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Der fromme Wunsch nach weniger Kilos

Diäten versprechen viel, halten meist wenig.
Diäten versprechen viel, halten meist wenig. ©Serge Aubert - stock.adobe.com
Die Ernährungswissenschaft weiß klare Antworten und realistische Strategien.

Zu Beginn des Jahres stellt sich oft die Frage: Wie kann ich nach den üppigen Feiertagen meine vermehrten Pfunde wieder in den Griff bekommen. Einher geht meist der sehnliche Wunsch nach einer langfristigen Gewichtsreduktion. Diäten versprechen viel, halten meist wenig. Ein Umstand, der hinlänglich bekannt, jedoch meist keine oder nur geringe Beachtung findet. So ist die Verlockung einer (relativ) rasanten Kiloreduktion groß. „Fit & Gesund“ sprach mit Angelika Stöckler und die Ernährungswissenschaftlerin gab Antworten zu Begrifflichkeiten, Sinnhaftigkeiten, Auswirkungen und mehr.

Der Begriff Diät bedeutet in seiner ursprünglichen Form (aus dem Griechischen) Lebensweise, Lebensführung. Was versteht nun die Ernährungswissenschaft darunter?

Angelika Stöckler: Als Diäten werden unterschiedliche Ernährungsformen zur Vorbeugung oder Behandlung von Krankheiten oder zur Gewichtsveränderung bezeichnet. Sie unterscheiden sich in der Zusammensetzung, Menge bzw. Zubereitung von der üblichen Ernährung.

Widmen wir uns nun im Besonderen der Reduktionsdiät. Welche Formen werden hier unterschieden?

Diäten gibt es wie Sand am Meer und eine Mode-Diät wird von der nächsten abgelöst. Viele Menschen haben mir erzählt, sie hätten schon alles probiert – von der Kohlsuppen- über die Mond- und die Blutgruppendiät, die Trennkost, die Glyx- und Intervalldiäten bis zur Steinzeitdiät. Die Liste ist nahezu unendlich, doch die Erfolge sind meist nur von sehr begrenzter Dauer.

Woran erkennt man denn eine sinnvolle Anleitung zur Gewichtsabnahme?

Gewichtsprobleme haben meist mehrere Ursachen. Um schlank zu werden, braucht es daher auch eine komplexe Strategie. Geeignete Anleitungen beinhalten daher immer ein Bewegungsprogramm und alltagstaugliche Empfehlungen für eine Änderung des Essverhaltens. Vorsicht ist bei allen Diäten mit übertriebenen Versprechungen angesagt. Sinnvolle Diäten lassen maximal eine Gewichtsabnahme 0,5 bis 1 Kilogramm pro Woche erwarten. Meiden sollte man auch Diäten mit Verbotslisten, denn die Zusammenstellung der Lebensmittel muss vielseitig und abwechslungsreich sein.

Was steht zu Beginn des großen Vorhabens „Gewichtsreduktion“?

In erster Linie geht es um die innere Bereitschaft ungünstige Essgewohnheiten verändern zu wollen. Wer mehr als 2 bis 3 Kilogramm abnehmen möchte, sollte das Vorhaben am besten mit einer ärztlichen Untersuchung starten. Bei selbstgewählten Diäten stehen die Erfolgsaussichten gut, wenn man sich vorstellen kann, die Ernährungsweise in leicht veränderter Form dauerhaft umzusetzen. Kompetente Beratung und Begleitung, die persön­liche Bedürfnisse und individuelle Gewohnheiten berücksichtigt, erhalten Abnehmwillige bei Diätologen und Ernährungswissenschaflter.

Wie können die gesetzten Ziele am besten umgesetzt werden?

Entscheidend ist, sich realistische und erreichbare Ziele zu setzen. Streben Sie diese nicht radikal mit strengen Diätvorschriften an. Besser ist es, sich figurfreundliche Alternativen zu kalorienreichen „Häppchen und Getränken“ zu überlegen und diese konsequent umzusetzen. Wer beispielsweise zu einer Semmel statt zu einem Croissant greift, spart ein Drittel der Kalorien. Ein gebratenes Hühnerschnitzel hat ein Drittel weniger Kalorien als ein paniertes. Schinken hat nicht einmal halb so viele Kalorien wie Salami. Ein Klecks Ketchup liefert nur ein Sechstel der Kalorien eines Klecks Mayonnaise. Und wer im Restaurant statt einem Viertelliter Cola oder einem Achtelliter Wein ein Glas Soda mit Zitrone bestellt, spart 100 Kalorien. Kleine Veränderungen wie diese zeigen in Summe eine große und nachhaltige Wirkung ohne Jo-Jo-Effekt.

Kann auch ein klarer Schnitt sinnvoll sein?

Viele Menschen schätzen Diäten als Einstieg in eine bewusstere Lebensweise. Wer sich hier nach einer passenden Form umsieht, sollte berücksichtigen, dass eine empfehlenswerte Diät immer auf drei Säulen basiert: Gut zusammengestellte und regelmäßige Mahlzeiten, die mit vertretbarem Aufwand zuzubereiten sind, eine dauerhafte Veränderung von ungünstigem Essverhalten und eine Steigerung des Energieverbrauches durch mehr Bewegung.

Auf lange Sicht gesehen – sind regelmäßige Mahlzeiten unverzichtbar?

Empfehlenswert sind mindestens drei Mahlzeiten pro Tag, denn regelmäßige Mahlzeiten beugen Heißhunger vor. Diesen Effekt haben übrigens auch Vollkornprodukte durch ihre langanhaltende Sättigung. Wer auf ganze Mahlzeiten verzichtet, sollte dies besser am Abend als beim Frühstück machen. Denn die abendlichen Genüsse in entspannter Atmosphäre sind in vielen Fällen besonders kalorienreich. Unbedingt vermeiden sollte man fettreiche Knabbereien und süße oder alkoholhaltige Getränke – speziell neben dem Fernsehen oder am Computer.

Und dabei gilt immer das Prinzip „Übung macht den Meister“ …

Das Essverhalten zu verändern ist nicht einfach und funktioniert nur schrittweise. Probieren Sie es doch einmal nach dem Motto „Achtsamkeit“. Beachten Sie vor dem Essen die Signale Ihres Körpers. Handelt es sich um Hunger mit leerem Magen oder ist es lediglich Appetit bzw. Lust auf ein bestimmtes Lebensmittel? Oder nehmen Sie sich eine Woche lang vor, frische Früchte anstelle von Lebensmitteln mit zugesetztem Zucker zu verzehren. Überlegen Sie danach, wie Sie weiterhin mit Süßem umgehen wollen.

Wie kann eine vernünftige Kon­trolle aussehen?

Wichtig ist, es mit der Kontrolle nie zu übertreiben. Erste Erfolge sind meist spürbar, wenn der Hosenbund weniger spannt oder im Spiegel sichtbar. Vermeiden Sie tägliches Wiegen und lassen Sie sich vor allem nicht von Körperfettwaagen verunsichern. Viele Waagen für den Hausgebrauch messen das Körperfett nur ungenau. Zudem brauchen wir einen gewissen Fettanteil. Entscheidend ist schließlich, wo das Fett sitzt. Ist es vorweg im Bauchbereich lokalisiert, erhöht es das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes. Eine Gewichtsabnahme ist dann ratsam.

Zur Person

ANGELIKA STÖCKLER ist selbstständige Gesundheits- und Ernährungswissenschaftlerin
GEBOREN 1966 in Lauterach
WERDEGANG Hauswirtschaftslehrerin, Ernährungswissenschaftlerin, Master of Public Health
BETÄTIGUNGSFELD Gesundheitsförderung, Regional- und Strategieentwicklung, Weiterbildung
HOBBYS Tanzen, Freizeit in der Natur genießen, gut essen
LEBENSMOTTO Die Zukunft hängt von dem ab, was wir heute tun. (Mahatma Gandhi)
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