Der Künstler Erwin Wurm
In seinen berühmten “one minute sculptures” dekonstruiert der Künstler, der nun den Großen Österreichischen Staatspreis erhält, die Vorgangsweisen ritualisierten menschlichen Tuns auf eine Art und Weise, die fest gefügte Begriffe und Handlungen zum Wanken bringt.
Zuletzt zeigte Wurm übermalte Aktfotos im Rahmen der Schau “De Profundis” in der Albertina. Allein im Vorjahr konnte der Künstler mit acht internationalen Einzelausstellungen aufwarten, darunter in Dallas, New York, Malaga oder Istanbul. In Paris präsentiert die Galerie Thaddaeus Ropac derzeit Wurms Ausstellung “Wittgenstein’s Grammatik der Leibesübungen”.
Erwin Wurm wurde am 27. Juli 1954 in Bruck an der Mur geboren und studierte von 1977 bis 1979 am Mozarteum in Salzburg und von 1979 bis 1982 an der Hochschule für angewandte Kunst sowie an der Akademie der bildenden Künste in Wien. In den 80er-Jahren schuf er aus Brettern, Latten und Blech Skulpturen, die er dann bunt bemalte. In diesen frühen Arbeiten bezog er sich in ironischer Anspielung auf den Futurismus und unterlief damit kunsthistorische Gewissheiten. Es folgten seine Staubobjekte, in denen lediglich die Abdrücke im Staub auf die gerade vergangene Gegenwart eines Volumens verwiesen.
2006 war unter dem Titel “Erwin Wurm: Keep a Cool Head” eine 400 Werke umfassende Schau im mumok zu sehen. Gezeigt wurde dort etwa auch der bekannte rote “Fat convertible”-Porsche, der Wurms Methode, bekannte Gegenstände quasi übergewichtig werden zu lassen, repräsentierte. Publikumsmagnet war im Rahmen der Ausstellung auch das auf dem mumok-Dach platzierte, umgedrehte Einfamilienhaus. 2011 begeisterte Wurm auf der Biennale in Venedig mit seinem zusammengestauchten Elternhaus (“narrow house”), das als Teil der edlen “Glasstress”-Ausstellung, zu deren Kuratoren Peter Noever zählte, enthüllt wurde. Was man mit alten, ausrangierten Möbelstücken machen kann, zeigte er im selben Jahr unter dem Titel “Schöner Wohnen” in einer Ausstellung im Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK).
Im Vorjahr zeichnete Wurm für jenes gekrümmte Segelboot verantwortlich, das auf dem Dach des neu eröffneten Wiener Hotels Daniel nahe des ehemaligen Südbahnhofs platziert wurde. Unter dem Titel “Schlagen und Treten” (“hit me,…hit me…”) waren 2012 auch neue “Zornskulpturen” des Künstlers im Gironcoli-Museum in der Oststeiermark zu sehen.
Ausgezeichnet wurde Wurm 1984 mit dem Otto Mauer-Preis, 1993 mit dem Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst und 2004 mit dem Kunstpreis der Stadt Graz. Auf der Liste der 100 wichtigsten zeitgenössischen Künstler bei Artfacts.net rangiert er hinter Franz West auf Platz 30. Der Große Österreichische Staatspreis wird ihm im Juli 2013 verliehen. Josef Winkler als Präsident des Kunstsenats streute Wurm Rosen: “Seine Werke sind überaus facettenreich, radikal, satirisch, ironisch und surreal.”