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Der Bauer zu Nathal - Kein Film über Thomas Bernhard - Trailer und Kritik zum Film

Thomas Bernhard und Ohlsdorf - das Dorf und der Literat werden gern in einem Atemzug genannt. Aber waren sie einander innig zugetan oder sind sie auch posthum noch unfreiwillig aneinandergekettet? Die Regisseure David Baldinger und Matthias Greuling lassen in "Der Bauer zu Nathal" Ohlsdorfer zu Wort kommen. Der Dichter selbst spricht durch seine Texte.

Ohlsdorf, örtlicher Friedhof, Totengräber gehen ihrer Arbeit nach, das Wetter ist trüb, die Szenerie trostlos. “Man muss wissen, dass diese Gegend eine der düstersten ist, dass hier genau die Menschen leben, die dieser düsteren und im Grunde menschenfeindlichen Landschaft entsprechen”, schrieb Bernhard über den Landstrich. Die Eingangssequenz des Films gibt bereits das Strickmuster vor. Beide Seiten kommen in einer selbsttragenden Collage zu Wort, der Zuseher hat jede Freiheit, sich im Lauf dieser Spurensuche selbst eine Meinung zu bilden.

War Bernhard wirklich der “Bauer zu Nathal”, nur weil er den gleichnamigen Hof bewohnte, oder hat sich der intellektuelle Stadtmensch lediglich einen rustikalen Anstrich gegeben, um still am Wirtshaustisch sitzend die Landbevölkerung studieren zu können wie Laborratten? “Viel Finsternis, viele Wirtshäuser”, schrieb Bernhard, was ja zugegeben nicht gerade wertschätzend klingt. “Er hat die Bevölkerung manchmal so dümmlich hergestellt”, bringt die Ohlsdorfer Bürgermeisterin auf den Punkt, was sich viele gedacht haben mögen. So mancher Ohlsdorfer war vermutlich stolz auf den berühmten Mitbürger, hat ihn aber nicht aufrichtig ins Herz geschlossen.

Der Bauer zu Nathal – Kein Film über Thomas Bernhard – Die Handlung und Kritik

Heute schmückt man sich aber gerne mit ihm, auch wenn das jährliche Sonnenblumenfest mindestens genauso wichtig zu sein scheint wie eine Bernhard-Lesung. Die Kamera ist immer dabei. Der Film zelebriert die Langsamkeit. Manchmal – wenn etwa die Zufahrt zum Nathal-Hof oder der Begrüßungsreigen der Gmundner Festwocheneröffnung in ganzer Länge ausgekostet werden – ist die Entschleunigung so massiv, dass man sich eine Fernbedienung mit FF-Taste wünscht. Aber allmählich stellt sich auch das zeitlose Gefühl ein, das man als Stadtmensch hat, wenn man sich am Land erst einmal eingelebt hat.

Ist dieser Zustand erreicht, kann man Bernhards Texte umso besser auf sich wirken lassen. Nicholas Ofczareks nuancierte Lesung ist ein Hörgenuss und ein literarischer Schuhlöffel für alle, denen Bernhards Sprachwürste zum Selberlesen etwas zu sperrig sind. Damit ist der Boden aufbereitet. ZiB-Moderator und Bernhard-Fan Tarek Leitner bringt es in dem Film auf den Punkt: Es brauche kein Thomas Bernhard Marterl hier und keinen Gedenkweg dort, “es reicht das, was an Werk das da ist.” Der Film lädt dazu ein, sich darauf einzulassen.

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(APA)

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