Der letzte Schritt der Vernunft

Hohenems. So lebendig, so authentisch und differenziert ist Geschichte noch nie beschrieben worden: ein großes Stück Literatur.
Große Verpflichtung
„Matthias Jäger breitet ein fulminant erzähltes, veritables Zeitdokument aus, faktengesättigt, fundiert, mit einer Begeisterung, die selten geworden ist. Ein Buch, über das der Autor Matthias Jäger selbst sagt, er habe mit dem letzten Schritt der Vernunft das Buch geschrieben, das er selbst immer gerne gelesen hätte. Hat er sozusagen dieses Buch nur für sich selbst geschrieben? Nein, dieser Standpunkt wäre uns doch ein bisschen zu egoistisch. Wir sind deshalb sehr froh, dass seine Eltern Agnes und Sieghard Jäger darauf gedrungen haben, das Manuskript zu veröffentlichen. Das war in diesem Zusammenhang nun wirklich der letzte Schritt der Vernunft. Von Matthias hoffen wir, dass er sein Talent nicht ruhen lässt, wer so gut schreiben kann und eine so feinsinnige Feder führt, hat eine riesengroße Verpflichtung uns Lesern gegenüber. Ich gratuliere ihm recht herzlich“, betonte der Historiker und ehemalige Landtagsabgeordnete Dr. Arnulf Häfele in seiner Eröffnungsrede an diesem Abend. Die Bücherei bot dazu den passenden Rahmen, wobei der Gitarrist John Gillard den Abend musikalisch umrahmte.
Der Schmerz der Hoffnung
In seiner Lesung ging Matthias Jäger unter anderen auf den Naturwissenschaftler Blaise Pascal ein, den er zu jenen Menschen zähle, die ihn – wie nur sehr wenige andere noch – tief beeindruckt haben. Und dies aus zwei Gründen: Einerseits ist es wohl unmöglich, sich der Faszination eines solch intensiven Lebens zu entziehen. Trotz der Kürze der Zeit, die er lebte, war Pascal zu beachtlichen Leistungen auf verschiedenen Gebieten imstande, kannte den Glanz des gesellschaftlichen Lebens bis zum Glücksspiel, aber auch die Einsamkeit der Tiefen seiner Seele, die ihn auf jene asketischen Wege führte, die seinen frühen Tod begünstigten. Andrerseits zeigte er in seinen Schriften eine Klarheit des Denkens und eine Hingabe an, die von ihm als richtig erkannten Ideale, die er auch in seinem Leben kompromisslos verwirklichte, dass er noch heute als heller Stern der französischen Sprache und der abendländischen Kultur gilt.
Revolutionär
Voltaire dagegen ist der bedeutendste Vertreter und der Führer der europäischen Aufklärung; er gilt als Verkörperung des französischen Esprits. Voltaire verteidigte Toleranz, Menschenrechte und -würde sowie die Vernunft. Er wandte sich gegen die Rousseau’sche Verherrlichung des Naturzustands. Hinter der Gesetzmäßigkeit der Natur erkannte er Gott als einen vernünftigen Urheber (Einfluss des englischen Deismus); Voltaire betonte besonders die praktische Bedeutung des Gottesglaubens.
Matthias Jäger´s rasante Erzählung mit 117 Kapiteln, in denen sich die Ereignisse vom Frühmittelalter bis in unsere heutige Zeit fast überschlagen, ist fantastisch. Psychologisch einfühlsam und vertraut mit den von radikalen Umbrüchen bestimmenden Epochen, zeichnet er ein Bild der politischen und sozialen Verhältnisse jener Zeiten mit Wirkungen bis in die unmittelbare Gegenwart, die er in auf eine bisher so nicht geschilderte Weise darlegt. Das Buch ist leicht zu lesen und wirklich ein Meisterwerk der Literatur. Es geht darum, die Hintergründe und eine Wirkung darzustellen und dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich über die Ursache Gedanken zu machen… (BET)