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Coronavirus: Regierung präsentierte neues Justiz-Paket

Zadic und Edtstadter präsentierten am Mittwoch das Justiz-Paket.
Zadic und Edtstadter präsentierten am Mittwoch das Justiz-Paket. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Am Mittwoch wurde von Justizministerin Zadic und Verfassungsministerin Edtstadler ein Justiz-Paket vorgestellt, das zahlreiche neue Coronavirus-Maßnahmen umfasst.

Türkis-Grün bringt am Donnerstag einen Initiativantrag im Parlament ein, mit dem u.a. der Fristenlauf in Verwaltungsverfahren, bei Gericht und vor dem Verfassungs- (VfGH) und Verwaltungsgerichtshof (VwGH) unterbrochen werden soll. Die Regierung soll auch im Umlaufverfahren Beschlüsse treffen können. Die Ministerinnen Karoline Edtstadter (ÖVP) und Alma Zadic (Grüne) präsentierten am Mittwoch das Justiz-Paket.

Justiz-Gesetzespaket sieht Fristen-Unterbrechung vor

Vorgesehen ist - die Zustimmung des Parlaments vorausgesetzt -, dass die gesetzlichen Fristen ab Inkrafttreten bis 30. April unterbrochen sind und mit 1. Mai neu zu laufen beginnen. Das betrifft sämtliche Verwaltungsstrafverfahren, aber auch Asylverfahren, wo im Falle von Negativbescheiden der Fristenlauf für Rechtsmittel vorerst ausgesetzt wird, wie Edtstadler feststellte. Damit müssten wohl auch Beschwerden und Revisionen an Höchstgerichte aufschiebende Wirkung zukommen. Internationale Fristen wären von der Hemmung aber nicht betroffen, betonte Edtstadler.

Im Insolvenzrecht will die Regierung zur Entlastung von Unternehmen eine "Insolvenzbremse" einführen. Derzeit ist bei Vorliegen der Insolvenzvoraussetzungen - Zahlungsunfähigkeit bzw. bei Gesellschaften auch die Überschuldung) - der betroffene Unternehmer verpflichtet, längstens innerhalb von 60 Tagen ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Diese Frist soll auf 120 Tage erstreckt werden, um vor allem Ein-Personen- und Kleinunternehmen die Möglichkeit zu geben, in der Corona-Krise nicht gleich in die Knie gehen zu müssen.

Haftverhandlungen und Vernehmungen per Videoschaltung

"Der Staat, die Verwaltung, die Regierung müssen funktionieren. Auch in Krisenzeiten", betonte Edtstadler. Daher sollen der Ministerrat, der VfGH und der VwGH zukünftig mit Umlaufbeschlüssen agieren können. Im Bereich der Verwaltung sollen Behörden die Möglichkeit bekommen, im Krisenfall zur Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung Zuständigkeiten an andere Behörden zu übertragen.

Im Bereich der Strafgerichtsbarkeit werden Haftverhandlungen und Vernehmungen durch Staatsanwälte bereits per Videoschaltung in die Justizanstalten abgewickelt. Das soll zusehends auch auf Hauptverhandlungen ausgeweitet werden, wobei die dafür erforderlichen technischen Voraussetzungen im Aufbau begriffen sind, wie Justizministerin Zadic einräumte. Nicht dringend erforderliche Verhandlungen werden verlegt, wo das nicht möglich ist - beispielsweise in Haftsachen - sind die Richter dazu angehalten, aus Sicherheitsgründen die Öffentlichkeit auszuschließen. Die Urteile müssen allerdings öffentlich verkündet werden.

Bislang kein Covid-19-Fall in heimischen Justizanstalten

Besonderen Dank und Anerkennung zollte Zadic der Justizwache, die im Zeichen von SARS-CoV-19 "vor ganz großen Herausforderungen" stehe. "Bis jetzt gibt es keinen Corona-Fall in einer Justizanstalt", betonte die Justizministerin. Es bedürfe aber "immer restriktiverer Maßnahmen", dass es dabei bleibt.

Nachdem Häftlingsbesuche weitgehend gestrichen wurden, sollen Justizwachebeamte in nächster Zeit nur mehr gruppenweise in Teams arbeiten, damit im Fall einer Infektion nicht der gesamte Kollegenkreis in Quarantäne geschickt werden muss. Außerdem müssen Beamte täglich vor Dienstantritt Fieber messen und eine Risikoanamnese beantworten. Was Häftlinge betrifft, verwies Zadic auf die jüngst eingerichteten Isolierstationen, in die Neuaufnahmen in Justizanstalten zunächst untergebracht werden, bis feststeht, dass die Neuankömmlinge gesund sind.

Justizministerin erhält vom Nationalrat Zusatzkompetenz

Mit einer umfassenden Justiznovelle, die am Freitag vom Nationalrat verabschiedet werden soll, soll einerseits die Justizministerin in ihrer Handlungsfähigkeit während der Corona-Krise gestärkt werden, andererseits zahlreiche gerichtliche Fristen nach hinten geschoben werden. Der Antritt von Strafen kann nach hinten verlegt werden.

So werden in allen bürgerlichen Rechtssachen, also beispielsweise Zivilprozesse, Außerstreitverfahren sowie Exekutions- und Insolvenzverfahren alle prozessualen Fristen bis 30. April unterbrochen. Ausgenommen sind Verfahren über die Aufrechterhaltung einer freiheitsentziehenden Maßnahme. Allerdings kann die Justizministerin anordnen, dass Fälle, in denen das Ausmaß der Freiheitsstrafe drei Jahre nicht übersteigt, bis maximal Ende des Jahres aufgeschoben werden.

Nun auch gesetzlich dargestellt wird, dass mündliche Verfahren oder Anhörungen vorerst nur mehr eine Ausnahme darstellen. Sie sollen nur in Fällen abgehalten werden, in denen dies zur "Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege unbedingt erforderlich ist".

Kein Haftantritt bei Corona-Verdacht oder -Erkrankung

Corona-bedingte Isolationen bzw. überhaupt Gebietsbeschränkungen können es notwendig machen, dass eine andere Staatsanwaltschaft oder ein anderes Gericht für zuständig erklärt wird. Rsb- und Rsa-Ladungen und die Zustellung anderer Schriftstücke soll ausschließlich in Haftsachen erfolgen.

Anordnen kann die Justizministerin auch, dass Corona-Kranke bzw. Verdachtsfälle nicht ihre Haft antreten. Auf freiem Fuß bleiben die Personen jedoch nicht automatisch, sondern es kann auch eine so genannte Haft anderer Art, erforderlichenfalls in einer öffentlichen Krankenanstalt, vollzogen werden.

Wer seine ihm auferlegte gemeinnützige Tätigkeit wegen der Corona-Krise nicht ausüben kann, muss auch keine Ersatzfreiheitsstrafe antreten, bis wieder die Möglichkeit zur Tätigkeit besteht.

(APA/Red)

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