergern wird immer wieder nachsagt, dass es länger dauert, bis sie mit einem warm werden. Ich habe das aber überhaupt nicht so empfunden. Im Gegenteil: Gerade in der Arbeitswelt war eine enorme Offenheit und Bereitschaft da, mich anzunehmen und zu akzeptieren. Es war wirklich eine sehr positive Erfahrung.

WANN & WO: Ein geflügeltes Wort lautet, der Vorarlberger lebt dort, wo andere Urlaub machen. Leben Sie das selbst auch so?

Christian Schützinger: Ich komme ursprünglich aus dem Bergland und bin auch ein leiderschaftlicher Bergmensch. Somit war das Gebirge für mich schon immer ein wichtiger Freizeit- und Erholungsraum. Wir verbringen unseren Urlaub – sowohl im Sommer als auch im Winter – sehr gerne hier im Land. Wir leben in Bregenz, ein toller Ausgangspunkt, um Ausflüge zu machen. Der Bodenseeraum ist im Sommer ein Traum. Und im Winter bin ich gern auf den Skiern unterwegs. Wir schauen schon auch, dass wir als Familie einmal im Jahr ans Meer kommen, oder eine Stadt besuchen. Das finde ich persönlich auch sehr wichtig. Reisen dient dazu, die Welt zu entdecken. Das sollen auch meine Kinder so mitbekommen.

WANN & WO: Wieviel Tourismus verträgt die Vorarlberger Naturvielfalt?

Christian Schützinger: Das ist eine gute Frage, mit Sicherheit nicht unbegrenzt. An manchen Sommertagen gibt es sehr viel einheimischen Tagesverkehr und viele Urlaubsgäste. Da bekommt man durchaus auch mal den Eindruck, nicht mehr alleine in den Bergen unterwegs zu sein. Auch unsere Anbieter spüren, dass man das behutsam angehen muss und nicht grenzenlos Kapazitäten erweitern kann. Das ist allerdings eine Diskussion, die relativ neu ist für die Touristiker. Wir haben die letzten 20 Jahre geübt, trainiert und uns fortgebildet – immer unter dem Aspekt, neue Nachfrage zu erzeugen. Nun muss der Schalter aber wieder etwas umgelegt werden: Gut, die Nachfragesituation hat sich sehr positiv entwickelt, lasst uns aber bitte nachdenken, wie wir diese Qualitäten halten können. Wir wollen eigentlich in der Wertschöpfung besser werden und nicht unbedingt in der Anzahl der Besucher weiter in die Höhe treiben. Das ist nicht unsere Prämisse.

WANN & WO: Vor wenigen Wochen kam es in Lech zu einer Lawinentragödie mit vier Toten. Was halten Sie von strengeren Strafen, um solche Dinge zu vermeiden?

Christian Schützinger: Ich habe den Eindruck, dass wir mit Strafen nicht wirklich weit kommen. In Vorarlberg geht man den Weg der Information und Aufkärung, es wird an die Vernunft der Menschen appelliert. Ich bin auch dafür, dass wie diesen Weg weiter fortzusetzen. Und wenn wir bei den Lawinenwarnungen sind: Diese wurden in weiten Teilen des Landes ja auch respektiert und eingehalten.

WANN & WO: Wo geht die Reise hin? Vorarlberg hat die Tourismusstrategie 2020 vorgestellt. Wo befindet man sich auf einem guten Weg, wo gibt es noch Probleme?

Christian Schützinger: Ich glaube fest daran, dass das Vorarlberger Erfolgsrezept von seiner landschaftlichen Attraktivität, aber in erster Linie vor allem von seinen Gastgebern abhängt. Es muss uns gelingen, dass die großteils von Familien geführten Unternehmen auch weiterhin Lust haben, in der Branche zu arbeiten – vor allem aber die nächste Generation.

WANN & WO: Das dürfte nicht immer ganz einfach sein?

Christian Schützinger: Das stimmt. Das hat allerdings auch mit den gegebenen Rahmenbedingungen zu tun. Gastfreundschaft bedeutet gleichzeitig Begegnung und ist eine große Säule der Strategie. Unsere Gastgeberfamilien schaffen es hervorragend, auf unsere Gäste einzugehen. Wir haben 60 bis 70 Prozent Stammgäste, das ist österreichweiter Spitzenwert. Das funktioniert hier besonders gut und darf uns nicht verloren gehen. Das ist bislang einerseits eine unserer großen Stärken, andererseits liegt hier auch die größte Sensibilität, was die Zukunft betrifft.

WANN & WO: Der Tourismus leidet ja wie viele andere Branchen unter starkem Fachkräftemangel.

Christian Schützinger: Das ist richtig. Und die beste und schönste Hotelimmobilie hat nur wenig Nutzen, wenn die Gastgeberfamilien nicht mehr da sind. Darauf zu achten, wird die große Herausforderung sein. Es kann durchaus einmal die eine oder andere schwierige Situation geben, aber im Großen und Ganzen blicke ich optimistisch in die Zunkft. Dem alpinen Raum werden für die nächsten Jahre nicht unbedingt die besten Chancen eingeräumt. Die Konzentration liegt auf urbanen Räumen, vieles wandert ab, die Talschaften werden entsiedelt. Die Tourismuswirtschaft ist ein gutes Instrument, um die Vitalität im ländlichen Raum zu erhalten. Auch wenn die Prognosen dagegen sprechen. Aber das sehe ich als Chance, das Gegenteil zu beweisen.

WORDRAP

Vorarlberg: Vielfalt ist Reichtum. Tourismus: Zukunftsbranche. Kultur: Macht den Unterschied. Gastfreundschaft: Eine hohe Kunst. Familie: Macht lebendig.

Zur Person

Name: Christian Schützinger, 54 Jahre Wohnort: Bregenz Familienstand: Verheiratet, zwei Kinder Ausbildung und Funktion: Studium Sport- und Kommunikationswissenschaft, Geschäftsführer Vorarlberg Tourismus

(WANN & WO)

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