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"Das Gemetzel hat sehr viel Chaos hinterlassen"

Alp Sanlialp im Talk mit W&W.
Alp Sanlialp im Talk mit W&W. ©Sams
Die nächste Politiker-riege steht in den Startlöchern – auch in Vorarlberg. W&W nimmt sie in der neuen Serie "Politik – Next Generation" unter die Lupe. Den Anfang macht Alp Sanlialp von der SPÖ. 

Von Anja Förtsch/W&W

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WANN & WO: Es sind wilde Zeiten in der SPÖ Vorarlberg. Wie blickst du auf die Situation?

Alp Sanlialp: Das Gemetzel hat sehr viel Chaos hinterlassen. Aber ich denke, ab diesem Wochenende und dem jüngsten Landesparteitag sind wir auf einem guten Weg, dieses Chaos aufzulösen und wieder vereint weiterzumachen.

WANN & WO: Im Gegensatz zu den meisten anderen in der Partei bist du noch relativ neu bei der SPÖ. Denkst du dir da nicht mal: Wofür mache ich das alles?

Alp Sanlialp: Hin und wieder verzweifle auch ich, das stimmt schon. Als Landesvorsitzender der Jungen Generation (JG)  bekomme ich von unseren Jugendlichen immer wieder die Frage: Wieso tut man sich das an, wenn „die da oben“ sich die Köpfe einschlagen und nur noch darüber geredet wird. Ich glaube aber, am Ende des Tages zählt nur die Mission. Und die Begeisterung dafür ist bei mir größer als die Enttäuschung über die Spitze.

WANN & WO: Bei der Kandidatur um den Landesvorsitz war dein Name in einem ziemlich heißen Ring.

Alp Sanlialp: Ich war ja der einzige Kandidat, der nicht auf eigenen Willen, sondern auf eine Nominierung hin kandidierte. Die kam von der JG. Denen war es wichtig, jemanden auf die Liste zu setzen, der nichts mit den Streitigkeiten zu tun hat. Als die Nominierung erfolgte, stand ja bis dato nur Thomas Hopfner auf der Liste.

WANN & WO: Hast du die Nominierung gleich angenommen oder erst überlegt?

Alp Sanlialp: Ich habe überlegt, sehr lang sogar. Sicher eine Woche habe ich mit mir gerungen. Als sich dann aber – nach damaligem Stand – herauskristallisierte, dass sonst nur Thomas Hopfner auf der Liste stehen würde, der ja in den Zwist involviert war, stand für mich fest, dass ich die Nominierung annehme und kandidiere.

WANN & WO: Gestern hast du dich ja wie erwartet aus taktischen Gründen zurückgezogen, nachdem die Kandidatur von Gabriele Sprickler-Falschlunger fix war. Sie wurde ganz klar neue Landesvorsitzende. Dein Statement dazu?

Alp Sanlialp: Ich habe tiefes Vertrauen in Gabi. Sie hat schon früher bewiesen, dass Sie dieser Arbeit gewachsen ist und als „Junge Generation“ haben wir ihr unsere Unterstützung angeboten, die Partei wieder zu heilen und einen. Ich bin sehr zufrieden als Vorsitzender der JG. Im Jänner steht die nächste Landeskonferenz an und momentan schaut es so aus, als werde ich auch in der Funktion bleiben. Was sonst passiert, werden wir sehen. Da bin ich entspannt – ich bin kein Postenschacher.

WANN & WO: Einige Schritte zurück: Wie bist du zur SPÖ gekommen?

Alp Sanlialp: Bei einer Raucherpause am Rande einer Weltfrauentags-Veranstaltung bin ich mit Gabi Sprickler-Falschlunger ins Reden gekommen. Bis dahin hatte ich ehrlich gesagt kein gutes Bild von der SPÖ – Klischees eben. Aus der Pause wurde dann eine lange Diskussion. Die hat meine Meinung geändert. Richtiges Mitglied wurde ich aber erst mit der türkis-blauen Regierung. Denn da wollte ich dagegenhalten.

WANN & WO: Was sind deine drängendsten Themen?

Alp Sanlialp: Vorarlberg ist eines der teuersten Bundesländer für Jugendliche: von schlechtem Zahltag bis zu horrenden Mieten. Und die Gesundheitsversorgung muss besser werden. Wenn ich einen Facharzt brauche, brauche ich den jetzt und nicht erst in einem halben Jahr. Insgesamt müssen wir progressiver werden.

WANN & WO: Schauen wir auf die große Bühne: Wie siehst du den Kurz-Rücktritt?

Alp Sanlialp: Zwar hat Sebastian Kurz das Kanzleramt verlassen, aber das System Kurz ist geblieben. Schallenberg hat mit seiner Rückendeckung für ihn perfekt bewiesen, dass er am ersten Tag schon alles versauen kann. Was da passiert ist, ist kein Neustart. Die richtige Lösung wäre eine Experten-regierung gewesen, oder zumindest eine ohne ÖVP-Beteiligung. Nach 25 Jahren in der Regierung ist da einiges an Schlamm, der weggeputzt gehört.

WANN & WO: In Deutschland hat die SPD die Union jetzt nach gut 20 Jahren von der Spitze verdrängt ...

Alp Sanlialp: ... und die Union zerfleischt sich parteiintern selbst – genau wie es in Österreich innerhalb der ÖVP passieren würde.

WANN & WO: Und für wie wahrscheinlich hältst du einen solchen Wechsel in Österreich?

Alp Sanlialp: Für sehr wahrscheinlich. Ich glaube sogar, dass es nicht mehr lange dauert.

KURZ GEFRAGT

  • Welche Netflix-Serie schaust du gerade? In den vergangenen Wochen bin ich zwar nicht viel zum Netflixen gekommen, aber wenn, dann "La Révolution" – eine Mischung aus franzö-sischer Revolution und Pandemie, sehr spannend.
  • Was hörst du gerade bei Spotify? Ganz verschieden, von Klassik über Deutsch-Rap bis zu türkischer Musik. Gestern lief den ganzen Tag Amy Winehouse.
  • Welche YouTube-Shows verfolgst du? Der gesamte Kanal von Funk und dabei besonders das Format "Dinge Erklärt – Kurzgesagt".
  • Welchen Insta-Post hast du zuletzt geliked?Ein Meme von Kurz auf dem Account der JG Vorarlberg.
  • Was ist das letzte Foto auf deinem Handy?Ein Foto von mir an der Bregenzer Ach.

Zur Person:

  • Geburtsdatum: 1o. August 1997
  • Wohnort: Götzis
  • Funktion: Vorsitzender der Jungen Generation in der SPÖ Vorarlberg
  • In der Partei seit: drei Jahren
  • Beruf: Einzelhändler bei SPAR

In unserer neuen WANN & WO-Reihe "Politik – Next Generation" stellen wir die aufstrebenden Nachwuchstalente der fünf großen Parteien in Vorarlberg vor. Die Serie startet mit Alp Sanlialp, Landesvorsitzender der Jungen Generation in der SPÖ Vorarlberg. In der kommenden Ausgabe: Fabienne Lackner, Landesvorsitzende der Jungen Liberalen.

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