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Den Ball ins Rollen bringen

Spielerisch behandelt die Logopädin Sabine Ritter Sprech- und Sprachprobleme bei den Kindern. Die Sprache ist für sie ein Tür-Öffner zur Gesellschaft.
Spielerisch behandelt die Logopädin Sabine Ritter Sprech- und Sprachprobleme bei den Kindern. Die Sprache ist für sie ein Tür-Öffner zur Gesellschaft. ©bvs
 Eigene Logopädie-Praxis für Kinder

 

Lustenau Eine etwas andere Praxiseröffnung feiert diese Tage die Logopädin Sabine Ritter. Sie startet ganz ohne große Feierlichkeiten mit ihrer eigenen Praxis im Impulszentrum Fabrik in die Selbstständigkeit. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen für sie die Kinder. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, Kinder mit Schluck-, Sprech- oder Sprachstörungen zu therapieren. Bereits während ihrer Ausbildung zur Logopädin hat sie gerne mit den Kleinsten gearbeitet. „Der Lernerfolg ist einfach überwältigend“, erklärt die diplomierte Logopädin. Sabine Ritter war lange beim aks in Lustenau beschäftigt, nun erfüllt sie sich mit der eigenen Praxis einen Lebenstraum.

Den Ball anstoßen

„Ich durfte schon Kinder therapieren, die mit drei Jahren noch kein einziges Wort gesprochen haben. Die Eltern sind da sehr verunsichert. Doch irgendwann entlocke ich den Kindern das erste Wort“, erzählt Ritter. Dieses Gefühl sei unbeschreiblich. Kinder haben in diesem Fall oftmals keine symbolische Benennung für die Gegenstände gelernt. Die Entwicklung ist hier noch ausgeblieben. „Es benötigt einen kleinen sprachlichen Anstupser, damit der Ball wieder ins Rollen kommt.“ Diesen Anstupser stellt für sie die logopädische Therapie dar. Doch auch klassische Sprech- und Aussprachprobleme behandelt die Lustenauerin. Spielerisch bringt sie den Kindern das bei, was sie noch lernen können. „Die Erfolgschancen bei Kindern sind groß“, erklärt Ritter.

Türkischsprechende Kinder haben es schwer

Bei jedem Erstgespräch stellt sich für sie zuerst die Frage, ob es ein Problem des Sprechens oder des Verstehens der Sprache sei. Um eine Sprache verstehen zu können, benötigt jeder mindestens einen achtmonatigen und kontinuierlichen deutschen Input. Erst danach kommt es zu einem Output, der sich im Sprechen in der deutschen Sprache bemerkbar macht. Türkisch-sprechende Kinder haben es laut Ritter besonders schwer. Für die Deutschkompetenzen ist es eher hinderlich, dass sie im Kindergarten und in der Schule eine Vielzahl an Gleichgesinnten finden, mit denen sie in ihrer Muttersprache kommunizieren können. „Hier entsteht die erste Hürde“, erklärt sie. „Die zweite Hürde kommt durch Corona. Durch die vielen Lockdowns fehle diesen Kindern teilweise ein regelmäßiger deutschsprachiger Input.“ Die Deutschfähigkeiten können sich in dieser Zeit nicht weiterentwickeln.

Sprache ist das Um und Auf

Und dass die Sprache wichtig ist, weiß Ritter aus eigener Erfahrung. Einmal sei ein türkisch-sprechendes Kind bei ihr gewesen und habe im Laufe der Therapie sein allererstes Wort gesagt. Die Mutter sei überglücklich gewesen, sie selbst habe aber nicht darauf reagieren können, weil sie das Wort nicht verstanden habe. „Das war für mich frustrierend und ich beschloss, türkisch zu lernen. Nun kann ich zumindest einzelne türkische Wörter richtig deuten und bei wichtigen Fortschritten sofort reagieren“, so die erfahrene Logopädin. Für sie ist klar, die Sprache öffnet die Tür in die Gesellschaft. bvs

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