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Die Füße in die Hand genommen

Altach (VN) - Ingeborg Fleisch hält der Brustkrebs-Erkrankung ihre Freude am Laufen entgegen.

Schon zwei Mal musste sich Ingeborg Fleisch von Ärzten sagen lassen, dass sie an Brustkrebs leidet. Doch die vierfache Mutter aus Alt­ach ließ sich davon nicht unterkriegen. Sie ist dem Krebs davongelaufen. Nachdem sie die erste Diagnose verdaut hatte, lief Ingeborg Fleisch. Fünf Jahre lang. Jeden Tag eine Stunde. Heute geht sie diesbezüglich weniger streng mit sich um. Das Laufen ersparte ihr auch nicht Amputation und Chemotherapie. Aber es verschaffte ihr Zeit für sich. Zeit, die sich die Hausfrau vorher nie genommen hatte.

Positive Effekte

Ingeborg Fleisch bringt zum Fototermin die Nordic-Walking-Stöcke mit. Zügig marschiert sie durch die aufblühende Idylle am Alten Rhein in Hohenems. Das Nordic Walking hat sie erst vor Kurzem angefangen. Denn bislang war unklar, ob die Muskelarbeit der Arme nicht zu Lymphödemen führen könnte. Doch nun bestätigte eine deutsche Studie den positiven Effekt des Nordic Walking für Brustkrebs – operierte Frauen. Beflügelt von solchen Meldungen will sich Ingeborg Fleisch heuer am Bodensee-Frauenlauf beteiligen, wo zugunsten der Pink- Ribbon-Aktion der Krebshilfe Vorarlberg gelaufen wird. „Mit Rennen habe ich jedoch nichts am Hut“, sagt sie lachend. Sie nehme es da gemütlicher.

Hilfe angenommen

Erstmals trat der Brustkrebs bei Ingeborg Fleisch 1999 auf. Das älteste Kind war gerade einmal zehn, das jüngste erst zwei Jahre. „Ich meinte, mir würde der Boden unter den Füßen weggezogen“, erzählt die sympathische Frau. Stundenlang habe sie geweint. Dann nahm sie ihr Leben wieder in dieHand. Und dieFüße dazu. Abends zog sie die Laufschuhe an und ging los. Begleitet von ihrer Nachbarin. Eine Stunde. Weniger durfte es nicht sein. Eine Freundin brachte derweil die Kinder ins Bett. Jeden Tag. Fünf Jahre lang. Die Mutter konnte sich darauf verlassen. Und das sei gut gewesen.

Man brauche in einer solchen Situation viel Zeit, um zu sich selbst zu kommen. Unterstützung bekam sie auch von ihrem Mann, der den Haushalt erledigte. Gegenüber den Kindern spielte die Mutter mit offenen Karten. Sie machte nie ein Geheimnis um ihre Krankheit. „Ich habe mir vor der Chemotherapie sogar den Kopf rasiert.“ Auf diese Weise lernte die Familie einigermaßen normal mit dem Krebs umzugehen. Auch, als die Krankheit 2008 neuerlich ausbrach. „Zuerst konnte ich es nicht glauben“, erinnert sich Ingeborg Fleisch zurück. Weil sie ihr Leben umgestellt und auf sich geachtet hatte. Etwas, das früher zu kurz gekommen war. Aber sie nahm den Kampf wieder auf.

Angst ist immer da

Diesmal mit weniger Angst. „Ein entsprechendes Maß an Wissen hilft“, stellte sie fest. Nach der ersten Diagnose hatte sich Fleisch der Frauenselbsthilfe nach Krebs angeschlossen und viele Vorträge besucht. Noch heute begleitet sie eine Gruppe in Götzis. „Das gab und gibt mir Kraft.“ Ingeborg Fleisch kennt inzwischen viele Betroffene, die ebenfalls laufen. „Es ist auch gut für das seelische Gleichgewicht“, meint sie. Außerdem mildere die Weite der Natur die Angst. Die, das gibt sie zu, immer ein bisschen im Hinterkopf sitzt. Dass sie nicht mehr so leistungsfähig ist wie früher, hat die drahtige 47-Jährige akzeptiert. Doch wie sie immer noch regelmäßig läuft, bewältigt Ingeborg Fleisch ihr Leben jetzt eben auch Schritt für Schritt. Und strahlt dabei.

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