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Die Pandemie ist vorbei

©REUTERS/Leonhard Foeger
GASTKOMMENTAR VON JOHANNES HUBER. Sofern keine bedrohliche Variante mehr aufkommt, ist das Schlimmste überstanden. Allerdings: Eine Rückkehr zur „Normalität“ gibt es nicht.

Zum dritten Mal seit dem Sommer hat sich in den vergangenen Wochen eine Coronawelle aufgebaut, zum dritten Mal überhaupt ist es zu keinen zusätzlichen Beschränkungen gekommen. Im Gegenteil, die Zeichen stehen auf Entspannung. Kaum noch jemand hat ein Problem damit, in dicht gedrängten Räumen mit anderen zusammen zu sein, zu tanzen, zu singen oder einfach zu feiern.

Die Pandemie ist vorbei. Beim Infektionsgeschehen, das seit Monaten durchgehend festgestellt wird, wäre man 2020, aber auch 2021, in einen Lockdown geschritten. Ziemlich genau vor einem Jahr sah sich der blasse Übergangskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) im Verband mit den Landeshauptleuten sogar gezwungen, eine Impfpflicht zu verkünden. Das wiederum führte zu heftigen Protesten und einem weiteren Wahlerfolg der impfgegnerischen Partei MFG. Ausgerechnet in Waidhofen an der Ybbs, dem Heimatort von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), holte sie 17 Prozent. Heute gibt es weder die Impfpflicht (sie wurde abgeschafft) noch eine Perspektive für diese Partei. Intern ist sie zerstritten und bei der Bundespräsidenten-Wahl musste sich ihr Chef, Michael Brunner, mit 2,1 Prozent begnügen. In Wien kam er nicht einmal über 1,7 Prozent hinaus.

Corona ist als Thema nicht nur durch die Teuerung sowie den Ukraine-Krieg und allem, was damit einhergeht, verdrängt worden. Das Virus hat auch selbst an Schrecken verloren. Viele Menschen sind geschützt, immer mehr Infektionen verlaufen, sofern sie überhaupt noch wahrgenommen werden, glimpflich.

Man sollte sich jedoch hüten, von einer Rückkehr zur „Normalität“ zu sprechen. Erstens ist eine solche aufgrund der vielen übrigen Krisen illusorisch. Zweitens ist das Virus noch immer da. Und drittens ist es nach wie vor hochansteckend.

Für Leute, die im Saft stehen, also kraftvoll und gesund sind, mag das kein Problem sein. Für Ältere oder ganz grundsätzlich Menschen, die geschwächt sind, bleibt es jedoch gefährlich. So, wie ihnen schon bisher die Grippe zusetzen konnte, so kann es nun außerdem Corona tun.

Es gibt zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Man kann ihnen sagen, sie sollen gerade in den Wintermonaten zu Hause bleiben und jegliche Gesellschaft meiden. Das wäre jedoch unzumutbar, würde zu Depressionen und sonstigem Leid führen. Oder man geht den Wiener Weg, trägt zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maske und schützt diese Menschen damit. Das erleichtert ihnen den Zugang zu einem besseren Alltag und ist für alle zumutbar.

Vielleicht wäre das überhaupt zumindest ein Lerneffekt aus der Coronapandemie: Dass man nicht nur auf sich selbst schaut, sondern auch auf andere. Dass man auch bei Erkältungen achtsamer wird und sich vermehrt darum bemüht, niemanden anzustecken. In asiatischen Ländern, wie Japan, ist das längst üblich. Dort ist man vielleicht auch daher alles in allem besser durch die Pandemie gekommen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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