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"Der Weltmeister" im Volkstheater

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Adolf Hitler trägt Superman-Outfit. Adolf Hitler isst Strudel und Kartoffelsalat. Adolf Hitler rinnt aus und furzt. Adolf Hitler gibt die Ermordung der Juden zu, hasst die Araber und möchte nach Israel auswandern.

Adolf Hitler will eine Atombombe zünden oder zumindest sich selbst umbringen. Dies und noch einiges mehr bekam man am Sonntag während der bloß 80-minütigen Uraufführung des Stückes „Der Weltmeister“ von Herbert Achternbusch geboten – der Exorzismus eines Untoten als Flut von halblustigen Einfällen.

Seit das Denkmalamt die Rück-Montage des originalen „Führerzimmers“ im Wiener Volkstheater verlangt hat, wird in dem kleinen, düsteren Raum theatrale Teufelsaustreibung betrieben. Insofern passt Achternbuschs knapp 20-seitiges „Theaterstück zu Adolf Hitler“ hervorragend hierher und Andy Hallwaxx herzt als Führer die aus der NS-Zeit stammende dunkle Holztäfelung auch ganz innig. Dennoch ist es eine weitgehend private Angelegenheit, die rund 20 Zuschauer verfolgen.

Achternbusch lässt den Führer die Familie Achternbusch im Bayerischen Wald besuchen, die skeptische Oma (Johanna Mertinz), bei der der kleine Herbert aufwuchs, die Hitler glühend verehrende Mutter (Susi Stach). Zwar ist der Herbert gerade nicht da, dafür schauen Achternbuschs Freunde, der Schauspieler Josef Bierbichler (Christoph F. Krutzler) und seine Schwester Annamirl (Annette Isabella Holzmann) vorbei – wenn Hitler nach all’ den Jahren wieder was zu sagen hat, wollen sie schon dabei sein.

Erhellendes ist allerdings wenig dabei. Der Text, über weite Strecken ein Hitler-Monolog, ist eine wüste Mischung aus Provokationen und Kalauern, ein Hervorwürgen von Halb- und Unverdautem, ein Gift-und-Galle-Cocktail – geschüttelt, nicht gerührt. „Sehr schnell“ habe er das Stück geschrieben, sagte Achterbusch in einem „profil“-Interview, „Ich schreib immer so schnell, damit ich nicht zum Denken komm.“ Nachdenken kann dagegen der Zuschauer darüber, wie Hitler heute zu Juden („Ich habe das falsche Volk umgebracht.“) und Arabern („Jagt sie zurück! Sie vermehren sich wie Ratten.“) stehen würde, wie weit sich altes Gedankengut auf neue Verhältnisse übertragen lässt.

Regisseur Martin Oelbermann (er inszenierte für das Volkstheater eine Dramatisierung von Hugo Bettauers Roman „Die Stadt ohne Juden“ im Bellaria Kino) setzt auf Groteske und Kasperltheater, zitiert die Kreuzigungsszene des noch immer verbotenen Achternbusch-Films „Das Gespenst“ und lässt Andy Hallwaxx nicht als dämonisches Hitler-Look-a-like, sondern als nie erwachsen werdendes großes Kind agieren. Und etwas vom Spielen aufsässiger, ungezogener Kinder, die sich verkleiden, im Dreck wühlen und genau darüber reden, was die Erwachsenen am liebsten verschweigen oder übersehen würden, hat die ganze Veranstaltung. Das Uraufführungs-Publikum reagierte, wie Eltern in solchen Fällen zu reagieren pflegen: mit einer Mischung aus Amüsement und Ratlosigkeit.

„Der Weltmeister“ von Herbert Achternbusch, Uraufführung, Regie: Martin Oelbermann, Ausstattung: Bianca Fladerer, Mit: Andy Hallwaxx, Susi Stach, Johanna Mertinz, Christoph F. Krutzler und Annette Isabella Holzmann, Volkstheater Empfangsraum, Weitere Aufführungen: 4., 6., 9., 15., 20.5., 19.30; Karten: 01 / 52 111-400, http://www.volkstheater.at

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