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Corsage - Kritik und Trailer zum Film

Kaiserin Sisi oder besser Elisabeth (Vicky Krieps) feiert 40. Geburtstag. Man schreibt das Jahr 1877, und die Monarchin entwächst langsam der Rolle einer stillen, stets schönen Repräsentantin an der Seite ihres Mannes Kaiser Franz Joseph (Florian Teichtmeister). Und doch versucht sie sich, mit rigiden Hunger- und Trainingsplänen gegen das Unvermeidliche zu stemmen.

Nicht noch ein Sisi-Film! Das dürfte der Erstimpuls vieler sein, die von Marie Kreutzers Spielfilm "Corsage" hören, der nach der Weltpremiere in Cannes nun am Donnerstag in den heimischen Kinos anläuft. Doch keine voreiligen Schlüsse. Der österreichischen Regisseurin gelingt ein unkonventioneller Blick auf eine Frau in der Midlife-Crisis, erzählt in großen Bildern, mit bewusst gesetzten Interventionen und getragen vom Luxemburger Shootingstar Vicky Krieps.

Corsage - Kurzinhalt zum Film

Die 38-Jährige wurde dafür zu Recht in Cannes mit dem Preis als beste Darstellerin in der Sektion "Un Certain Regard" geehrt. Schließlich dominiert sie als Protagonistin die kurze Episode im Leben der Habsburger Monarchin zwischen Weihnachten 1877 und 1878, die das Fundament der Erzählung über einen Menschen in der Krise darstellt. Elisabeth ist eine Frau, die sich befreit und im Kern vielleicht erst hier wirklich erwachsen wird. Ausgangspunkt ist der 40. Geburtstag der Kaiserin von Österreich, die sich nach wie vor strikt an ihren Trainings- und Diätplan hält, um dem Bild der ewig jungen und schönen Monarchin an der Seite ihres Mannes Kaiser Franz Joseph zu entsprechen.

Und doch hat diese Fassade schon tiefe Risse bekommen, was sich an den schnippischen Bemerkungen der Hofschranzen und der Presse zeigt. Doch in Sisi wächst der Widerstand, die Renitenz. Sie will aus dem Korsett der ihr zugedachten Rolle, die sich allmorgendlich im Einschnüren manifestiert, ausbrechen. Dies und die bewusst im Sisi-Veilchenblau gehaltenen Credits könnten den Eindruck vermitteln, Marie Kreutzer habe sich auf Viscontis Spuren begeben. Doch die 44-jährige Filmemacherin, die auch wieder für das Drehbuch ihres neuen, bisher budgetär bei weitem größten Werks verantwortlich zeichnet, spielt genau mit diesen Erwartungshaltungen - um sie nicht radikal, aber doch subtil zu brechen.

So setzt "Corsage" von Beginn an kleine Irritationen, die sich anfangs noch auf nerdiger Ebene bewegen, wenn man sich als Zuschauer etwa die Frage stellt, weshalb das Maria-Theresia-Denkmal so ostentativ zu Beginn einer Sequenz gezeigt wird, obgleich die Anlage zur Zeit des Spielfilm noch längst nicht geplant war. Doch nicht lange, und die Irritationen stellten sich alsbald als bewusst gesetzte Interventionen der Filmemacherin heraus, um das Korsett des Historienfilms, das sie sich selbst auferlegt hat, zu sprengen.

Eine wesentliche Rolle spielt hier die Filmmusik der französischen Neo-Chansonniere Camille, die den gängigen Genrekriterien ebenso zuwiderläuft wie der bewusste Blick, den Krieps in die Kamera wirft oder ihre eher berlinerisch anmutende Färbung, die so gar nichts Bayerisches aufweist. Florian Teichtmeisters Franz Joseph nimmt am Abend den falschen Backenbart ab und trägt unter der Galauniform Rollkragenpulli, während Sisi einen Diener auch mal als "Du Arschloch" tituliert. Dabei agieren die Charaktere in einem beinahe nüchternen, menschenleeren Ambiente, das den Fokus theatral auf die Figuren lenkt.

Corsage - Kritik zum Film

Dies alles bleibt auf der Ebene von Stichen in den aufgeblasenen Mythos rund um die rastlose Kaiserin, deren Geschichte Kreutzer Tarantino-gleich am Ende umschreibt. Und doch treten hier die Figuren wie beim epischen Theater immer wieder kurz aus der Rolle, binden das Geschehen so an die Istzeit. So gelingen Kreutzer berührende Bilder einer Sisi mit kurzen Haaren, die sich von ihrer Haarlast befreit hat und einer Harfenversion des Rolling-Stones-Songs "As Tears Go By" lauscht.

Mit ihrer Interpretation ist Kreutzer die Spitze des aktuellen Sisi-Booms, ist doch "Corsage" eine von vier aktuellen Produktionen rund um die Kaiserin. Bereits abrufbar ist die RTL-Serie "Sisi" , noch erwartet wird die Netflix-Serienproduktion "Die Kaiserin", was auch für Frauke Finsterwalders Kinofilm "Sisi und ich" gilt, in dem Susanne Wolff die Monarchin spielt. Klar ist seit Cannes aber: Marie Kreutzer ist mit ihrer Deutung der Person klar in Vorlage gegangen.

(APA/Red)

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