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Die Grünen haben sich abgemeldet

Die Wiener Sozialdemokraten bilden seit geraumer Zeit eine Alleinregierung. Ihr Partner ist nicht mehr vorhanden.
Die Wiener Sozialdemokraten bilden seit geraumer Zeit eine Alleinregierung. Ihr Partner ist nicht mehr vorhanden. ©APA/Hans Klaus Techt
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Wiener Sozialdemokraten bilden seit geraumer Zeit eine Alleinregierung. Ihr Partner ist nicht mehr vorhanden.

Wäre da nicht der leidenschaftlich kämpfende Werner Kogler an der Bundesparteispitze, man würde gar nicht merken, dass es bei den Grünen ums Überleben geht. Ganz besonders in Wien haben sie sich ein Jahr vor der Gemeinderatswahl so sehr abgemeldet, dass sie als Regierungspartner der Sozialdemokraten kaum noch auffallen; ja, dass die Sozialdemokraten seit geraumer Zeit de facto sogar allein agieren können.

Ob unter diesen Umständen eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition über 2020 hinaus zustande kommen kann, ist fraglich. Die SPÖ schafft allein eher keine absolute Mehrheit und die Grünen bringen sich gerade um ihr Wählerpotenzial. Ihr Problem ist, dass sie es jedenfalls sehr schwer haben werden: Seit der Nationalratswahl stehen sie im Out. Im Gemeinderatswahlkampf wird es nicht einfach für sie, neben Roten und Blauen überhaupt in Erscheinung zu treten, weil sehr vieles auf eine Richtungsentscheidung hinweist: Weiterhin SPÖ-Stadtchef Michael Ludwig oder erstmals – mit türkiser Unterstützung – ein freiheitlicher Bürgermeister?

In Anbetracht dieser Ausgangslage kann man sich nur darüber wundern, dass die Grünen gerade einen verlängerten Winterschlaf hinlegen. Gemeinderätin Birgit Hebein hatte nach ihrer Kür zur Spitzenkandidatin angekündigt, dass sie linke Politik machen werde. Gemerkt hat man bisher nichts davon. Das hat viele Gründe: Wo es Hebein am ehesten liegen würde, bei der Kürzung der Mindestsicherung nämlich, bildet Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) die oppositionelle Speerspitze gegen die Bundesregierung; daneben geht nicht nur Hebein, sondern sogar die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner unter.

Im Übrigen ist da nicht viel: Die Grünen haben sich selbst auch dadurch geschwächt, dass sie die Ablöse ihrer Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou so lange dahinziehen. Bis Juni ist Vassilakou noch nicht weg. Was wiederum bedeutet, dass Hebein in all den Monaten noch nicht ganz da sein kann, um sich zu profilieren.

Sofern ihr das überhaupt liegt: An der Seite von Bürgermeister Ludwig hat sie diese Woche die neuen Wien-Logos präsentiert. Die Stadt hat sich diese 595.000 Euro kosten lassen. „Absurd“ sei das, gibt sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) empört. Er weiß, dass solche Dinge bei den Leuten gar nicht gut ankommen. Doch Hebein hat sich dafür auch noch einspannen lassen. Ein Eigentor.

Zumindest ebenso schlimm für sie ist, dass die SPÖ die Stadtpolitik in den vergangenen Wochen im Alleingang neu ausgerichtet hat. Stichwort Wien-Bonus: Damit geht eine Bevorzugung von Personen einher, die schon länger hier leben, und damit wiederum eine Benachteiligung von Zuwanderern aus dem In- und Ausland. Das mag eine Mehrheit unterstützen. Sympathisanten der Grünen werden das jedoch kaum tun. Sie werden diese Absage an eine offene Stadt vielmehr ablehnen. Doch was sollen sie tun? Hebein und Co. haben nichts dagegen ausgerichtet.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

(Red)

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