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„Die eigene Begeisterung nach außen tragen“

Babette Karner, Pressesprecherin der Bregenzer Festspiele, im Talk über ihren Werdegang, das Spiel auf dem See und wer Bond nach Bregenz brachte.

WANN & WO: Warum hast du dich entschieden, im Bereich Kommunikation zu arbeiten?

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Babette Karner: Mit acht Jahren musste ich meinen ersten Schulaufsatz schreiben. Ich erinnere mich noch genau, dass ich beim Schreiben in eine gewisse Trance verfallen bin. Das war anders als alles, was ich bisher gemacht hatte und ich habe schon in diesem Alter gedacht, das möchte ich für den Rest meines Lebens machen. Vor der Journalistenschule in St. Gallen war ich noch ein Jahr lang als Austauschülerin in Brasilien, wo ich meine zweite Leidenschaft entdeckt habe: Sprachen lernen. Brasilien ist meine zweite Heimat, und ich verbringe dort so viel Zeit wie möglich.

WANN & WO: Wie bist du dann im Kulturbereich gelandet?

Babette Karner: Ich wollte immer Journalistin werden, aber mein Papa hat gesagt, das sei nichts für Mädchen. Ich habe dann trotzdem im Gymnasium die Schülerzeitung gemacht, mit Christian Ortner, der später VN-Chefredakteur wurde. Im Winter ’92 bin ich auf ein Jobinserat gestoßen, in dem nach PR-Praktikanten für die Festspiele gesucht wurde. Ich war gerade in der Journalistenschule und schaffte, dass das Praktikum dort anerkannt wurde. So bin ich ohne besondere Vorkenntnisse in der Kommunikation der Bregenzer Festspiele gelandet und das hat mir sehr gut gefallen. Auf diesem Weg bin ich im Bereich Kultur/PR hängen geblieben, ohne je den Plan zu haben, das zu machen.

WANN & WO: Wie war es in London?

Babette Karner: Das war von 1998 bis 2002, zu der Zeit, als die österreichische Politik international für Diskussionen gesorgt hat. Das war als Österreicherin nicht so einfach, weil alle unsere Bekannten sehr besorgt waren, was das für Europa bedeutet. Da habe ich zum ersten Mal mitbekommen, wie stark sich die außenpolitische Wahrnehmung davon unterscheidet, wie die Menschen in einem Land wirklich sind.

WANN & WO: Wie sind die Menschen in London?

Babette Karner: Ich mag die Briten, vor allem ihren Humor. Am meisten fasziniert hat mich die Vielfalt, die interkulturelle Durchmischung. Bei den zwei Internet-Start-Ups, für die ich tätig war, habe ich mit Menschen aus Indien, Pakistan, Italien, Rumänien oder Frankreich zusammengearbeitet. In meiner Straße war das Irish Pub neben dem pakistanischen Lebensmittelgeschäft, der jüdischen Bagel-Bakery und einem afrikanischen Geschäft. Das habe ich an London geliebt.

WANN & WO: Fehlt dir das im Ländle?

Babette Karner: 1990, als ich 18 war, habe ich gesagt, ich gehe weg und ich komme nie mehr wieder, weil ich hier keine Möglichkeiten habe. In den vergangenen 30 Jahren hat sich Vorarlberg aber sehr verändert. Außerdem habe ich bei den Festspielen genau diese Internationalität, die ich so mag. Meine Kollegen kommen im Sommer aus den USA, Südafrika, Serbien, Griechenland etc. Der Opernbetrieb ist wahrscheinlich der internationalste Kulturbetrieb überhaupt. Darum ist das für mich der perfekte Arbeitsort. Ich wollte nie in diese Richtung gehen, aber PR für große Kulturunternehmen zu machen, vereint alles, was mir Freude macht, an einem Ort.

WANN & WO: Warum bist du nach deiner Rückkehr nicht hier geblieben?

Babette Karner: 2012/13 hatte ich das Gefühl, ich muss doch noch einmal was anderes machen, andere Kulturen kennenlernen. Nachdem ich zwei Jahre lang in Stuttgart an der Staatsoper im Marketing und Sponsoring gearbeitet hatte, wollte ich wieder ganz etwas anderes machen, habe mich als Texterin selbständig gemacht und bin wieder nach Vorarlberg zurückgekehrt. Per Zufall bin ich dann als Kommunikationsleiterin im Schloss Werdenberg bei Buchs gelandet. Das war ein Mini-Betrieb, was mir nach acht Jahren doch wieder zu wenig war. Dann hat sich das mit den Festspielen ideal ergeben.

Babette Karner kann sich noch gut an die Anfrage des Executive Producers der Bond-Filme erinnern.

WANN & WO: Wie funktioniert Kommunikation im Kulturbereich?

Babette Karner: Du musst es immer schaffen, die eigene Begeisterung nach außen zu tragen und darfst sie dir nicht nehmen lassen, wenn die Leute sich mal nicht davon anstecken lassen. Das Spiel auf dem See ist weltweit einzigartig! Es ist große Oper, „schwierige Kultur“, aber ein anderes Umfeld: Hier braucht man keinen Smoking und kein Abendkleid. Gerade bei Führungen hinter der Seebühne haben mir viele gesagt: „Ich würde niemals in die Oper gehen, aber das war mit Abstand das Coolste, das ich in meinem Leben je gesehen habe.“ Leute, die mit Oper eigentlich nichts am Hut haben, besuchen das Spiel auf dem See und kommen danach immer wieder, weil es sie tief im Herzen berührt.

WANN & WO: Macht das Spiel auf dem See Oper „instagramable“?

Babette Karner: Das hat es auch vor Instagram schon gemacht. Nach der Fotoprobe der Oper „Ein Maskenball“ 1999 sind die Fotos in der New York Times, Australien, Asien, Indien und so weiter aufgetaucht. Das Bild war so ikonisch, dass es im Juli 1999 weltweit viral gegangen ist.

WANN & WO: Wie war das mit James Bond?

Babette Karner: Der Filmdreh hatte seinen Ursprung bei „Ein Maskenball“, denn das Foto von diesem Bühnenbild hing in London an allen möglichen Stellen. Im April 2007 – ich war zu dieser Zeit für die Pressebetreuung zuständig – klingelte bei mir das Telefon. Ich sah eine englische Handynummer auf dem Display. Der Mann am Telefon hat nur gefragt, ob man auf der Bregenzer Seebühne schon mal einen Film gedreht hat, was ich verneint habe. Vier Wochen später rief er wieder an. Diesmal hat er sich als Callum McDougall vorgestellt, Executive Producer der James Bond Filme.

WANN & WO: Bist du nicht ausgerastet?

Babette Karner: Innerlich schon, aber da ich in England gelebt habe, wusste ich, wie zurückhaltend die Briten sind und habe nur gesagt: „How can I help you?“ Ich dachte mir, ich tu jetzt mal so, als würden dauernd Leute wegen so etwas bei uns anrufen. Er sagte mir, dass sie gerne das „Maskenball“-Bühnenbild mit dem Skelett im nächsten Bond-Film verwenden würden. Das gab es aber natürlich nicht mehr. Es ist mir dann aber gelungen, ihn für das „Tosca“-Bühnenbild zu interessieren, das gerade im Aufbau war. Es gibt in Vorarlberg inzwischen viele Theorien, wer Bond nach Bregenz gebracht hat. Doch im Grunde war es reiner Zufall und ist durch das Viral-Gehen des „Maskenball“-Fotos zustande gekommen.

WANN & WO: Was kommt nächstes Jahr bei den Festspielen auf dich zu?

Babette Karner: Im nächsten Jahr kommt Philipp Stölzl zurück, der Regisseur von „Rigoletto“ 2019 und 2021. Er wird die Oper „Der Freischütz“ inszenieren, die in einem düsteren Dorf nach dem Dreißigjährigen Krieg spielt. Dafür hat er sich ein poetisches, magisch-realistisches Bühnenbild ausgedacht, das auch sehr geisterhaft und gruselig ist und derzeit am Bodensee aufgebaut – es gibt viel zu tun. Der Trailer für 2024/25 gibt hier schon spannende Einblicke (Der QR-Code führt zum Video auf YouTube).

WANN & WO: Hast du in letzter Zeit wieder Anrufe aus England bekommen?

Babette Karner: Leider nein, aber die Seebühne als Drehort für das Marvel Cinematic Universe würde sich schon auch mal anbieten. (lacht)

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(WANN & WO)

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