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Der erste Tag auf den Pannonia Fields mit Ringen, Rock und Regenschauer

Headliner Korn am Nova Rock 2016.
Headliner Korn am Nova Rock 2016. ©APA
Mit harten Klängen und großem Publikumszuspruch trotz teilweise starkem Regen hat das zwölfte Nova Rock einen erfolgreichen Start hingelegt. Über 100 Acts tretten bis Sonntag an vier Tagen auf vier Bühnen auf. Korn zei­gte sich junggeblieben und damit als qualifizierter Headliner des ersten Tages.
Korn am Nova Rock 2016
Nova Rock 2016: Amon Amarth
Nova Rock 2016: Billy Talent
Warm Up Day: Breaking Benjamin, Puscifer, Skillet
Nova Rock 2016: Die Anreise der Besucher

Bereits bei den Mattersburger Lokalmatadoren A Caustic Fate bildete sich eine beachtliche Menschenmenge vor der Blue Stage (die zweite große Bühne, die Red Stage, wurde am ersten Tag nicht bespielt). Nachdem die Alternative-Metalband Skillet Durchschnittliches geboten hatte, lockten Breaking Benjamin mit Coverversionen von Metallica und Nirvana zwischen dem eigenen Material die Fans an. “Neun Tage war ich auf einem Schiff mit alten Leuten unterwegs, um hier her zu kommen. Aber es hat sich ausgezahlt”, rief Sänger Benjamin Burnley der Menge zu. Der Amerikaner hatte wegen seiner Flugangst diese Form der Anreise gewählt.

Best of Amon Amarth

Mit Amon Amarth stand später in der Dämmerung eine Band auf der Bühne, die sich ihren Erfolg – das aktuelle Album “Jomsviking” eroberte Platz eins der österreichischen Charts – hart erarbeitet hat. “Wir machen das schon seit mehr als 20 Jahren, sind seit etwa 18 Jahren auf Tournee. Es war ein langsamer Prozess. Jetzt spielen wir an Plätzen wie dem Nova Rock”, freute sich Gitarrist Johan Söderberg im Gespräch mit der APA – skandinavisch reserviert, aber doch.

Die Schweden bolzten sich durch ein Best-Of ihres Repertoires, druckvoll und versiert, aber doch auch eine Spur redundant. Die Bühne zierten rauchende Drachenköpfe und Runensteine. Musik alleine wäre auch zu wenig, meinte Söderberg. “Wir erfüllen uns einen Kindheitstraum. Wir sind mit Iron Maiden aufgewachsen, die hatten immer große Bühnenproduktionen. So etwas wollten wir auch! Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir uns das finanziell leisten können.” Am 22. November wird die Gruppe im Wiener Gasometer eine komplett neue Show präsentieren.

Amon Amarth haben über die Jahre ihren Stil modifiziert. “Wir machen uns jedenfalls stets den großen Druck, uns selbst übertreffen zu müssen”, betonte Söderberg. Schaut man auf die Festivals, ziehen Metal-Acts große Besuchermassen an. Gruppen wie Iron Maiden oder Kiss, früher von vielen Medienvertretern milde belächelt, werden nun zu Kult-Bands emporgehoben. “Ich kann mir das nicht erklären, aber Heavy Metal wird heute mehr respektiert als früher”, nickte Söderberg. Das Nova Rock mit seinem Besucherrekord von erwarteten 180.000 Besuchern unterstreicht das.

Umkämpfte Puscifer

Für einige offene Münder sorgten Puscifer: Die Band von Maynard James Keenan, den meisten wohl als Sänger von Tool ein Begriff, hat den ursprünglich stark elektronisch gefärbten Sound mittlerweile in Richtung Alternative-Rock gedeutet. Live gab es nicht nur insgesamt sechs Musiker, sondern auch fünf Ringer im Lucha-Libre-Stil zu bewunden. Während Songs wie “The Remedy” oder “Grand Canyon” musikalisch kaum Wünsche offen ließen, wurde in einem mittig auf der Bühne platzierten Ring so richtig zur Sache gegangen.

Keenan selbst blieb dabei ganz in seinem Element, mit Maske und Anzug eher unnahbar und voll auf die durchkonzipierte Show konzentriert. Dass der 52-Jährige eine große Vorliebe für abseitigen Humor hat, wurde auch mehrfach unter Beweis gestellt – etwa durch einen kurzen “Hahnenkampf”, den sich er und Sängerin Carina Round mit Spielzeugtieren lieferten. Aber ganz unabhängig davon: Dieser “Money Shot”, wie das aktuelle Album betitelt ist, gelang punktgenau. Intensiver und abwechslungsreicher gelingen Festivalauftritte selten.

Problemloser Start des Nova Rock 2016

Die Anreise zum Open Air ist indes ohne Stress verlaufen, große Staus blieben aus. Auch das neue Cashless-System – auf dem gesamten Gelände wurde per spezieller Karte bargeldlos bezahlt – lief erfreulich reibungslos und wurde gut aufgenommen. “Super, das geht schnell, ich muss nicht Kleingeld herumschleppen. Früher hab ich die Münzen immer irgendwann ausgestreut”, meinte ein Besucher dazu. “Nur am Ende will ich eigentlich keine Abrechnung bekommen, weil dann sehe ich, wie viel Bier ich wirklich getrunken habe. Das wird ein Schock!”, ergänzte sein Begleiter.

Das Rote Kreuz zog ebenfalls zufriedene Zwischenbilanz. Seit der Nacht auf Donnerstag wurden bis zum Abend 150 Personen versorgt – laut Einsatzkräften eine geringe Zahl. Fünf Patienten wurden zu einer ambulanten Behandlung bzw. zur weiteren Abklärung in ein Krankenhaus gebracht. “Vorwiegend haben wir heute die üblichen Blessuren beim Zeltaufstellen versorgt”, schilderte Pressesprecher Tobias Mindler. “Schürfwunden, kleine Schnittwunde und Quetschungen, wenn beispielsweise jemand mit dem Hammer den Finger statt den Zelthering getroffen hat. Weiters sind einige aufgrund der Temperaturen kollabiert.” An den Konzerttagen sind pro Schicht rund 120 Sanitäter und acht Ärzte im Einsatz.

Abrocken statt Aufwärmen

Von wegen “Warm-up”: Am Donnerstag wurde beim Nova Rock in Nickelsdorf zwar erst eine der Hauptbühnen bespielt. Aber die Auftritte von Acts wie Amon Amarth oder Puscifer konnten das zahlreich erschienene Publikum überzeugen. Den Höhepunkt markierten gegen Mitternacht die Shows von Billy Talent und Korn: Solide wurde hier zwischen Punkrock und Nu-Metal gependelt – wenn auch ohne Neuigkeitswert.

Billy Talent als erfahrene Festivalband

Wobei immerhin die Kanadier von Billy Talent frisches Material im Gepäck hatten: Ende Juli erscheint mit “Afraid of Heights” das fünfte Album der Gruppe um Sänger Ben Kowalewicz, die man guten Gewissens als erfahrene Festivalband bezeichnen kann. Seit Jahren spielt man sich durch die hiesige Szene und kann dabei auch auf einen ordentlichen Stock an Hits zurückgreifen. “Danke für das Kompliment”, lachte Kowalewicz im APA-Interview. “Die Ironie ist ja: Als wir in Kanada aufgewachsen sind, gab es dort keine Festivals. Das war ein sehr europäisches Ding, das wir eigentlich nicht kannten. Aber mittlerweile haben wir seit fast zehn Jahren das Privileg, auf diesen Festivals zu spielen – angefangen von den Auftritten mittags auf den kleinen Bühnen bis zu den späten Slots.”

Ein solcher war es auch heuer am Nova Rock, den die Gruppe zu nutzen wusste und mit Songs wie “Red Flag” oder “This Is How It Goes” die Fans animieren konnte. Für die gab es auch ein neues Gesicht, wird doch Drummer Aaron Solowoniuk, dessen Multiple-Sklerose-Erkrankung sich zuletzt verschlechterte, derzeit vom befreundeten Musiker Jordan Hastings ersetzt. Eingespielt zeigte man sich dennoch, wobei Kowalewicz und Co vor allem mit dem Publikum umzugehen wissen. “Man bekommt eine gewisse Erfahrung darin”, so der Sänger. “Bei Festivals gibt es eine andere Energie. Du musst Leute überzeugen, aber ich mag diese Herausforderung.” Das man tagelang nur dem Musikgenuss frönt und im Zelt nächtigt, könne er jedenfalls verstehen. “Das ist doch die beste Zeit in deinem Leben”, schmunzelte Kowalewicz. “Du kommst mit viel Bier, aber keinem Wasser hierher und hast einfach viel Spaß. Für uns ist das beinahe schon eindimensional: Wir gehen auf die Bühne und spielen. Für die Besucher hingegen könnte es das schönste Wochenende ihres Lebens werden.”

Junggebliebener Headliner Korn

Einen weiteren Puzzlestein zum Gelingen dieses Vorhabens beigetragen haben auch Korn: Seit mehr als 20 Jahren ist die kalifornische Band um Frontmann Jonathan Davis auf den Bühnen dieser Welt unterwegs. Als Mitbegründer des fragwürdigen Nu-Metal-Stils in den 90ern hat man sich dabei ein Standing im Musikbusiness erspielt, bei dem auch der seit Jahren fehlende Innovationswert niemanden wirklich stört. Hämmernde Bässe, besonders tiefgestimmte Gitarren und ein Sänger, der gerne sein Innerstes nach außen kehrt – das kann man hier immer erwarten.

Dementsprechend pflügten Korn durch ihr bisheriges Schaffen, mal dezent krachig (“Right Now”), dann massiv mit Industrialklängen flirtend (“Here to Stay”), bis zu obligatorischen Gassenhauern im Stile von “Falling Away From Me”. Davis schrie sich dabei die Seele aus dem Leib (im wahrsten Sinne des Wortes, wenn man einmal die Lyrics einer genaueren Betrachtung unterzieht) und ließ die Rastazöpfe fliegen. Mit 45 Jahren Alterserscheinungen offenbaren? Nicht, wenn man im stets jugendlich gebliebenen Segment unterwegs ist und auch bei neuen Fans punkten muss. Natürlich: Das Frühwerk wie “Blind” oder “Twist” klingt zwar immer noch am wütendsten und überzeugendsten. Unterzukriegen sind Korn deshalb aber nicht, wie die jubelnde Menge untermauerte. Und ganz abgesehen davon hatte das Aufwärmen immerhin einen wichtigen Aspekt: So konnte man den immer wieder einsetzenden Nieselregen wegtanzen.

(apa/Red)

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