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Dianne Reeves beim Salzburger Jazzherbst

Der Salzburger Jazzherbst neigt sich dem Ende zu: Samstagabend gab Dianne Reeves, die erste der beiden international bedeutenden Divas des heurigen Festivals, ihre Gala im Großen Festspielhaus.

Reeves wurde von den beiden Gitarristen Russell Malone und Romero Lubambo begleitet bei ihrer Reise durch das afroamerikanische Kunstlied, lateinamerikanischen Jazz und Blues und ließ sich zum Spaß am Ende ihrer Gala einen herzhaften Ausflug in den knochigen Rock & Roll nicht nehmen. Zwei Zugaben für ein phasenweise recht ansprechendes, aber bestimmt nicht herausragendes Jazzkonzert.

Salzburg war die letzte Station auf der langen Tour dieses Trios, und so war professionelle Routine deutlicher zu spüren als feuriges Engagement. Die einleitende Instrumentalnummer der beiden Gitarreros war kaum mehr als ein klanglich konturloses Flinkfinger-Gewuzel ohne innere Dramaturgie, ohne Sinn und ohne Seele. Auch so mancher Song wirkte einfach abgespielt, und wohl vermeidbare Intonationsfehler waren gar nicht so selten. Selbst der sympathisch-amerikanischen Zwischenmoderation und den Scherzen der Sängerin mit ihren Musikern fehlte die Frische. Auch wenn Reeves mehrmals betonte, das Wesentliche hier und jetzt gerade neu zu erfinden – ein großer Teil dieser Diven-Gala war bloß musikalische Konvention auf hohem Niveau.

Aber wenn der Funke auf diesem hohen Niveau endlich doch einmal springt, dann hat die Gänsehaut eine Chance. Die Ballade “Love is the sadest thing” etwa ragte heraus. Da lud Reeves ihre unglaubliche stimmliche Beweglichkeit tatsächlich mit Traurigkeit auf und ließ sich sensationell elegant und leichtfüßig durch die komplexen Jazzharmonien gleiten. Afroamerikanisches Kunstlied in der Tradition eines Chet Baker oder Jimmy Scott, deutlich virtuoser in der Verarbeitung, aber kaum weniger existenziell. Da störten selbst die elektronisch zur akustischen und elektrischen Gitarre dazu gemischten Streicher- und Orgel-Klangeffekte nicht mehr.

Auch in einigen wenigen lateinamerikanischen Balladen vermittelte Reeves den Eindruck, dass es um etwas geht in ihrer Musik. Dass komplexe Akkord-Zerlegungen, chromatische Durchgänge, akrobatische Tonsprünge und klangliche Schattierungen ihrer an sich ein wenig harten Stimme mehr sind als das Präsentieren guter Musik auf dem Silbertablett. Vor allem der Blues – eine ebenso simple wie von gefühlter Tiefe abhängige Form – war an diesem Gala-Abend bloß Letzteres.

(S E R V I C E – Salzburger Jazzherbst, Gala im Großen Festspielhaus mit Dianne Reeves, Russell Malone und Romero Lubambo. Heute, Sonntag, geht der 15. Salzburger Jazzherbst mit einer Gala von Jessye Norman zu Ende, die erstmals nach zehn Jahren Salzburg-Abstinenz mit einem Jazz-Programm nach Österreich kommt. Das Konzert ist ausverkauft.

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