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Die Mühle und das Kreuz

Pieter Bruegels vor Menschen wuselnde Bildwelt erwacht auf der Kinoleinwand zum Leben: Der polnische Filmemacher Lech Majewski erarbeitete über drei Jahre hinweg sein Epos "Die Mühle und das Kreuz" als cinematisches Pendant zur flämischen Malerei.

Bruegels großformatiges Ölgemälde “Die Kreuztragung Christi” aus 1564 wird vor den Augen des Kinogehers zum visuellen und poetischen Ausgangspunkt einer bildgewaltigen Reflexion über die Abbildung als solches, die Kunst und den Menschen. Ab Freitag (2. März) im Kino.Wien. Majewski verdichtet die rund 500 Figuren des im Wiener Kunsthistorischen Museum (KHM) hängenden Altmeisters für sein eigenes Werk zu einem Dutzend Porträts, die Pars pro Toto für die Gesellschaft der unter spanischer Herrschaft geknechteten Niederlande zu Mitte des 16. Jahrhunderts stehen – getreu dem Bruegel’schen Vorbild, welcher den Kreuzweg Christi ins Flandern seiner Zeit verlegte.

Für die Zentralfiguren des Malers konnte Majewski den niederländischen Kinostar Rutger Hauer gewinnen, dessen Mäzen und Freund Nicolaes Jonghelinck spielt Michael York. Im weiteren Verlauf gibt als dritte im Bunde der renommierten Akteure Charlotte Rampling die im Schmerz verhärmte Pieta. Die übrigen Protagonisten scheinen dem Gemälde selbst entsprungen zu sein: Kinder, Müller, Bettler und Handwerker tummeln sich auf der Leinwand.

“Die Mühle und das Kreuz” arbeitet auf vielschichtiger Ebene mit der bildnerischen Vorlage, wenn Bruegel beim Gang durch die Farbwelten seiner Gemäldelandschaft verschiedene Bereiche mit Fackeln ausleuchtet, während andere Sequenzen die Vorgeschichte zum vor erstarrter Bewegung strotzenden Monumentalgemälde schildern. So spielen zahlreiche Szenen des beginnenden Tages im Inneren von Häusern, die so evident im Stile der Barockmalerei ausgeleuchtet sind, dass Peter Greenaway seine helle Freude haben dürfte. Die durchs Fenster blinzelnde Landschaft ist dem Bruegel-Bild entnommen.

Dabei fallen in der ersten halben Stunde nur zwei Sätze, ohne, dass die Stille aufgesetzt wirkte. Im Gegenzug ist der Ton streckenweise völlig überzogen, bewusst die Ruhe des Gemäldes konterkarierend. Anders als bei Robin Williams’ Verbindung von Malerei und Film in “Hinter dem Horizont” erschöpft sich “Die Mühle und das Kreuz” nicht im manierierten visuellen Spiel, sondern fügt sich zum vielgestaltigen Sinn-Bild des Leben, zum Kinoessay auf höchstem Niveau, bei welchem dem Betrachter ähnlich vieles offen bleibt wie beim statischen Pendant im Wiener KHM.

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