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Die Karriere des Hermann Maier im Rückblick

Hermann Maier auf der Streif 2008
Hermann Maier auf der Streif 2008 ©APA (Archiv)
Vom Maurer zum Sport-Superstar - Jahrhundertsturz, Unfall und Traum-Comebacks inklusive...Die Karriere von Ski-Star Hermann Maier im Rückblick:

Im Winter 1995/96 gewinnt der gelernte Maurer und Skilehrer Hermann Maier ein Europacuprennen ums andere. Der junge und kaderlose Salzburger, der seinerzeit wegen Wachstumsschwächen aus dem ÖSV ausgemustert worden war und auf Eigenregie trainierte, darf deshalb beim Heim-Weltcup in Flachau den Vorläufer spielen und im Februar 2006 erstmals in Hinterstoder an einem Weltcup-Riesentorlauf teilnehmen. Maier fährt als 26. auf Anhieb in die Punkteränge. Als Europacup-Gesamtsieger sichert sich Maier das Weltcup-Startrecht für den Folgewinter.

“Seid ihr sicher dass ihr mich meint und nicht den Mayer?” So kommentiert der bereits fast 24-jährige Spät- und Senkrechtstarter Maier im Frühwinter 1996/97 erste Medienanfragen. Keine Verwechslungsgefahr besteht spätestens seit dem 23. Februar 1997, als Maier – zwei Tage nach Platz zwei ebendort – in Garmisch den Super-G und damit sein erstes Weltcuprennen gewinnt. Und das im erst dritten Weltcup-Super-G und mit Armschiene nach einem Abfahrtssturz.

Im November 1997 gewinnt Maier in Park City/USA (Riesentorlauf) sein zweites Weltcuprennen und gleich darauf und kurz vor seinem 25. Geburtstag auch in Beaver Creek den Super-G sowie kurz vor Jahreswechsel auch die schwere Abfahrt in Bormio (200. Sieg für ÖSV-Herren). Mittendrin erfolgt der erste “Maier-Skandal”. Weil der Salzburger bei seinem Riesentorlauf-Sieg in Val d’Isere die Ski schon vor der “roten Linie” abgeschnallt hatte, wird er disqualifiziert. Maier selbst rechnet sich diesen “Sieg” heute noch an. In der Folge gewinnt Maier zum teil mit Rekord-Vorsprüngen ein Rennen ums andere und steht als zehnfacher Saisonsieger schon vor Olympia in Nagano praktisch erstmals als Weltcup-Gesamtsieger fest.

Am 13. Februar 1998, es ist ein Freitag, will Maier das Unmögliche möglich machen und produziert in der Olympia-Abfahrt von Nagano statt einer Goldfahrt den “Sturz des Jahrhunderts”, bei dem ihm alle Schutzengel beistehen und dessen Bilder um die Welt gehen. Trotz schmerzhafter Verletzungen und dank einiger wetterbedingter Verschiebungen holt Maier drei Tage danach Gold im Super-G und später auch noch im Riesentorlauf. Der Mythos vom “Außerirdischen”, vom “Herminator”, wird in diesen Tagen gegründet. 28 Jahre nach Karl Schranz holt Maier die große Herren-Kristallkugel wieder nach Österreich, stellt einen Preisgeld-Rekord auf und wird zum Liebling der Werbebranche, was ihn sogar bis nach Hollywood bringt. Das Märchen vom “Maurer als Millionär” geht um die Welt. Maier wird erstmals Sportler des Jahres, mehrere Maier-Bücher erscheinen.

Die Versuche, das “Phänomen Maier” zu ergründen, verweisen auch auf das neuartige Konditionstraining des “Kraftlackels” im Olympiazentrum Obertauern unter Heini Bergmüller. Die Leistungsdiagnosen werden vom nicht unumstrittenen ehemaligen DDR-Arzt Bernd Pansold durchgeführt. Prompt kommen Dopingvorwürfe aus dem Ausland auf.

Maier beginnt die Saison 1998/99 in ähnlich dominierendem Stil, führt u.a. den einzigartigen Neunfacherfolg der ÖSV-Herren am Patscherkofel an. Eine nächtliche Dezember-Eskapade inklusive Auto-Beschädigung in Aspen sorgt aber für reichlich Unruhe, als Maier im Februar darauf zur WM nach Vail/USA kommt. Maier gewinnt trotzdem mit zum Teil spektakulären Husarenritten Super-G und Abfahrt und macht in der Folge die “Raubvogelpiste” in Beaver Creek zu seinem “Wohnzimmer”

Im Winter 1999/2000 bezeichnet sich Maier mittlerweile selbst als “unschlagbar, wenn ich gut drauf bin”. Am Ende gewinnt der Salzburger nach erneut zehn Saisonsiegen und mit der Rekordmarke von 2.000 Zählern zum zweiten Mal die Gesamt- sowie Abfahrts- und Super-G-Wertung. Typisch Maier: Seine allzu intensive Siegesfeier beim Finale in Bormio regt sogar die FIS zu Untersuchungen an.

2000/01 stellt Maier mit 13 Saisonsiegen den Stenmark-Rekord ein. Er gewinnt zum dritten Mal die große Kristallkugel und hält zu Saisonende bei bereits 41 Weltcupsiegen. Nur die Heim-WM in St. Anton gelingt mit Silber (Abfahrt) und Bronze (Super-G) nicht nach Wunsch. Dass Maier im Dezember ausgerechnet wieder in Val d’Isere mit einer vorzeitigen Disqualifikation, Geldstrafe und (später zurückgenommener) Renn-Sperre erneut für einen Eklat sorgt, kann Maier verschmerzen.

Am Zenit seines Schaffens schlagen am 24. August 2001 Meldungen von einem schweren Motorrad-Unfall wie ein Blitz ein. Maier erleidet einen offenen Unterschenkelbruch im rechten Bein, sogar Amputationsgefahr und ein Karriere-Ende droht. Wie weiland Tennis-Ass Thomas Muster beginnt Maier aber noch im Krankenbett mit dem Krafttraining, muss aber in der Folge immer wieder Rückschläge hinnehmen. Maier wird zwar wieder zum Sportler des Jahres gewählt, ein Start bei Olympia 2002 in Salt Lake City ist aber unmöglich.

Erst rund 16 Monaten nach seinem Unfall und nach exakt 675 Tagen Rennpause kehrt Maier am 14. Jänner 2003 beim Riesentorlauf in Adelboden in den Weltcup zurück. Vier Tage später wird er in der Wengen-Abfahrt bereits wieder Siebenter und 13 Tage später feiert er im Super-G von Kitzbühel seinen sensationellen Comeback-Sieg. Bei der WM 2003 in St. Moritz gewinnt der Flachauer Silber im Super-G, beendet aber noch in der Schweiz die Saison vorzeitig, lässt sich neuerlich operieren und engagiert sich in der Salzburger Olympia-Bewerbung.

Im Dezember 2003 gewinnt Maier in Beaver Creek einen Tag vor seinem 31. Geburtstag erstmals seit dem Unfall wieder eine Abfahrt. Ihm genügen fünf Saisonsiege, um sich zum vierten Mal die Weltcup-Gesamtwertung zu sichern.

In der Folge muss Maier aber einen “Genesungs-Stopp” hinnehmen, die Bein- und Knieprobleme nehmen zu. Erst am 24. Jänner 2005 gelingt – erneut in Kitzbühel – mit dem Triumph im Super-G der erneute Comeback-Sieg. Seine Ausnahmestellung unterstreicht Maier aber, als er bei der WM in Bormio sensationell und erstmals Weltmeister im Riesentorlauf wird. Im März 2005 feiert Maier in Kvitfjell im Super-G seinen 50. Weltcupsieg.

Die Saison 2005/06 beginnt Maier mit einem Sensationssieg im Sölden-Riesentorlauf, im Jänner 2006 gewinnt er erneut den Super-G in Kitzbühel und die Abfahrt in Garmisch. Bei Olympia 2006 in Turin holt sich der mittlerweile an Asthma leidende Salzburger Silber im Super-G und Bronze im Riesentorlauf.

In der Saison 2006/07 bleibt Maier erstmals im Weltcup sieglos und kehrt auch erstmals überhaupt von Welt-Titelkämpfen medaillenlos nach Hause. Erste Rücktrittsvermutungen um den 34-Jährigen kommen auf, aber der Ski-Star wechselt nach einer praktisch “lebenslangen” Karriere auf Atomic erstmals die Skimarke und versucht, mit einem Wechsel zu Head frische Motivation zu gewinnen.

In der Saison 2007/08 schränkt Maier seine Riesentorlauf-Einsätze immer mehr ein und konzentriert sich zunehmend auf die Speed-Disziplinen. Er bleibt zwar im Weltcup erneut sieglos, hängt aber eine weitere Saison an. Eine gute Entscheidung. Maier fährt trotz akuter Rückenprobleme zu den Weltcuprennen nach Kanada. Am 30. November 2008 gelingt dem bald 36-Jährigen im Super-G von Lake Louise nach 34-monatiger Erfolglosigkeit doch noch der 54. Weltcup-Sieg. Bei der WM 2009 in Val d’Isere geht Maier leer aus, unmittelbar nach dem Weltcupfinale im März wird Maier neuerlich am Knie operiert.

Maier lässt alle Trainingskurse vor dem Olympia-Winter 2009/10 sausen und steigt erst im Oktober erstmals auf Ski. Zwar ist der Salzburger “begeistert” und meldet keine Probleme, dennoch gibt er wenige Tage später überraschend seinen Rücktritt bekannt. Österreich verliert damit wenige Wochen nach der schwangeren Renate Götschl auch bei den Herren eine Sport-Ikone. Zusammen haben es die beiden Skistars auf 100 Weltcupsiege gebracht.

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