Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und FPÖ-Chef Herbert Kickl können sich zurücklehnen und genussvoll zuschauen, wie Pamela Rendi-Wagner um den SPÖ-Vorsitz kämpft bzw. kämpfen muss: Es schwächt die Sozialdemokratie insgesamt und zumal weder Grüne noch Neos groß davon profitieren, kann das den beiden nur nützen.
Besonders in Zeiten wie diesen: Sehr viele Menschen wissen aufgrund der Teuerung nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Nicht wenige sehnen sich nach all den Korruptionsaffären im Übrigen nach einer neuen, einer sauberen Politik. Für die SPÖ wäre das aufgelegt. Von der Papierform her könnte sie nur gewinnen.
Doch was ist schon die Papierform. Entscheidend ist, was geliefert wird: Seit über drei Jahren gibt es in der Partei Zweifel an den Fähigkeiten von Pamela Rendi-Wagner. Und ebenfalls seit über drei Jahren versteht sie es nicht, diesen Zweifeln wirkungsvoll entgegenzutreten.
Es macht die Sache nicht besser, dass sie auch ein Opfer feiger Männer ist: Nachdem Ex-Parteichef Christian Kern im Herbst 2018 zurückgetreten war, wollte niemand übernehmen. Zumal damals eine längere Sebastian-Kurz-Ära erwartet worden war, war man froh, dass sie bereit dazu war. In weiterer Folge ließ man sie, die wenig Ahnung von Politik hatte, nicht nur hängen, sondern teilte ihr gerne auch öffentlich mit, dass sie unfähig sei. Vor allem der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil tat sich diesbezüglich – mit anderen Worten, aber doch - hervor.
Jetzt ist Feuer am Dach: Rendi-Wagner behauptet, dass gute Umfragewerte vor einem Jahr beweisen würden, dass sie es kann. In Wirklichkeit waren sie jedoch darauf zurückzuführen, dass die ÖVP nach dem Sebastian Kurz-Abgang im freien Fall war und die FPÖ mit Herbert Kickl noch nicht Fuß gefasst hatte.
Die SPÖ fährt immer schlechtere Wahlergebnisse ein. Auf einen winzigen Zugewinn in Tirol folgten ein Verlust in Niederösterreich und ein Absturz in Kärnten. Kein Wunder: Mehr denn je würden die Menschen volle Konzentration auf die Bewältigung all der Krisen erwarten, die ihnen zu schaffen machen; insbesondere die Teuerung. Eine Partei, die sich unter diesen Umständen mit sich selbst beschäftigt, löst umso mehr Unverständnis, ja Wut aus; sie ist eine Zumutung.
Besserung ist keine in Sicht: Michael Ludwig, der mächtigste Genosse, greift nicht entschieden ein. Rendi-Wagner stürzt sich so offen wie nie in ein Duell mit Doskozil. Dabei werden beide eher nur verlieren. Genauso wie die Partei, der eine Spaltung droht.
Natürlich: Die SPÖ-Vorsitzende kann einem leidtun. Das aber ist keine Kategorie: Am Ende des Tages zählt für die Partei einzig und allein, dass sie Politik machen und bei Wahlen gewinnen kann. Das scheint unter Führung von Rendi-Wagner nicht mehr möglich zu sein. Doskozil ist gegen sie, unter anderem der Salzburger Landeschef David Egger steht ihr distanziert gegenüber. Kaum jemand traut ihr noch das Kanzleramt zu.
Johanne Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik