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Das Ereignis - Kritik und Trailer zum Film

Anne (Anamaria Vartolomei) ist schwanger. Nach einer kurzen Affäre steht die Studentin im Frankreich des Jahres 1963 damit vor den möglichen Trümmern ihrer Existenz. Die Entscheidung für eine Abtreibung hat sie zwar gefällt. Doch die ist zu dieser Zeit immer noch streng verboten. So sind selbst wohlwollende Ärzte mit Hinweis auf die Gesetzeslage keine Hilfe. Anne bleibt nichts anderes als der gefährliche Gang zur "Engelmacherin", mit dem sie ihre Gesundheit aufs Spiel setzt.

Es ist ein ebenso trauriges wie immer noch alltägliches Thema in der Gesellschaft: Die Abtreibung. Die französische Regisseurin Audrey Diwan hat für ihren Venedig-Gewinner "Das Ereignis" ("L'Evénement") das gleichnamige, wie stets autobiografische Buch von Annie Ernaux als Ausgang genommen. Entstanden ist ein in seiner nüchternen und nie melodramatischen Haltung umso berührender wie leider wieder aktueller Film. Ab Freitag im Kino.

Das Ereignis - Kurzinhalt zum Film

Erzählt wird "Das Ereignis" gänzlich aus der Perspektive von Anne, gespielt von der 22-jährigen, gebürtigen Rumänin Anamaria Vartolomei. Sie ist im Jahr 1963 Literaturstudentin, die sich aus einfachen Verhältnissen an die Uni vorgearbeitet hat. Sie steht kurz vor dem Examen, als sie ungewollt schwanger wird.

Sowohl der Abschluss als auch der Traum von einem selbstbestimmten Leben geraten bedrohlich ins Wanken. Anne ist zu Abtreibung entschlossen, die zu dieser Zeit in Frankreich allerdings noch strafbar ist. Es beginnt eine Odyssee durch eine männlich dominierte Gesellschaft, die Frauen bei der Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch in die Illegalität und letztlich die Lebensgefahr treibt.

Das Ereignis - Die Kritik

Die große Stärke von "Das Ereignis" ist dabei der Balanceakt, stets nahe an seiner Hauptdarstellerin zu sein, gänzlich deren Perspektive einzunehmen, nicht jedoch der Verlockung anheimzufallen, ins Melodramatische abzugleiten und vordergründig zu moralisieren. Vartolomei besitzt ein enigmatisches, sphinxartiges Antlitz, hinter dem sich dennoch die Gefühle bei der entwürdigenden Suche nach Hilfe ablesen lassen und die sie am Ende zu einer "Engelmacherin" führen werden.

Dabei scheint dieser euphemistische Begriff selten so unpassend wie hier, erzählt Diwan das vermeintlich uralte Thema doch in einer klaren, nichts beschönigenden Fokussierung, wie man es bis dato nur selten auf einer Leinwand gesehen hat. Es wird kein Detail ausgespart, nichts einer möglicherweise kalmierenden Fantasie überlassen. Die Zeit der ausbleibenden Regel wird dabei als Countdown des Verderbens im Leben der erfolgreichen Studentin als strukturierendes Element wiederholt eingeblendet.

Diwan kleidet ihren Appell für Frauenrechte in ein zeitlos anmutendes Gewand, auch wenn "Das Ereignis" im alten, zuletzt wieder in Mode gekommenen 4:3-Format gehalten ist und Anne als einzige Informationsquelle die Bibliothek zur Verfügung steht. Zeitlos im negativen Sinne scheint auch der Kampf für Frauenrechte, werden doch durch Entscheidungen wie zuletzt in Texas vermeintlich geklärte Positionen wieder infrage gestellt. Insofern ist die anfängliche Einblendung "Nach einem wahren Fall" letztlich beinahe als ironischer Begleittext zu verstehen, ist doch traurige Gewissheit, dass es sich hierbei nicht um einen, sondern unzählige Fälle dieser Art handelt.

(APA/Red)

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