AA

Coronavirus: Geht's der Wirtschaft gut, geht's allen gut

Die Industriellenvereinigung erwartet sich noch keine Rezession durch das Coronavirus.
Die Industriellenvereinigung erwartet sich noch keine Rezession durch das Coronavirus. ©pixabay.com
Durch das Coronavirus gerät auch die heimische Wirtschaft unter Druck. Die Regierung hat bereits mit Maßnahmen für kleinere Betriebe und Touristiker reagiert. Die Industriellenvereinigung versucht zu beruhigen.

Innerhalb von wenigen Wochen hat sich das neuartige Coronavirus weltweit ausgebreitet - und Börsen und Unternehmen in den Krisenmodus gestürzt. In Österreich und weltweit haben Regierungen bereits mit finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen auf die Epidemie reagiert:

100 Millionen für den Tourismus

Die Bundesregierung will Garantien in der Höhe von 10 Mio. Euro für Klein- und Mittelbetriebe sowie von 100 Mio. Euro für Tourismusbetriebe eingehen. Dazu werden die notwendigen Mittel für Kurzarbeit - etwa bei der AUA mit 7.000 Mitarbeitern - bereitgestellt. Details sind aber noch offen. Derzeit ist der entsprechende Topf beim AMS mit lediglich 20 Mio. Euro gefüllt, was laut Gewerkschaft nicht einmal für die AUA alleine reicht. Auch eine Umschichtung von AMS-Mitteln für den Kurzarbeitstopf werde nicht genügen, so die GPA-djp.

Konjunkturprogramm sei zumindest vorerst keines nötig, heißt es von der Bundesregierung und auch vom Präsident der Industriellenvereinigung.

Kapsch warnt vor überzogenen Maßnahmen

Der IV-Präsident Georg Kapsch geht nicht von größeren Schäden durch das Coronavirus aus. Allerdings warnt er im Interview mit der Tageszeitung "Der Standard" vor überzogenen Maßnahmen wie Betriebsschließungen, denn dann könnte der Ausfall erheblich werden. Angesichts der Flüchtlingsbilder in der Türkei und in Griechenland spricht er von einem "erbärmlichen Bild, das Europa abgibt".

"Von einer Rezession in Österreich gehe ich nicht aus, außer die Hysterie entwickelt sich noch weiter", so der Präsident der Industriellenvereinigung (IV). Aber: "Wenn wegen einiger weniger Fälle Produktionen eingestellt werden und damit Wertschöpfungsketten in Europa zum Erliegen kommen, dann kann der Ausfall schon größer werden. Wenn die Irrationalität des Handelns noch größer wird, kann das Virus noch erhebliche Effekte haben." Es sei jedoch noch nicht so weit, dass die Regierung jetzt konjunkturell gegensteuern müsse.

Weiter gegen 35-Stunden-Woche

Die 35-Stunden-Woche, die aktuell von den Pflegebediensteten gefordert wird, nennt Kapsch "absolut asozial. Warum? Weil dadurch jede Dienstleistung teurer wird." Das treffe primär jene, die wenig verdienen. "Im Export ist das wegen des Wettbewerbsdrucks ohnehin nicht machbar. Dazu kommt, dass unser Arbeitspotenzial reduziert wird. Angesichts des Fachkräftemangels wäre eine Arbeitszeitverkürzung somit wachstumshemmend und würde zu einer Verringerung des Wohlstands führen." Dass die Produktivität durch eine kürzere Arbeitszeit steigen würde, sei "eine Illusion".

Maßnahmen in ganz Europa

Die Eurogruppen-Finanzminister haben angesichts der Coronavirus-Krise angekündigt, alle verfügbaren Instrumente zu nutzen, um die Wirtschaft in der Eurozone anzukurbeln. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) sagte vor ihrem Treffen am kommenden Donnerstag zu, "angemessene und gezielte Maßnahmen" gegen die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Epidemie zu ergreifen.

Einige Analysten halten nun einen weiter ins Negative sinkenden Einlagezins zur Förderung der Kreditvergabe für möglich - gleichzeitig sind Beobachter skeptisch, dass die EZB angesichts ihrer ohnehin schon lockeren Geldpolitik der Wirtschaft noch starke Anreize bieten kann.

Das ohnehin schon überschuldete Italien, das wie kein anderes europäisches Land von der Corona-Krise betroffen ist und inzwischen mehr als 230 Todesfälle verzeichnet, gab zur Wiederankurbelung der Wirtschaft bereits 7,5 Milliarden Euro aus dem Haushalt frei. Ein Teil der Hilfen soll an betroffene Unternehmen und Familien fließen.

Hilfspaket für Italien

Die EU-Kommission gab dem italienischen Hilfspaket am Wochenende Rückendeckung. Die dafür veranschlagten Ausgaben würden nicht herangezogen werden, wenn Brüssel die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln durch Italien prüfe, schrieben Kommissionsvize Valdis Dombrovskis und Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Samstag in einem Brief an den italienischen Finanzminister Roberto Gualtieri.

Frankreich forderte diese Woche eine Konjunkturspritze für die Eurozone. Die Euro-Länder sollten die Möglichkeit für einen Rückgriff auf Haushaltsmittel ebnen. Darüber hinaus berät die Regierung über mögliche Steuersenkungen für Unternehmen - ähnlich wie dies in Deutschland diskutiert wird.

Großbritannien nach Brexit unter Druck

Großbritannien legt am Mittwoch seinen ersten Haushaltsplan seit dem Brexit vor, der neben den Brexit-Folgen auch von den Auswirkungen der Coronavirus-Krise überschattet wird. Die Veröffentlichung der großen Infrastruktur-Pläne bis zum Jahr 2050 wurde bereits verschoben; Premier Boris Johnson macht jedoch Druck, dass zumindest das Projekt der Hochgeschwindigkeitsstrecke HS2 rasch umgesetzt wird.

Die britische Notenbank hat ihre Wachstumsprognosen für dieses und das kommende Jahr gesenkt. Im letzten Quartal 2019 verzeichnete die britische Wirtschaft nahezu ein Nullwachstum. Experten rechnen damit, dass die Bank of England ebenfalls ihren Leitzins noch einmal senkt, um die negativen Folgen von Brexit und Corona für die britische Wirtschaft abzufedern.

(APA/red)

  • VIENNA.AT
  • Wirtschaft
  • Coronavirus: Geht's der Wirtschaft gut, geht's allen gut
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen