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Der Kindergartenzwang: Finanzhilfe für den Fundamentalismus

©APA
Gastkommentar von Andreas Unterberger: Viele Medien und Regierungspropagandisten jubeln: Nun hat sich auch die ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin für eine Ausdehnung der Kindergartenpflicht auf zwei Jahre ausgesprochen. Daher wird diese Ausdehnung trotz Budgetnöten wohl bald kommen.

Verschwiegen wird jedoch von allen Seiten, dass die Begründung, die nicht nur von Karmasin, sondern auch vielen anderen Regierungspolitikern für die Kindergartenzwänge ständig hinausposaunt wird, schlicht falsch ist.

Das offizielle Hauptargument, warum der Staat trotz seiner schweren Verschuldung künftig mehr Geld für Gratiskindergärten ausgeben solle, und warum schon wieder ein neuer Zwang in einem schon überreglementierten Land eingeführt werde: Nur so können die vielen Migranten-Kinder – die in Wien im Vorschulalter heute schon 61,2 Prozent ausmachen – an die deutsche Sprache herangeführt werden. Nur so könne verhindert werden, dass diese Kinder dann in der Schule erfolglos sein werden.

Schön wär’s. Aber die Realität ist leider völlig anders. Denn immer mehr dieser Kinder verbringen den Tag in Kindergärten, wo nur türkisch oder arabisch gesprochen wird, und praktisch nicht Deutsch. Die Kinder werden dort oft noch viel tiefer als durch das Elternhaus in jene sprachliche, kulturelle und oft auch religiös-fundamentalistische Welt hineingeführt, die eine Integration in die österreichische Gesellschaft so intensiv behindert und verhindert. Wobei auch viele Familien eine sehr negative Rolle spielen, da vor allem in vielen konservativ-türkisch-islamischen Elternhäusern nie deutsch geredet wird, da viele Mütter praktisch gar kein brauchbares Deutsch können.

Wohlgemerkt: Ich habe nichts gegen längeren Kindergarten-Besuch. Ich bin selber einst mehr als drei Jahre – ohne staatlichen Zwang – in einen solchen gegangen. Und auch all meine Nachfahren haben das mehrere Jahre getan.

Aber man soll nicht so tun, als ob Gratiskindergärten und Kindergarten-Zwang irgendetwas mit effektiver Integration zu tun hätten; als ob sie nicht genau das Gegenteil dessen bewirken, was Karmasin behauptet. Die Ministerin hat ja wörtlich behauptet, dass dabei das Ziel im Fokus stehe, mangelnde Deutschkenntnisse auszugleichen.

Richtig ist, dass das wichtig wäre. Falsch ist aber die Behauptung, dass solche Kindergärten ein Beitrag auf diesem Weg wären.

Es ist leider nicht so, dass alle Kinder mit den gleichen Startchancen ins Leben gehen. Egal, ob man ihre Chancen bei der Geburt oder etwa beim vierten Geburtstag vergleicht. Viele Forscher sagen, dass bis zum vierten Geburtstag schon die allerwichtigsten Weichenstellungen im Leben eines Menschen erfolgt sind.

Die Wissenschaft der Genetik zeigt sogar, dass für die Intelligenz eines Kindes zu einem sehr hohen Anteil die Vererbung entscheidend ist. Zugleich beweisen andere wissenschaftliche Daten, dass die im islamischen Kulturkreis häufigen Cousin-Ehen in überdurchschnittlich vielen Fällen eine genetisch negative Belastung darstellt.

Neben den genetischen Faktoren ist die Prägung während der ersten vier Lebensjahre für die spätere sprachliche, geistige, kulturelle, emotionale und sprachliche Entwicklung eines Menschen weit wichtiger als jede spätere Periode in seinem Leben.

Umso wichtiger wäre es, dass sich der Staat viel mehr damit beschäftigt, was dann nach dem vierten Geburtstag insbesondere in den Kindergärten passiert. Gerade wenn der Staat diese immer mehr finanziert, besteht ja auch ein moralischer Anspruch, sich hier einzumischen. Was der Staat aber zumindest in Hinblick auf die Integration nicht tut. In Kindergärten wird von der Obrigkeit zehnmal häufiger darauf geschaut, ob in der Küche alle möglichen Hygienevorschriften eingehalten werden, als auf den Inhalt der Erziehung. Welche Sprache die Kindergärtnerinnen mit den Kindern reden, ob sie fundamentalistisch indoktriniert werden – all das wird gefährlicher Weise ignoriert.

Dabei werden hier Weichen gestellt, die für die Kinder, für die Gesellschaft einmal fatal sein können. Es gibt nicht einmal Sprachstandsfeststellungen, die etwa ab dem vierten Geburtstag alljährlich die Fortschritte – oder Nicht-Fortschritte – bei der sprachlichen und kulturellen Integration messen.

Aus all diesen Gründen verfehlen viele Kindergärten das Ziel, für eine bessere Integration von Migranten zu sorgen. Daher ist auch ein Zwang, sie zu besuchen, nicht legitim. Ganz abgesehen davon, dass der Kindergartenbesuch für manche Familien, etwa die Bergbauern, ein gewaltiges logistisches Problem darstellt.

Deutsch- und Österreich-Kurse für Eltern fehlen

Genauso wichtig wie eine gezielte sprachliche und kulturelle Integration im Kindergarten wäre aber auch noch eine zweite Strategie, die in Österreich ebenfalls fehlt: massive Bemühungen um die Integration der Eltern in die österreichische Gesellschaft und um das Erlernen der deutschen Sprache durch die Elterngeneration. Kindergärten – und später Pflichtschulen – wären der ideale Anknüpfungspunkt, um intensive Programme dafür anzubieten.

Es ist ja keineswegs so, dass türkische oder arabische Mütter nicht auch das Beste für ihre Kinder, nicht auch deren Erfolg in der österreichischen Gesellschaft wünschen würden. Aber wenn ihre Leitfiguren neben oft ebenfalls mittelalterlich denkenden Ehemännern nur ungebildete Imame sind, die ein 1300 Jahre altes Buch wörtlich predigen, muss das schiefgehen.

Gerade wegen ihrer emotionalen Bindung an die Zukunft ihrer Kinder kann man solche Eltern am ehesten im Kindergarten und in der Schule ihrer Kinder zur Teilnahme an Sprach- und Kulturkursen motivieren. So können am ehesten Mütter (oder auch Väter) intensiv an die deutsche Sprache, an die österreichische Kultur und an die wichtigsten europäischen Grundrechte wie die Meinungsfreiheit und die Gleichheit von Mann und Frau herangeführt werden. Dabei könnte ihnen auch vermittelt werden, wie wichtig es vor allem für die Zukunft ihrer Kinder wäre, auch daheim deutsch zu reden und nicht türkische oder islamische Fernsehprogramme als Babysitter zu haben.

Das wäre hundert Mal sinnvoller als neue Zwänge, die sich Minister ausdenken. Dafür wäre Geld hundert Mal sinnvoller eingesetzt als für die Anstellung arbeitsloser Politologen an höheren Schulen, was die Regierung jetzt beabsichtigt.

Der Autor war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.

 

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