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Die Toten aus Mexiko kommen

Nach mexikanischer Tradition werden am "Día de los Muertos" die Verstorbenen und das Leben gefeiert
Nach mexikanischer Tradition werden am "Día de los Muertos" die Verstorbenen und das Leben gefeiert ©Wann & Wo
Jugendseelsorger Fabian Jochum hat aus Südamerika die „Día de los Muertos“-Tradition mitgebracht. Und erklärt den Unterschied zum hiesigen Allerseelen.
Trauer braucht Raum

Nein, Fabian Jochum ist nicht mitten in seinem Grusel-Makeup die Schminke ausgegangen. Dass der Feldkircher Jugend- und Jungscharseelsorger nur eine Hälfte seines Gesichts im typischen „Día de los Muertos“-Look angemalt und die andere Hälfte blank gelassen hat, hat – natürlich – einen tieferen bzw. höheren Sinn: „Die geschminkte Totenkopf-Hälfte symbolisiert den Tod, die blanke Hälfte das Leben“, erklärt Fabian im Gespräch mit WANN & WO, „und genau das ist der Grundgedanke des ‚Día de los Muertos‘: das Zusammenspiel von Leben und Tod.“ Und wenn jemand das wissen und sich mit der mexikanischen Version unserer Allerheiligen- und Allerseelenfeier auskennt, dann Fabian. Schließlich hat er eine Weile in Mexiko gelebt.

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Ohne Tod keine Lebensfreude

Fabian Jochum - Foto: Wann & Wo

„Das Totengedenken wird dort ganz anders gefeiert, als hierzulande“, berichtet Fabian. So wird dort zum einen tagelang gefeiert und in Paraden durch die Straßen gezogen. Zum anderen zeigen sich die Unterschiede allein schon in der Deko: In Mexiko werden dafür die Altare über und über mit Blumen, Kürbissen, Lampions und Süßigkeiten geschmückt. Letztere sind besonders wichtig, weil die mexikanischen Katholiken in Essen die Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten sehen. „Aus diesem Gedanken heraus sind auch schon vor Tausenden von Jahren die Grabbeigaben entstanden“, klärt der Jugendseelsorger auf. Aber nicht nur das Offensichtliche unterscheidet sich, sondern allem voran auch das Unsichtbare:

„In der mexikanisch-katholischen Tradition wird der Tod als Teil des Lebens begriffen – ohne den es auch keine Freude am Leben geben würde.“ So, wie man eben ohne Regen auch den Sonnenschein nicht zu schätzen wüsste. „Ich stelle mir abends die Frage, ob es für mich okay wäre, in dieser Nacht zu sterben. Ob mein Leben insgesamt gut gewesen wäre, wenn das mein letzter Tag wäre. Und mein Ziel ist es, diese Frage mit Ja zu beantworten“, sagt Fabian. „Das klingt vielleicht im ersten Moment morbide. Aber man muss es so sehen: Die beste Art, mit dem Tod umzugehen, ist ein gutes Leben zu führen.“

Genau diese Denkweise ist es, die die Junge Kirche Vorarlberg mit ihrem „Día de los Muertos“ dem Ländle näherbringen will. „Wir wollen erreichen, dass das steife Thema Tod etwas aufgebrochen wird.“ Und eben nicht nur eine schwarz-weiße, sondern auch eine lebendige Seite erhält – so wie Fabians Makeup.

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