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Debatte um Wiener Wahlrecht: Sechs Verhandler ringen um Koalitionsfrieden

Das Wiener Wahlrecht spaltet die Geister bei Rot-Grün.
Das Wiener Wahlrecht spaltet die Geister bei Rot-Grün. ©APA/Sujet
Die festgefahrene Debatte um das Wiener Wahlrecht sorgt derzeit für Misstöne innerhalb der rot-grünen Regierung. Deshalb berief Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) für Montag einen Koalitionsausschuss ein. Dass sich die Verhandler dort schon auf ein fix-fertiges Reformpaket einigen, ist aber eher unwahrscheinlich.
Grüne kompromissbereit

Beim Wahlrecht spießt es sich seit Jahren an der künftigen Berechnung der Mandatsverteilung. Die Grünen wollten den derzeit mehrheitsfördernden Faktor, der die SPÖ begünstigt und eine absolute Mehrheit auch mit weniger als 50 Prozent der Wählerstimmen erreichbar macht, so weit wie möglich nach unten verhandeln. Die Roten sträubten sich freilich dagegen.

Zur Erklärung: Bisher wurden die Grundmandate ermittelt, indem die Wahlzahl für die Verteilung in den Wahlkreisen nach der Formel “gültige Stimmen dividiert durch Zahl der Mandate plus 1” berechnet wird. Die Grünen wollten das “plus 1” ganz gestrichen haben. Vor zwei Tagen richtete die grüne Vizebürgermeisterin der SPÖ schließlich via Medien den definitiven Kompromissvorschlag ihrer Partei aus: Man solle sich “in der Mitte” treffen, also die Formel auf “Zahl der Mandate plus 0,5” ändern. Zusatzbotschaft: Mehr Spielraum gibt es nicht.

SPÖ und Grüne beraten ab Montag

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) konterte, er lasse sich nicht unter Druck setzen. Außerdem sei das von Vassilakou öffentlich gemachte Angebot bereits zwei Jahre alt. Die SPÖ will sich höchstens auf “plus 0,75” einlassen.

Am Montag setzen sich nun beide Parteien zusammen, um wieder Frieden einkehren zu lassen. Im Verhandlungsteam sitzen dem Vernehmen nach neben Häupl und Vassilakou auch die beiden Klubobmänner Rudolf Schicker (SPÖ) und David Ellensohn (Grüne) sowie der rote Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler bzw. der grüne Landessprecher Georg Prack.

Die Zeichen stünden auf Entspannung, wird im Rathaus versichert. Fortschritte in Sachen Wahlrecht erwartet man sich vom Krisentreffen durchaus, wobei Verhandlerkreise am Freitag davon ausgingen, dass am Ende des Ausschusses noch keine fertig verhandelte Kompromisslösung stehen werde.

FPÖ und ÖVP gegen Kompromiss

Die FPÖ ist empört ob der koalitionären Reibereien hinsichtlich des Wiener Wahlrechts im Allgemeinen und des Lösungsvorschlags der Grünen im Besonderen. Denn jeglicher Kompromiss mit den Roten sei ein “Umfaller”, schimpfte Klubchef Johann Gudenus. Auch für die ÖVP gibt es in der Sache “keinen Interpretationsspielraum”.

Wien. Gudenus erinnerte einmal mehr an den Notariatsakt aus dem Jahr 2010, den die damaligen drei Oppositionsparteien ÖVP, FPÖ und Grüne unterschrieben hatten. Darin verpflichtete man sich zu der Änderung des mehrheitsfördernden Wahlrechts insofern, als “die Anzahl der Mandate einer Fraktion im Wiener Gemeinderat möglichst genau ihrem prozentuellen Stimmenergebnis entspricht”. Deshalb sei auch der jüngste “schwindlige Vorschlag” der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou in Richtung SPÖ, den mehrheitsfördernden Faktor in der Mandatsberechnung zwar zu schmälern, aber nicht gänzlich zu eliminieren, inakzeptabel.

“Vertragsbruch mit den Wählern”

Die Blauen werden deshalb alle Abgeordneten demnächst zu einer außertourlichen Sitzung zusammentrommeln, kündigte Gudenus an. Im Sonderlandtag – einen fixen Termin dafür gibt es noch nicht – werde man noch einmal die parteieigenen Vorschläge für eine Wahlrechtsreform vorlegen.

Kritisch sieht den grünen Vorstoß auch die Wiener ÖVP. Ein Kompromiss wäre “ein Vertragsbruch gegenüber den Wählerinnen und Wählern”, der Notariatsakt lasse eben keinen Interpretationsspielraum zu, ermahnte Landesparteichef Manfred Juraczka via Aussendung: “Wenn Vassilakou jetzt von Verhandlungen und Kompromissen mit dem Koalitionspartner SPÖ spricht, dann verlässt sie den Boden unserer Vereinbarung.”

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(APA)

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