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Coronavirus: Besuchsverbot in Spitälern gefordert

In Wien dürfen Kranke in Spitälern nicht mehr besucht werden.
In Wien dürfen Kranke in Spitälern nicht mehr besucht werden. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Der Wiener Infektiologe Hannes Stockinger fordert ein Besuchsverbot in allen österreichischen Spitälern. Die restlichen Maßnahmen der Regierung findet der Experte ausreichend.
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Der Infektiologe und Hygiene-Experte Hannes Stockinger hat sich im Kampf gegen das Coronavirus für Besuchsverbote in Spitälern ausgesprochen. "Es darf nicht sein, dass man in ein Krankenhaus geht wie in einen Supermarkt", sagte der Leiter des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologie an der Medizinischen Universität Wien am Donnerstag im APA-Gespräch.

"Es müsste eine Besuchsbeschränkung, wenn nicht ein Besuchsverbot ausgesprochen werden", sagte er mit Blick auf Coronavirus-Infektionen in Spitälern. Schließlich gelte es nicht nur darum, die Patienten zu schützen, sondern auch und gerade die Krankenhausmitarbeiter. Im Kampf gegen das Coronavirus sei es nämlich "wesentlich, dass unsere Krankenhäuser funktionieren", sagte der Mediziner.

Maßnahmen gegen Coronavirus "ausreichend"

Die von der Bundesregierung diese Woche verkündeten Maßnahmen im Bereich des öffentlichen Lebens bezeichnete Stockinger als "ausreichend". "Ich glaube, die Maßnahmen werden greifen." Allerdings hänge dies auch davon ab, wie sehr sich die Bevölkerung daran halte. So müssten ältere Menschen Verständnis dafür aufbringen, dass ihre jüngeren Angehörigen den Kontakt vorübergehend einschränken. Diese sollten bei Besuchen bei den Großeltern eventuell einen Mundschutz verwenden, empfahl er.

Von Maßnahmen wie der Aufstellung von Desinfektionsspendern in Supermärkten hält Stockinger hingegen "sehr, sehr wenig". Wichtig sei es, sich beim Heimkommen gründlich mit Seife die Hände zu waschen.

Alle Augen auf Österreich

Mit Blick auf die jüngste Entwicklung der Fallzahlen sagte Stockinger, dass Österreich von vielen Ländern "ordentlich beobachtet" werde. Während Österreich nämlich, gemessen an den Zahlen pro Bewohner, noch bis vorgestern "im Trend von Deutschland" gewesen sei, liege man nun darüber. Gerade deshalb seien die Maßnahmen auch gerechtfertigt.

Auf die Entwicklung der Fallzahlen könnten sich die Maßnahmen schon kommende Woche auswirken, "es könnte aber auch verzögert sein um eine Woche", verwies Stockinger auf die Inkubationszeit zwischen Ansteckung und Erkrankung.

Grundsätzlich äußerte er die Erwartung, dass letztlich ein Großteil der österreichischen Bevölkerung mit dem Virus in Kontakt kommen werde. "Ich glaube, dass im Laufe des nächsten Jahres 50 bis 60 Prozent von uns dieses Virus bekommen werden", sagte er. "Die meisten werden nichts spüren", fügte er hinzu. Ab einer Infektionsrate von 50 bis 60 Prozent greife dann der sogenannte Herdenschutz und verhindere eine weitere Ausbreitung des Coronavirus.

Viele Corona-Infizierte ohne Symptome

Ein langfristiger Schutz gegen das Virus sei deshalb kaum möglich, weil es einerseits im Nasen-, Rachen- und Mundbereich "sehr stark konzentriert" sei und es viele Infizierte ohne Symptome gebe. Stockinger verwies in diesem Zusammenhang auf jene Wiener Anwaltskanzlei, in der alle Mitarbeiter getestet worden seien und bei drei Frauen das Coronavirus festgestellt worden seien, die aber von der Krankheit "nichts gespürt" hätten.

"Das Virus als solches scheint für die Normalbevölkerung nicht gefährlich zu sein", betonte Stockinger. Eben wegen der unbekannten Zahl an asymptomatischen Fällen, die "um einiges höher" als angenommen liegen könnte, lasse sich auch keine Aussage über die tatsächliche Sterberate treffen, die zwischen 0,1 und drei Prozent liegen könnte. Auch sei so mancher Patient "nicht wegen des Virus, sondern mit dem Virus gestorben", verwies er auf Vorerkrankungen.

Stockinger hofft auf den Sommer

Das Wetter könnte bei der Ausbreitung des Virus durchaus eine Rolle spielen, verwies Stockinger auf den Fall des subtropischen Indien, wo es "kaum 70 Fälle" gebe. Die Viren würden in hohen Temperaturen nicht lange überleben, weswegen die Verbreitung im Sommer eingedämmt werde. "Es kann sein, dass es im Sommer abklingt", sagte der Mediziner. Sollte aber bis dahin kein Herdenschutz aufgetreten sein, könnte es im Herbst eine zweite Coronavirus-Welle geben.

(APA/red)

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