WANN & WO: Die Smile-Akademie gibt es seit über zehn Jahren. Was hat dich zur Gründung inspiriert?
Elisabeth Geier: Ich habe Psychologie studiert, aber auch das Lehramt hätte mich interessiert. Neben dem Studium habe ich schon viel Nachhilfe gegeben. Die Resonanz war wirklich gut und so habe ich mich für die Selbständigkeit entschieden. Ich wollte nichts mit „Schule“ im Firmennamen, weil das irgendwie negativ behaftet ist. Dann bin ich meine Liederliste durchgegangen, auf das Lied „Smile“ von Michael Jackson gestoßen und habe mir gedacht, das passt doch sehr gut, denn Lernen soll Freude machen.
WANN & WO: Hast du direkt nach der Uni gegründet?
Elisabeth Geier: Eigentlich schon währenddessen, still und heimlich, nicht einmal meine Eltern wussten es von Anfang an. Ich hatte fast Angst, dass man mir den Vogel zeigt, wenn ich mich mit 24 Jahren selbständig mache.
WANN & WO: Warum steigt der Bedarf an Nachhilfe?
Elisabeth Geier: Zu meiner Schulzeit waren es ganz wenige, jetzt hat man das Gefühl, jeder Zweite braucht Nachhilfe. Das sind aber oft Schüler, die nicht wirklich schlecht sind, sondern sie sind schon gut und möchten noch besser werden. Für viele ist man eine Bezugsperson, wobei es nicht nur ums Lernen geht. Mein Psychologie-Hintergrund hilft mir da sehr. Generell fehlt es an Menschlichkeit. Wenn jemand nicht gut in der Schule ist, hat das selten mit Faulheit oder mangelnder Intelligenz zu tun. Das sind soziale Hintergründe, Scheidungen, andere Krisen oder auch, dass das Interesse komplett in eine andere Richtung geht. Unser System gibt vor, dass jeder in allem gut sein sollte. Die Kinder werden da hineingepresst. Jemand, der genial programmieren kann, muss nicht perfekt Französisch können! Darum finde ich es falsch, einem Mittelschüler, der in Geografie und Geschichte Schwierigkeiten hat, zu sagen, dass er keine Chance hat, erfolgreich zu werden. Hier geht viel Energie und Potenzial verloren.

Der Song „Smile“ von Michael Jackson hat Elisabeth zum Namen für ihr Unternehmen inspiriert und ziert auch die Wand bei „Smile Music“.
WANN & WO: Müsste sich an den Lehrplänen etwas ändern?
Elisabeth Geier: Man müsste vielleicht jeweilige Interessen und Stärken mehr fördern anstatt sich vorrangig auf Defizite zu konzentrieren und auf diesen „herumzuhacken“. Dennoch ist es natürlich wichtig, dass jeder über ein gewissen Allgemeinwissen verfügt.
WANN & WO: Hast du Tipps für Jugendliche oder auch für Eltern, die ihre Kinder unterstützen möchten?
Elisabeth Geier: Bevor der Hut brennt und man ganz verzweifelt, sollte man sich Hilfe suchen. Viele Eltern rufen mich in Tränen aufgelöst an und ich merke oft, dass ihnen eine große Last von den Schultern fällt, wenn ich sage, dass wir da schon einen Weg finden. Man sollte nicht zu lange warten, denn das ist sonst eine langfristige Belastung, die sich negativ auf die Leistung und die Gesundheit auswirkt. Viele lassen das Fußballtraining oder Musikunterricht weg, um sich auf Mathe zu konzentrieren. Das halte ich für den falschen Ansatz. Außerschulische Aktivitäten sind wichtig als Ausgleich zu den klassischen Lernfächern. Kindern und Jugendlichen diesen Ausgleich zu nehmen in der Hoffnung, dass sie in der Schule besser werden, ist definitiv nicht zielführend.
WANN & WO: Was ist Smile Music?
Elisabeth Geier: Das ist eine kleine private Musikschule, die wir im Dezember eröffnet haben. Dort kann auch Musikunterricht je nach Bedarf gebucht werden.
WANN & WO: Wie reagieren Lehrer auf dich?
Elisabeth Geier: Als Nachhilfelehrer bekommt man oft vermittelt, man sei ein Lehrer zweiter Klasse. Das Image der Nachhilfe leidet sehr, denn wir sind „Abzocker“, die mit Bildung Geld verdienen. Ich glaube, das hat auch mit verletztem Stolz zu tun. Auf einem Elternabend habe ich einen Direktor von einem Gymnasium getroffen und beiläufig gesagt, dass wir viele seiner Schüler in der Smile Akademie haben. Er war sehr gekränkt und hat gesagt: „An unserer Schule braucht niemand Nachhilfe!“ Es ist einfach negativ behaftet, weil es in den Medien meistens nur darum geht, wieviel Geld die Eltern dafür ausgeben. Es sind nicht die bösen Nachhilfelehrer, die Schüler abzocken, sondern wir fangen Vieles auf, das das Schulsystem verbockt.
WANN & WO: Wie sind deine Ziele in den nächsten Jahren?
Elisabeth Geier: Mittlerweile haben wir vier Niederlassungen und Smile Music in Vorarlberg. Den Verein Smile Family möchten wir weiter entwickeln und auch noch mehr Sponsoren ins Boot holen. Man redet immer von Chancengleichheit und Gleichberechtigung in der Bildung. Das haben wir absolut nicht, es ist sehr wohl eine Frage des Geldes. Wir möchten mit diesen Sponsoren sozial schwächere Familien unterstützen.
WANN & WO: Warum gibt es einen Lehrermangel?
Elisabeth Geier: Es war bestimmt ein Fehler, das Studium zu verlängern. Das schreckt ab und man hat auch das Gefühl, es wird künstlich in die Länge gezogen mit Inhalten, die kein Lehrer im Schulalltag braucht. Jetzt wird ohnehin wieder zurückgerudert. Mir wurde es zu Schulzeiten von Lehrern ausgeredet, Lehrerin zu werden. „Da gibt es ja viel zu viele“, hat es damals geheißen.
WANN & WO: Ist die junge Generation lustlos und faul?
Elisabeth Geier: Überhaupt nicht! Die meisten Jugendlichen, mit denen ich zu tun habe, interessieren sich für sehr vieles. Wer sich auf Augenhöhe mit ihnen unterhält, bemerkt oft, was hinter einer vermeintlichen Lustlosigkeit steckt. Heute hinterfragen Jugendliche oft den Sinn dahinter, warum sie manche Dinge lernen müssen. Wenn ich nicht weiß, was mir das in Zukunft bringen soll, ist das sehr demotivierend. Oft treffe ich auf sehr kreative junge Menschen, deren Potenzial einfach in Bereichen liegt, die schulisch nicht sehr relevant sind. Da sind unter anderem herausragende Musiker oder Kinderbuchautoren dabei.
WANN & WO: Sollte man die Semesterferien zum Lernen nutzen?
Elisabeth Geier: Im Maturajahr ist das vielleicht sinnvoll, aber allgemein würde ich sagen, dass lernfreie Phasen zur Erholung sehr wichtig sind.
Zur Person: Elisabeth Geier
- Alter, Wohnort: 35, Feldkirch
- Ausbildung: Studium Psychologie
- Beruf: Gründerin und Inhaberin Smile Akademie, Kinder- und Jugendmentaltrainerin, Pädagogin
- Familie: Partner, zwei Katzen (Minzi und Billy)
- Hobbys: Klavierspielen, Tanzen, Skifahren
(WANN & WO)