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Die "Kunst der Arbeit" und die "Arbeit des Künstlers" im Spannungsfeld verschiedener gesellschaftspolitischer Phänomene

Einladungsbild
Einladungsbild ©kunst.projekte
Werkbeispiele zum Ausstellungsprojekt ARBEIT[S]LEBEN - otta.kring

ARBEIT[S]LEBEN – otta.kring
Ein Ausstellungsprojekt zum 17. September 1911 – Anarchie der Vorstadt
IRENE DLABAJA – werk.serien
WALTER CSUVALA – spirit.schuhmeier
Eröffnung: Samstag, 17. September 2011, 19 Uhr
Cafe Club International C.I. Payergasse 14, 1160 Wien
“Anarchisches Liedgut” – getextet & gesungen von PAUL AUER
Ausstellungsende: Dienstag, 11. Oktober 2011 19 Uhr
Zur Anarchie in Neulerchenfeld – DR. WOLFGANG MADERTHANER, Historiker
www.galeriestudio38.at/ARBEITSLEBEN

Werke von Irene Dlabaja und Walter Csuvala sind erstmals in einer gemeinsamen Ausstellung zu sehen, die am 17. September 2011 im Club International C.I zum Gedenken an die Teuerungsunruhen in Wien-Ottakring vor 100 Jahren eröffnet wird. Der Literat Paul Auer wird bei der Eröffnung der Ausstellung einige seiner selbst getexteten Protestlieder singen. Zur Finissage beleuchtet Dr. Wolfgang Maderthaner (Historiker und Mitautor von “Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900”) die historischen Hintergründe.

Ausgangsbasis ist ein von kunst.projekte initiiertes Ausstellungkonzept “Kunst ist Arbeit – Arbeit ist Kunst”, das als “work in progress” zu verstehen ist. Arbeit und Kunst galten ursprünglich einmal als identische Konzepte und wurden im Zuge der Industrialisierung zu antagonistischen Systemen. In den seit 2009 bisher gezeigten Positionen stand sowohl das Phänomen “Arbeit” im Mittelpunkt als auch die “Arbeit” des jeweiligen Kunstschaffenden, die notwendigen Arbeitsschritte, der schöpferische Prozess von der kreativen Idee im Kopf – oftmals dem Prinzip “Chaos und Ordnung” folgend – bis hin zur manuellen, “handwerklichen” Umsetzung in unterschiedlichen Ausdrucksformen.

Bei der aktuellen Ausstellung von Irene Dlabaja und Walter Csuvala wird im losen Kontext das historische Ereignis vor 100 Jahren aus künstlerischer Perspektive thematisiert und zur Gegenwart in Beziehung gesetzt. Ökonomische Krisen, hohe Lebensmittelpreise und prekäre Arbeitsverhältnisse sind – wenn auch in anderer Form und bei stark gestiegenem Wohlstand – nach wie vor Realität.

Die Teuerungsunruhen vom 17. September 1911 führten in Ottakring für kurze Zeit zu Anarchie und Chaos. Schlechte Ernten und hohe Weltmarktpreise hatten zu enormen Preissteigerungen für Brot und andere Nahrungsmittel geführt. Im Spätsommer 1911 kam auch der Wohnungsmarkt vor allem in den Wiener Außenbezirken zum Erliegen. Eine zunächst friedliche Massenkundgebung auf der Wiener Ringstraße, bei der die sozialdemokratischen Arbeiterführer Franz Schuhmeier und Albert Sever zur Menge sprachen, hatte gewalttätige Ausschreitungen zur Folge, als die Polizei die Demonstration auflösen wollte. Die Menge wurde von der Burggasse und die Lerchenfelder Straße weiter in die Thaliastraße gedrängt. In Neulerchenfeld entwickelten sich an diesem “Blutsonntag” regelrechte Straßenschlachten: Schulen wurden verwüstet und das anrückende Militär von den Fenstern aus mit allen möglichen Gegenständen beworfen. Es gab viele Verletzte. Vier junge Arbeiter starben, ein Demonstrant nahm sich in der Untersuchungshaft das Leben.

Der Tag der Anarchie blieb in Ottakring ein einmaliges Ereignis.
Vom Zentrum der Arbeiterbewegung Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der 16. Bezirk im Laufe der Jahre zu einem beliebten Wohnort. Migration, Multikulturalität, eine überaus vielfältige und lebendige Kultur- und Kunstszene und eine zunehmende Gentrifizierung rund um den Brunnenmarkt bestimmen das gegenwärtige Bild des 16. Bezirks im zweiten Jahrtausend.

Irene Dlabaja richtet den Fokus ihrer neuen “werk.serien” schwerpunktmäßig auf Arbeit und Alltag. Sie bearbeitet diesen Topos von der Mikro- bis hin zur Makroebene und setzt ihn in verschiedene Kontexte. Neben Themen wie Wasser, Stadt- und Naturlandschaften, die sie sonst wählt, rückt sie in den aktuellen Bildern jene Aspekte und Akteurinnen und Akteure in den Vordergrund, die sonst eher verdeckt bleiben – wie beispielsweise Arbeiter auf dem Kran, Straßenkehrer oder die Kassiererin im Supermarkt… Dabei gestaltet sie klare Flächen und Linien mit Eitempera-Farben in einem schlichten, präzisen Stil, der das Wesentliche hervorhebt. Die Liebe zum Detail mit kleineren Ausschnitten und interessanten Perspektiven ist ein spezifisches Merkmal ihrer Malerei.

Walter Csuvala richtet mit “spirit.schuhmeier” den Blick auf das Denkmal Franz Schuhmeiers auf dem Ottakringer Friedhof, der, so sein Statement “mit einer offenen Geste dasteht als wollte er alle einladen, die Schrift zu lesen, die er in der rechten Hand hält. Ein Impuls, einfach zum Nachdenken als Inspiration von Krisenzeit zu Krisenzeit.”

Csuvala zeigt Computerdrucke von digital verfremdeten Fotos, die mit malerischen und zeichnerischen Mitteln manuell nachbearbeitet sind. Die Hand ist ein oft verwendetes Thema. Dass die “Hand-Arbeit” der Menschen, die sie verrichten, nach wie vor zu wenig Wertschätzung erfährt, ist an den Löhnen leicht abzulesen.

Die Ergebnisse von Arbeit, die unbeachtet bleibt und dennoch unser tägliches Leben ermöglicht, wie zum Beispiel Kanaldeckel, Stromleitungen, Hydranten und andere Diener des Alltags, hat Csuvala ebenfalls zu seinen Bildsujets gemacht. Es sind Dinge, die unspektakulär in einer Art Selbstverständlichkeit verborgen werden und die in verdichteter Weise mit menschlicher Kopf- und Handarbeit aufgeladen sind.
Walter Csuvala, der in Ottakring lebt und arbeitet, hat sich bereits 2010 (“gesicherte momentaufnahmen im wandel”, Kulturhauptstadt Ruhrgebiet und [Arbeiter]Bezirk Ottarking – ein Dialog, zusammen mit Beate Krempe) in seiner Serie “sichtwexl” mit Arbeit, Leben und Wohnen in seinem Heimatbezirk assoziativ auseinandergesetzt.

Paul Auer beschäftigt sich in seinen Texten vor allem mit der Frage, was das Phantastische, Visionäre und Traumhafte den gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Realitäten entgegen setzen kann.
Wolfgang Maderthaner leitet als österreichischer Historiker seit 1983 den Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung (VGA) in Wien. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem Urban Studies, insbesondere die Wiener Stadtgeschichte, Urbane Anthropologie sowie historische Kulturwissenschaften. Das Buch “Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900” (Frankfurt/Main 2000, gemeinsam mit Lutz Musner) beleuchtet die Ursachen der Teuerungsunruhen vom 17. September 1911.
PRESSEKONTAKT:
Ursula Pfeiffer verein::kunst.projekte:: der [galerie]studio38 zvr 123612155
0680/128 2380 office@galeriestudio38.at www.galeriestudio38.at

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