Deutschland will Banken ab 2013 bei Euro-Krisen in die Pflicht nehmen
Berlin. Die Einbeziehung privater Gläubiger in einen überarbeiteten, permanenten Krisenbewältigungsmechanismus für die Euro-Zone ist ein Kernanliegen der deutschen Regierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte beim Arbeitgebertag in Berlin, davon lasse sie sich nicht abbringen. Vor allem in den Krisenländern Irland und Griechenland waren die deutschen Pläne kritisiert worden. Sie fürchten, die Ausgabe neuer Staatsanleihen könnte sich verteuern.
Das interne Papier vom 11. November fasst die teilweise schon bekanntgewordenen deutschen Vorschläge für die Debatte unter den Euro-Ländern zusammen. Ein EU-Gipfel hatte sich zwar bereits Ende Oktober auf Kernelemente eines ständigen Krisenmechanismus verständigt. Eine Einigung über die Details zur Stabilisierung von Ländern, die sich nicht mehr am Kapitalmarkt finanzieren können, steht aber noch aus.
Der deutsche Vorschlag besteht aus drei Elementen, die eine Staatspleite abwenden sollen: Ein striktes wirtschafts- und finanzpolitisches Anpassungsprogramm im Schuldnerland, eine Beteiligung des Privatsektors an seiner Stabilisierung und ein von den Mitgliedsstaaten getragenes Finanzierungsinstrument. “Vorrang im Verfahren hat die Beteiligung des privaten Sektors”, heißt es in dem Arbeitspapier.
Für die Einbeziehung der privaten Anleihegläubiger schwebt der Berliner Regierung ein festes Verfahren vor, um im Voraus kalkulierbare Rahmenbedingungen für alle Beteiligten zu setzen. Dazu sollen einheitliche Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses, CAC) in die Bedingungen neuer staatlicher Anleihen in der Euro-Zone eingeführt werden. Sie sind – beginnend mit Mexiko im Februar 2003 – in einer Reihe von Schwellenländern üblich bei nach ausländischem Recht begebenen Staatsanleihen. In der EU finden sich CACs teilweise bereits in entsprechenden Papieren etwa Irlands, Italiens oder Spaniens. Auch deutsche Dollar-Bonds enthalten Regeln für den Fall eines drohenden Zahlungsausfalles.
CACs zielen darauf ab, Änderungen der Zahlungsbedingungen – wie der Laufzeit oder der Zinshöhe – durch Mehrheitsbeschlüsse der Gläubigerversammlung rechtsverbindlich zu ermöglichen. Auch in der Privatwirtschaft sind solche Regeln üblich. Sie sollen verhindern, dass einzelne Gläubiger die Restrukturierung eines Schuldners durch Vollstreckungsmaßnahmen blockieren.
Nach den Vorstellungen der deutschen Regierung soll der Beitrag des Privatsektors durch ein Finanzierungsinstrument ergänzt werden, das die Mitgliedsstaaten miteinander errichten. “Hier können zusätzliche Hilfen zur Unterstützung des wirtschafts- und finanzpolitischen Anpassungsprogramms gewährt werden, unter Einbeziehung des IWF”, heißt es in dem Papier. Bevor ein Land auf die Finanzhilfen zugreifen kann, müssten aber eine Reihe von Hürden genommen werden: Neben der Einbeziehung der privaten Gläubiger in die Umschuldung müsse das Land vom Kapitalmarkt abgeschnitten sein und die Finanzstabilität der Euro-Zone als Ganzes gefährdet sein. Finanziert werden könnte der Hilfs-Topf aus Strafzahlungen bei unsolider Haushaltpolitik und entlang des Kapitalanteils der Euro-Länder an der Europäischen Zentralbank.
Bei der Krisenbewältigung schwebt der Bundesregierung folgender Mechanismus vor: Werden Finanzierungsprobleme bei einem Euroland festgestellt, sollen die Laufzeit von Anleihen des Landes automatisch verlängert werden. Gleichzeitig soll mit der Prüfung begonnen werden, wie ernst die Probleme des Landes sind, welche Hilfen nötig sind und wie ein “finanz- und wirtschaftspolitisches Anpassungsprogramm” aussehen soll. Im Notfall soll ein neutraler Verhandlungsführer mit den Gläubigern einen umfassenden Restrukturierungsplan erarbeiten. Er könnte dann weitere Laufzeitverlängerungen, Forderungsverzichte, Garantien und andere Hilfeinstrumente einschließlich des Einsatzes von EU-Mitteln kombinieren, um einem Land zu helfen.