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Darum wird die Landtagswahl in Tirol so spannend

Die Landtagswahl in Tirol verspricht spannend zu werden.
Die Landtagswahl in Tirol verspricht spannend zu werden. ©APA/BARBARA GINDL
Wie geht es in Tirol nach dem Rücktritt von Landeshauptmann Günther Platter weiter? Am 25. September findet die Landtagswahl statt und es wird wohl eine der spannendsten der letzten Jahrzehnte.
Wackelige Partie für die ÖVP
Umfragen vor der Tirol-Wahl

Für die seit 77 Jahren dominante ÖVP herrscht hohe Sturmwarnung. Wird ihr von den Wählern der Knock-out in Form einer epischen Wahlniederlage versetzt, oder kann sie sich mit zwei blauen Augen, oder sogar nur einem, aus dem politischen Ring retten. Ihr Chef Anton Mattle kämpft ums politische Überleben. Eine Zeitenwende mit ungewisser Koalitionszukunft liegt in der Luft.

Tirol-Wahl: ÖVP droht Wahlschlappe

Es ist eine beschwerliche Fahrt ins Ungewisse: Beharrlich tourt er vor der Landtagswahl mit dem Wahlkampfbus durch Tirol, grast alles ab, was möglich ist. Im bisher "schwarzen Tirol". Will sich den Menschen selbst ans Herz legen und bekannt machen. Betont bescheiden, "der Toni" eben. Doch während des Versuchs, das Ruder noch herumzureißen, die Kollision mit dem politischen Eisberg abzuwenden, hat der ÖVP-Spitzenkandidat und Neo-Parteichef wohl auch die Angst im Nacken: Kehrt er in Wahrheit nur mehr die Scherben zusammen?

Die Themen im Wahlkampf vor der Landtagswahl

Vieles wird in diesem Tirol-Wahlkampf überschattet von der - so scheint es - historischen Schwäche der ÖVP. Eine Schwäche, die viele hastige, schwarze Themensetzungen zur Folge hatte. Beständig ist Mattle auf Themen drauf gesprungen, die Erfolg beim Wahlvolk verheißen. Von der Tiwag-Sonderdividende gegen die Teuerung über eine Wasserkraft und Photovoltaikoffensive bis hin zum Brandmarken der roten Wien Energie-Causa als Skandal, der Debatte um die Russland-Sanktionen mit einer "Offen"-Bekundung gegenüber dem Stelzer-Vorstoß sowie dem plötzlichen Bekenntnis zu einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Zuletzt entfachte die Tiroler ÖVP die Debatte um den Klimabonus für Asylwerber und trat eine bundespolitische Diskussion los, die letztlich - indirekt - zum Rücktritt der ÖVP-Generalsekretärin führte. Plötzlich war der 59-jährige Mattle auch - obwohl noch nicht Landeshauptmann - für alles zuständig.

ÖVP erteilt der FPÖ eine Absage für mögliche Koalition in Tirol

Hinzu kam die wichtigste Weichenstellung des Wahlkampfes. Auch sie ging von Mattle aus: Die Absage an eine mögliche Koalition mit der FPÖ. Ein bisher in Tirol unüblicher Vorgang. Ein blauer "Landeshauptmannkandidat" Markus Abwerzger und das ausgerufene und plakatierte "Duell um Tirol" folgten. Ersteres bisher ebenso noch nicht da gewesen. Einen signifikanten Mobilisierungseffekt für die ÖVP brachte dies alles offenbar nicht. Zuletzt äußerte Mattle in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" selbst Zweifel, ob die Absage an Blau wahltaktisch geschickt war.

Causa Corona-Hilfsgelder für Jungbauern/Landjugend

Zu allem Überdruss poppte diese Woche auch noch die Causa "Jungbauern/Landjugend" rund um Corona-Hilfsgelder auf - samt schwarzen Granden im U-Ausschuss. Mit bundespolitischem Rückenwind sind Mattle und Co. ohnedies nicht geschlagen. Darum trommelt man derzeit wieder und wieder, dass es sich einzig und allein um eine "Tirolwahl" handelt und will verhindern, dass die Wahl zu einer Abrechnung mit der Politik der letzten Jahre wird. Unterschätzen sollte man die kampagnenerprobte Tiroler ÖVP jedenfalls nicht: Mobilisiert wird derzeit an allen Ecken und Enden.

ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattler: Unter 30 Prozent bei Umfragen

Anton Mattle steht auf der Kippe. Fällt er bei der Landtagswahl in Tirol am 25. September unter 30 Prozent, wie manche Umfragen prognostizieren (nach 44,26 Prozent im Jahr 2018), wird er sich nicht halten können, ist parteiintern zu hören. Auch wenn er bisher - zumindest öffentlich - bekundete, auch in diesem Falle zu bleiben. Erst jüngst wollte Mattle keine Ergebnis- "Schmerzgrenze" definieren. Landet die ÖVP nur knapp über 30 Prozent, muss er wohl trotzdem um das politische Überleben kämpfen. Durchaus möglich, dass Mattle tatsächlich nur jene 34 Prozent retten, die er zuletzt als Ziel ausgab.

Es kriselt in der Tiroler ÖVP

So viel ist sicher: In der Partei kämpft man derzeit zwar gemeinsam, aber es rumort auch gehörig. Da und dort wird Mattle vorgeworfen, keine personellen und zu wenig programmatische Ansagen getroffen zu haben. Andere bekritteln das Ausschließen der FPÖ von vornherein. Niemand drängt sich explizit als Nachfolger auf und niemand scheint es darauf anzulegen, zu "putschen". Aber Namen schwirren doch herum: der Touristiker und LAbg. Mario Gerber, der wohl künftige AAB-Chef Dominik Mainusch, Landwirtschaftskammerpräsident und Abg. Josef Hechenberger, vereinzelt auch Staatssekretär Florian Tursky. Und als krasser Außenseiter WK-Präsident Christoph Walser. Überraschungen nicht ausgeschlossen.

Welche Koalitionen werden in Tirol nach der Wahl möglich sein?

Beherrschend und entscheidend in diesem Wahlkampf vor der Landtagswahl in Tirol wird klarerweise immer mehr auch die Koalitionsfrage. Eine Zweierkoalition dürfte sich für die ÖVP, geht man nach den Umfragen, wenn überhaupt nur mehr mit der SPÖ und/oder der FPÖ ausgehen. Schwarz-Rot gilt in den Augen der meisten politischen Beobachter und ÖVP-intern als klarer Favorit. SPÖ-Chef Georg Dornauer ließ - betont staatsmännisch - keinen Zweifel, dass er diese Konstellation will - und keine Dreier- oder Vierervariante. Bei entsprechendem Zuwachs der Sozialdemokraten, wie er stets hinzufügte. Für letzteres spricht derzeit einiges. Spannend würde es, sollte sich nur Schwarz-Blau als Zweierkoalition ausgehen. Dann würde es wohl innerparteilich zusätzlich ungemütlich für Mattle, wollen schließlich überwiegende Teile der Partei auf keinen Fall eine Dreierkoalition, die der Spitzenkandidat zuletzt sachte ventilierte. Eine Viererkoalition jenseits der ÖVP ist wohl ausgeschlossen, denn die Volkspartei wird Platz eins nach menschlichem Ermessen behalten und auch die anderen Parteien schlossen eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ aus.

FPÖ und SPÖ wollen Chance nutzen

"Im Schatten" der ÖVP blühen die anderen Parteien und wollen die "historische Chance" nützen: Für FPÖ-Chef Markus Abwerzger, der einen klassisch-blauen und angriffigen Wahlkampf mit viel Selbstbewusstsein führte, geht es zunächst vor allem darum, Dornauer Platz zwei abspenstig zu machen, nahe an die 20 Prozent zu kommen und das beste FPÖ-Ergebnis in der Tiroler Geschichte einzufahren. Und vielleicht doch noch im Machtspiel zu bleiben. Für die SPÖ, die eine verhältnismäßige ruhigen Wahlkampf führte und vor allem sachpolitische Regierungswilligkeit vermitteln will, wäre alles andere als Platz zwei eine Enttäuschung.

Die Grünen um Spitzenkandidat Gebi Mair kämpften und kämpfen gegen das Umfragen-"Auf der Stelle treten". Schwarz-Grün dürfte nach der Wahl fix passe sei, man setzte auf präsente Themen wie Klimawandel-Bekämpfung und Energiepolitik und spitzt auf ein Dreierkoalition. Den bisherigen Kleinparteien Liste Fritz und NEOS bzw. ihren Spitzenkandidaten Andrea Haselwanter-Schneider und Dominik Oberhofer wird allenthalben Aufwind signalisiert, sie widmeten sich ausführlich dem "System ÖVP" in allen landes- und bundespolitischen Ausformungen. NEOS drängen noch dazu in Regierungsverantwortung in einer "Dreiervariante". Die MFG hatte es schwer, Gehör zu finden und dürfte den Prognosen zufolge den Einzug in den Landtag wohl verpassen.

(APA/Red)

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