Deutsch-Defizite bei Schülern lassen ÖVP vor Wien-Wahl Alarm schlagen

Schließlich gebe es mehr außerordentliche Schulanfänger und Schulanfängerinnen als bisher gedacht. Neben 44,6 Prozent der Erstklässler haben der Volkspartei zufolge auch mindestens 72,1 Prozent der Vorschüler in Wien diesen Status - sie können dem Unterricht mangels Deutschkenntnissen nur unzureichend folgen. Mit einem am Mittwoch präsentierten Deutschförderplan will die ÖVP Abhilfe schaffen.
Dass 44,6 Prozent und damit 8.342 Kinder in der ersten Schulstufe hier Defizite aufweist, war bereits bekannt. Hinzu kommen mindestens 2.437 von 3.381 Vorschülern, die ebenfalls nicht ausreichend Deutsch sprechen. Bei 408 Vorschülern sei zudem unklar, ob sie außerordentliche Schüler sind, da sie in Mehrstufenklassen eingeteilt seien. Insgesamt liegt die Zahl der außerordentlichen Schulanfänger damit nicht bei 44,6, sondern bei mindestens 48,8 Prozent. Wo die Zahlen herkommen, wollte die ÖVP auf Anfrage nicht sagen, das Bildungsministerium bestätigte diese gegenüber der APA aber.
Wiener ÖVP übt vor Wien-Wahl Kritik
Schuld an der Situation hat ÖVP-Wien-Obmann Karl Mahrer zufolge vor allem Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS), der im Wahlkampf ebenfalls eine "Mission Deutsch" ausgerufen hatte, aber auch die gesamte Stadtregierung: "Die Bilanz von SPÖ und NEOS hat Wien zum Bildungs- und Integrationsbrennpunkt gemacht."
Komme die ÖVP nach der Wien-Wahl am 27. April in die Stadtregierung, so würde dank ihres Deutschförderplans binnen fünf Jahren jedes Kind bis zum Schuleintritt Deutsch können, zeigte sich Mahrer überzeugt. Dieser beinhaltet eine Sprachstandsfeststellung bei allen Dreijährigen. Können sie nicht ausreichend Deutsch, soll der Kindergartenbesuch verpflichtend sein. Die Kindergartenförderung soll an die Qualität der Deutschförderung gekoppelt werden. Zudem sollen alle Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen über eine Sprachförderausbildung verfügen und das ganze Kindergartenpersonal mindestens auf C1-Niveau Deutsch sprechen.
Die NEOS forderten die ÖVP wiederum dazu auf, auf Bundesebene Reformen umzusetzen, sei die Volkspartei doch für das Bildungsministerium verantwortlich. NEOS-Wien-Klubobfrau Bettina Emmerling pochte in einer Aussendung etwa auf ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, das Vorantreiben der Reform der Deutschförderklassen und eine Ausbildungsoffensive für Elementarpädagoginnen und -pädagogen. Die NEOS würden in Wien Maßnahmen umsetzen, nannte Emmerling etwa einen Ausbau der Sprachförderung im Kindergarten.
Auch die SPÖ sah die Verantwortung für Reformen beim Bund. Dieser finanziere "aktuell zu wenige Planstellen für die Deutschförderung - das ist nicht akzeptabel", wurde Bildungssprecher Jörg Neumayer in einer Pressemitteilung zitiert. Er will gemeinsam mit allen politischen Kräften in Wien "darauf hinwirken, dass der Bund ausreichend Stellen finanziert." Zudem müssten mehr Pädagogen und Pädagoginnen ausgebildet werden. Auch er betonte die Vorzüge Wiens, das als einzige Stadt Österreichs beitragsfreie Ganztagsschulen, beitragsfreie Kindergärten und ein kostenloses Mittagessen in ganztägigen Pflichtschulen biete.
(APA/Red)