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"Die Basisversorgung droht vor die Hunde zu gehen"

Die Ärztekammer warnt vor einem "Landarzt-Sterben". Insbesondere auf dem Land würden sich immer weniger junge Ärzte niederlassen. Um das Problem zu lösen, drängten der Obmann der Niedergelassenen Ärzte, Günther Wawrowsky, und sein Stellvertreter Gert Wiegele am Dienstagabend in einem Hintergrundgespräch auf die Umsetzung des bereits vor einem Jahr von der Ärztekammer vorgeschlagenen Hausarzt-Modells.

Als Grund für den Ärztemangel vor allem am Land führte Wawrowsky schlechte Arbeitsbedingungen und den Wegfall von Hausapotheken an. In rund 100 Fällen könnten nach Schließung der Hausapotheken die Kassenplanstellen nicht mehr nachbesetzt werden oder es drohe eine Streichung aus dem Stellenplan der Kassen. Generell seien die Bewerbungen um rund 20 Prozent zurückgegangen. “Die Basisversorgung droht vor die Hunde zu gehen”, warnte Wiegele.

Ärztemangel: “Zuviel Arbeit für zuwenig Geld”

Die Arbeit des Landarztes sei nicht mehr attraktiv. “Zuviel Arbeit für zuwenig Geld”, fasste Wawrowsky zusammen. Neben dem Verlust der Hausapotheken sind es vor allem die Arbeitsbedingungen mit einer Quasi-Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft und einer überbordenden Administration. Vor allem für Frauen seien diese Bedingungen untragbar, und das obwohl die Medizin mit rund 62 Prozent Frauen unter den Turnunärzten immer weiblicher werde. Das Problem werde sich verschärfen, weil in den nächsten zehn Jahren 37 Prozent der Allgemeinmediziner und 31 Prozent der Fachärzte in Pension gehen. Schon jetzt arbeiten mehr als 2.500 österreichische Ärzte in Deutschland und über 300 in Schweden.

Als Ausweg sieht die Ärztekammer ihr schon vor einem Jahr vorgestelltes Hausarztmodell, das sowohl dem Minister als auch dem Hauptverband vorgelegt wurde. Seither sei aber nichts passiert, beklagte Wawrowsky, der der Politik Säumigkeit vorwarf. In diesem Modell soll der Haus- oder ein Vertrauensarzt zur zentralen Anlaufstelle werden. Er soll auf der E-Card registriert und alle Befunde sollen verpflichtend an ihn übermittelt werden. Die Patienten sollen zur freiwilligen Teilnahme mit einem Anreizsystem motiviert werden – etwa durch durch Reduktion der Kassenbeiträge, der Rezept- oder der E-Card-Gebühr. Voraussetzung dafür wäre eine fundierte fünfjährige Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin inklusive eine Lehrpraxis-Jahr, für das auch die Finanzierung sichergestellt werden müsste.

Betreuung durch Hausarzt ist der Bevölkerung wichtig

Bestätigt fühlt sich die Ärztekammer durch eine Umfrage des Spectra-Instituts. Für 97 Prozent der Befragten ist es demnach sehr wichtig oder wichtig, dass die wohnortnahe Betreuung durch Hausärzte sichergestellt ist. 82 Prozent fordern von der Politik eine stärker Förderung dieser Versorgung. Unter den Ärzten halten 60 Prozent das Missverhältnis zwischen Einsatz und Einkommen für den Grund für die Schwierigkeiten bei der Besetzung von Kassenstellen auf dem Land. 86 Prozent der Allgemeinmediziner und sogar 94 Prozent der Fachärzte begrüßen das Hausarztmodell und 90 Prozent rechnen damit, dass der Verlust des Hausarztes das Gesundheitssystem verteuern würde, weil die Patienten vermehrt in die Ambulanzen gehen würden.

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