Aspernbrückengasse. 1938 in der Leopoldstadt: Viele Wiener müssen aus ihrer Heimatstadt flüchten, um der Schreckensherrschaft des -Nazi- Regimes zu entkommen. Auch Carl -Djerassi, der bis zu seinem 16.
Lebensjahr in der -Aspernbrückengasse 5 gelebt hat, muss als Sohn eines jüdischen Ärzte-Ehepaares die Stadt verlassen. Heute befindet sich an dieser Adresse seit etwa zehn Jahren der -UNIQA-Tower.
Über Bulgarien, dem Heimatland seiner Vaters, gelingt seiner Familie die Emigration in die USA. Im Alter von 22 Jahren promovierte er an der Universität Wisconsin und widmete sich anschließend der Erforschung von Steroid-Hormonen. Am 15. Oktober 1951 gelang – Djerassi die künstliche Herstellung des Sexualhormons Gestagen – ab den 60er Jahren revolutionierte er damit die Empfängnis-Verhütung.
Eine Pille für Frauen”, wie -Djerassi zusammenfassend betont und damit auch die Bezeichnung Anti-Baby-Pille strikt ablehnt, denn die Selbstbestimmung, wann Frauen Kinder bekommen möchten, ist ihm ein wichtiges Anliegen. Heute ist die Pille das am häufigsten verwendete Verhüttungsmittel in den westlichen und östlichen Industrie- Nationen – diesen großen Erfolg haben weder -der Chemiker noch seine Kollegen am Beginn der Forschungen erwartet.
Im Rahmen eines Interviews gab Djerassi an, dass die Erfindung der Pille nicht seine bedeutendste wissenschaftliche Leistung war – auch das Implementieren neuer physikalischer Methoden hätte insgesamt einen großen Effekt auf die organische Chemie gehabt. Für seine Leistungen wurden ihm zahlreiche internationale Auszeichungen und Ehrendoktorate verliehen.
Obwohl er in englischer Sprache schreibt und träumt, hat er seine europäischen Wurzeln nicht vergessen: Er selbst bezeichnet sich bis 1938 als Wiener und in der Zeit zwischen 1940 bis 1990 als Wiener Amerikaner. Im Gespräch mit der bz verrät er, dass er künftig mehr Zeit in Wien verbringen möchte und derzeit auf Wohnungssuche ist, um das Leben in Wien selbst neu kennenzulernen. Seit den 80er Jahren schreibt Djerassi Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke im Genre Science in Fiction”, das er selbst begründet hat. Außerdem besitzt er eine umfangreiche Sammlung mit Werken des Malers und Grafikers Paul Klee.
Foto und Text: bz/Umgeher