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Debakel: Aber kein Krisengipfel

Die dritte Weltcup-Abfahrt in Folge ohne Österreicher auf dem Podium hat in Beaver Creek sogar ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel in der ersten Emotion kritisch werden lassen.

Nach der Analyse zog der Tiroler aber seine Unterstellung, die Mannschaft hätte am Freitag nicht genug riskiert, zurück. „Ich habe mich getäuscht. Ab dort, wo es um etwas gegangen ist, sind alle stark gefahren. Dass man sich im Material vergriffen hat, kann eben passieren“, sagte Schröcksnadel.

Damit blieb auch ein mögliches Krisengespräch aus. Im Ski vergriffen, das war einer der Hauptgründe, warum das erfolgsverwöhnte ÖSV-Team im Königsrennen der vier Bewerbe auf der Raubvogelpiste in den Ergebnislisten nur mit zwei Top-Ten-Plätzen durch Michael Walchhofer (5.) und Mario Scheiber (9.) aufschien. „Ich habe keine Angst, dass wir eine schlechte Mannschaft haben“, so Schröcksnadel.

Bode Miller hingegen feierte bei dichtem Schneetreiben ein siegreiches Comeback, nachdem er schon am Vortag die Kombi-Abfahrt gewonnen hatte. Selbst der gestürzte Trainer, der unmittelbar vor ihm über die Piste geschlittert war, konnte Millers ersten Abfahrts-Sieg seit zwei Jahren nicht verhindern. 2004 hatte der US-Amerikaner an gleicher Stelle erstmals auf der Birds of Prey die Abfahrt gewonnen. „Sie liegt mir einfach.“

Natürlich habe er den rutschenden Coach in seiner Spur gesehen, sagte Miller und gestand, dass ihm die Chance auf eine Laufwiederholung bewusst gewesen sei. „Dazu war ich, ehrlich gesagt, aber zu faul“, knüpfte er nach seinem 22. Weltcupsieg auch sprüchemäßig an alte Größe an.

„Wir hatten heute Riesenglück, dass es keinen Unfall gegeben hatte“, atmete Renndirektor Günter Hujara auf. Der in grün gekleidet Slowenen-Coach entschuldigte sich bei der abendlichen Team-Sitzung und ÖSV-Herrenchef Toni Giger brach dort endgültig das Eis. „Ich dachte schon, das ist jetzt eine Greenpeace-Aktion.“

Auch bei Hermann Maiers Fahrt querte einer der vielen Pistenarbeiter die Strecke, allerdings war es beim Salzburger bei weitem nicht so knapp gewesen wie bei Miller. Maier wollte das auch nicht als Ausrede für Platz 23 gelten lassen. Den er aber auch nicht als persönliche Niederlage empfand. „Bei solchen Verhältnissen kann alles passieren“, machte der Flachauer klar, dass er an diesem Tag wohl nicht den optimalen (Atomic-)Ski erwischt hatte.

Dafür gewann Head nach Lake Louise (Marco Büchel) auch die zweite Saisonabfahrt, feierte dank Miller und dem Schweizer Didier Cuche sogar einen Doppelerfolg. Für Miller war es zudem der erste Sieg seit seinem Markenwechsel. Ob er mit den neuen Brettern auch in den technischen Disziplinen schon wieder siegen kann, konnte er bereits am Wochenende beweisen. Der Abfahrtstriumph „rührte“ jedenfalls auch seinen Rennleiter Rainer Salzgeber. „Sehr wichtig für uns und für Bode. Er war in der Abfahrt doch schon etwas verunsichert.“

Von einer „Wachablöse“ auf dem Ski-Sektor wollte aber niemand reden. „Die anderen Firmen arbeiten auch hart“, sagte Giger und Schröcksnadel wollte fest gehalten wissen: „Wir gewinnen mit dem Material und wir verlieren damit.“ Hans Grugger (28.) und Andreas Buder (35.), beide ebenfalls auf Head, wurden freilich schwer durchgereicht. „Zwei von mehreren Jungen, die vergangene Saison verletzt waren“, so Schröcksnadel. „Aber Grugger hatte sogar Teilbestzeiten.“

Giger gestand seine Enttäuschung freimütig ein. „Wir hätten mehr erwartet. Aber wir sitzen alle in einem Boot und wir werden auch wieder gemeinsam gewinnen“, sagte der Salzburger und hatte mit der Präsidenten-Schelte kein Problem. „Die steht ihm zu. Nur, dass sie nicht gekämpft hätten, lasse ich nicht über meine Burschen kommen.“

Michael Walchhofer blieb gelassen, obwohl der Abfahrtskönig der vergangenen zwei Jahre wie schon in Lake Louise den möglichen Sieg durch einen groben Fahrfehler verspielt hatte. Platz fünf war für den Salzburger nach oberer Bestzeit natürlich eine Enttäuschung. „Vergangenes Jahr habe ich mich hier selbst geschlagen, heute waren es die Verhältnisse. Aber ich brauche den Kopf nicht hängen zu lassen. Mein Weg stimmt, nur die Ergebnisse halt noch nicht.“

Auch Walchhofer ist die hohe Erwartungshaltung der Trainer und der Fans natürlich bewusst. „Deshalb muss jetzt schleunigst ein Sieg her, sonst werden alle nervös.“ Fritz Strobl ulkte nach Platz 19 in Richtung FIS-Präsident Kasper: „Wir retten gerade den Skisport, indem wir die anderen gewinnen lassen.“

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