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Das Fieber - Kritik und Trailer zum Film

Derzeit ist das Coronavirus in aller Munde, und doch hat die Malaria schon mehr Menschen getötet, als alle anderen Krankheiten und Kriege zusammen genommen. Die österreichische Regisseurin Katharina Weingartner hat sich nun in ihrem engagierten Dokumentarfilm dieser scheinbar vergessenen Krankheit angenommen, stirbt doch südlich der Sahara noch minütlich ein Kind an Malaria.

Während sich alle Welt mit Covid-19 beschäftigt, hat Malaria in Afrika leider jahraus, jahrein Saison. Den abgründigen Mechanismen hinter der Epidemie und dem fragwürdigen Umgang damit, widmet sich die österreichische Filmermacherin Katharina Weingartner in "Das Fieber" mit einem stark auf Betroffene fokussierten Ansatz. Am Freitag kommt der Dokumentarfilm um Ohnmacht und Aufbruch in die Kinos.

Das Fieber - Kurzinhalt zum Film

Acht Geschwister hätte er haben können, geblieben sind ihm zwei, sagt Richard Mukabana, Biologie an der Universität Nairobi (Kenia) und einer Hauptprotagonisten des Films. Damit wird die Dimension der durch Stechmücken übertragenen und von winzigen Parasiten hervorgerufenen Erkrankung greifbar, deren fürchterlichen Verwerfungen sich Weingartner am Beispiel Ostafrikas annimmt.

Sicher ist es die Allgegenwärtigkeit des Problems mit gewaltiger Dimension - Malaria habe mehr Menschen getötet, als alle Krankheiten und Kriege dieser Erde zusammen, so eine auch in den Begleitinformationen zum Film zitierte, gängige Beschreibung -, die die Aufmerksamkeit von dort weg lenkt. Sicher ist das pandemische Schattendasein aber auch ein Symptom der weitgehenden Nichtbeachtung des Geschehens in den Ländern des globalen Südens in der westlichen Welt insgesamt.

Das Fieber - Die Kritik

Weingartner hat hingesehen und lässt den Zuseher in meist ruhigen Bildern überaus direkt daran teilhaben. Es liegt in der Natur der Sache, dass das stellenweise sehr schwer fällt - sind doch die Familien in ländlichen Gebieten Afrikas, und hier vor allem die kleinen Kinder, die Hauptleidtragenden.

Erklärende Hintergrundinformationen muss der Seher anhand von eingeblendeten Texten erlesen. Der Rest des Films gehört fast durchgehend den Betroffenen in Afrika. Gegenübergestellt werden lediglich Bilder von der automatisierten Pharmaproduktion in der Schweiz oder das Gebäude der Gates Stiftung in Seattle (USA), die Milliarden in die Malaria-Forschung, nicht aber in lokale Initiativen zur Eindämmung investiert, die etwa auf überlieferte, traditionelle Methoden setzen. Zu Wort kommen die Adressaten der im Film vorgebrachten Kritik nicht - eine bewusste Entscheidung, wie die Filmemacherin in den Presseunterlagen erklärt.

Im Problemaufriss zeigt Weingartner, wie das Erbe des kolonialen Systems, die Veränderungen in der Landwirtschaft und die Ziegelproduktion Gegenden zur idealen Brutstätte der gefürchteten Erreger machen. Essen oder Behandlung? Vor dieser Frage stehen Familien dann nur allzu oft. Wie es dazu kommt, beschreibt der Film als verheerendes Zusammenspiel zwischen Politik und monetären Interessen, zu wenig auf regionale Bedingungen Bezug nehmende Entwicklungshilfe, Missmanagement vor Ort, tiefgreifende geo-gesundheitspolitische Ansichtsunterschiede und der simplen Marktlogik, der schlussendlich auch Hilfsprogramme unterworfen sind. Geschätzt eine Millione Afrikaner sterben jährlich an Malaria. Neben der unbeschreiblichen menschlichen Tragik ist die Situation auch ein entscheidendes wirtschaftliches Hemmnis.

Als Symbolfigur für Auswege aus der Misere fungiert die energisch-resche und wortgewandte ugandische Heilpraktikerin Rehema Namyalo und der von ihr propagierte Einjährige Beifuß (Artemisia annua). Tatsächlich fußen auch gängige Medikamente auf einem darin enthaltenen Wirkstoff. Der Einsatz der Pflanze selbst wird von der WHO aber abgelehnt. Zu verdienen ist damit deutlich weniger als mit den Präparaten großer Pharmafirmen, wie sich am Beispiel der emsigen Naturheilkundlerin zeigt.

Der unbedingte Fokus auf die betroffenen Menschen macht den Film einerseits erzählerisch stark und emotional treffsicher, wird andererseits aber auch ein Stück weit zum Bumerang. Wer sich trotz der Mischung aus tiefer Betroffenheit und Staunen über die Kraft jener, die etwas ändern wollen, zum kritischen Hinterfragen ermahnt, landet bei der Frage: Kann es denn wirklich so einfach sein? Könnte mit Artemisia und anderen Heilkräutern tatsächlich gelingen, was Heerscharen an Wissenschaftern und Medikamententwicklern nicht schaffen?

Ja, glauben die durchaus eindrucksvollen Protagonisten. Egal, ob die Lösung in der westlichen Hightechforschung, in der Ermächtigung der lokalen Bevölkerung oder einer Mischung daraus liegt, zum Greifen scheint sie auch im fortgeschrittenen 21. Jahrhundert nicht.

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(APA/Red)

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