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Das Comeback-Märchen

Die sensationelle Saison von Reinfried Herbst, die nun am Sonntag mit Platz zwei im Kitz-Slalom ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, kommt durchaus einem kleinen Skimärchen gleich.

„Ich habe eine schwere Zeit hinter mir“, erklärte der Pinzgauer, der im Frühjahr aus dem ÖSV-Kader geflogen war. Am Fuße des Ganslernhanges, auf dem er sein Ticket zu Olympia endgültig löste, rollte der überglückliche Herbst („Ich kann es nicht glauben, das ist wie im Traum“) seine „Leidensgeschichte“ auf.

„Ich war gerade auf Urlaub in Ägypten, da wurde mir telefonisch mitgeteilt, dass ich mit 26 Jahren unter den Top-30 sein müsste. Das war aber nicht der Fall. Damit hatte ich die Richtlinien verpasst. Das konnte ich in gewissem Maße nachvollziehen. Ich hatte dann mit Cheftrainer Toni Giger ein ausführliches Gespräch, bei dem ich wissen wollte, welche Chance ich auf ein Comeback habe. Giger hat mir gesagt: ’Gehe deinen Weg, trainiere, gib Gas, gib noch einmal alles. Im Herbst bekommst du dann noch einmal eine Chance zum mittrainieren und dann schauen wir weiter.’“

Herbst nahm sich den Rat seines Chefs zu Herzen, stand aber plötzlich alleine da. Der 27-Jährige aus Unken bei Lofer scheute weder Kosten noch Mühen und hing sich voll ins Zeug, fand in der Race-Academy von Dieter Bartsch Platz und trainierte dort unter der Obhut von Ex-Weltcup-Läufer Dietmar Thöni. Die Skimarke wurde gewechselt (von Head auf Blizzard), der Fahrstil stark verändert. „Um das zu packen, muss man brutal viel trainieren und probieren. Das hätte wohl in einem Team nicht funktioniert, insofern war das 1:1-Coaching perfekt“, so Herbst, für den das Training auf eigene Faust im Endeffekt Goldes wert war.

Den Weg zurück ins ÖSV-Team schaffte der von zahlreichen schweren Verletzungen (fünf Knieoperationen, zwei Kreuzbandrisse) gebeutelte Salzburger dann im Oktober bei der Rückkehr ins rot-weiß-rote Trainingsteam. Dort beeindruckte er mit starken Leistungen auch ÖSV-Alpinchef Hans Pum. „Er hat von Anfang an aufgezeigt, ist immer stärker geworden“, so Pum über den seit Sonntag besten Österreicher im aktuellen Slalom-Weltcup.

Das investierte Geld hat Herbst dank des alleine in Kitz verdienten Preisgeldes (30.000 Euro) längst wieder herinnen, dennoch war es im Sommer 2005 kein Honiglecken. „Ich verlor mein Sponsorauto, musste mir ein neues kaufen. Ich musste Trainer, Academy, Lifte, Pisten aus der eigenen Tasche zahlen. Aber meine Eltern haben seit meiner Kindheit so viel für mein Skifahren ausgegeben, dass ich entschied: Ich will es noch einmal wissen. Jetzt steh ich in Kitz auf dem Podest, es hat sich rentiert.“ Die beste Weltcup-Platzierung von Herbst in seiner „ersten Karriere“ war übrigens ein 13. Platz beim KO-Slalom 2002 in Sestriere gewesen.

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