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Corona verschärft Situation für Menschen mit Behinderung

Corona hat die Situation noch verschärft.
Corona hat die Situation noch verschärft. ©APA/Barbara Gindl
Am morgigen Donnerstag findet der "Tag der Menschen mit Behinderung" statt. Dabei will man auf die präkere Lage hinweisen, die durch Corona verschärft wurde.

Anlässlich des "Tages der Menschen mit Behinderung" am morgigen Donnerstag haben Organisationen und Politiker auf die Herausforderungen in der Corona-Krise aufmerksam gemacht. Die Arbeiterkammer wies etwa auf die prekäre Lage am Arbeitsmarkt hin. Der Österreichische Behindertenrat sprach in einer Aussendung von einem "besonders harten Jahr".

Covid-19 verhindertet Umsetzung in gewünschter Intensität

Aufgrund von COVID-19 konnten wichtige behindertenpolitische Themen noch nicht in der gewünschten Intensität umgesetzt werden, räumte Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) ein. "Dennoch haben wir bereits erste wichtige Schritte gesetzt, um bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für persönliche Assistenz zu schaffen und Menschen mit Behinderungen in Tageswerkstätten in die Sozialversicherung einzubeziehen", erklärte der Ressortchef. Anschober verwies auch auf Maßnahmen wie das Arbeitsmarktpaket, mit dem die Lohnkostenzuschüsse aufgestockt worden seien. "Rund 2.000 Personen konnten seit Frühjahr von diesem profitieren und ihre Arbeitsplätze konnten damit gesichert werden", zeigte sich der Minister erfreut.

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl wies darauf hin, dass die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung nach wie vor nicht den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention entspricht: "In viel zu vielen Fällen ist sie sogar äußerst prekär." Auch seien sie durch die Corona-Krise besonders betroffen. Die AK forderte daher unter anderem bessere Arbeitsmarktchancen und Chancengleichheit im Bildungssystem. Für Beschäftigte in "Tagesstrukturen/geschützten Werkstätten" brauche es eine eigenständige sozialversicherungsrechtliche Absicherung, inklusive Rahmenbedingungen sowie eine faire Bezahlung, so Anderl weiter.

Präkere Lage am Arbeitsmarkt geortet

Auch Volksanwalt Bernhard Achitz ortet eine prekäre Lage vieler Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt: "Sie arbeiten Tag für Tag in Werkstätten, sind aber nicht sozialversichert und werden mit Taschengeld abgespeist, statt einen ordentlichen Lohn zu bekommen." Die Volksanwaltschaft hatte auch von Bund und Ländern gefordert, dass die Einteilung der Menschen in Arbeitsfähige und nicht Arbeitsfähige abgeschafft wird. Andere Länder würden dieses Problem etwa nicht durch Ausschluss vom Arbeitsmarkt lösen, sondern durch persönliche Assistenz, so Achitz.

Der Österreichische Behindertenrat sprach in einer Aussendung von einem "besonders harten Jahr". Viele Menschen mit Behinderung würden zur Risikogruppe gehören und sich Sorgen machen, was eine Überlastung des Gesundheitssystems für sie bedeuten kann. Wie weit man von einer vollen gesellschaftlichen Teilhabe entfernt ist, das zeige das Thema digitale Barrierefreiheit "überdeutlich", denn die Stopp-Corona-App sei auch nach über einem halben Jahr noch nicht barrierefrei, so Herbert Pichler, Präsident des Behindertenrates.

Monitoringorgane von Bund und Ländern analysierten die aktuelle Situation der Menschenmit Behinderung: "Der Schattenbericht macht deutlich, dass es in Österreich seit der letzten Staatenprüfung in vielen Bereichen Stillstand und sogar Verschlechterungen gibt", stellte Christine Steger, Vorsitzende des Bundes-Monitoringausschusses, fest. In der COVID-19-Pandemie zeige sich außerdem, dass Wohn- und Betreuungseinrichtungen besonders gefährdet sind.

Existierende Ungleicheiten wurden vertieft

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte, die COVID-19-Pandemie habe bereits existierende Ungleichheiten vertieft. "Während sich die Welt von der Pandemie erholt, müssen wir sicherstellen, dass die Ziele und Rechte von Menschen mit Behinderungen bei dem Ausbau einer inklusiven, zugänglichen und nachhaltigen Welt nach COVID-19 miteinbezogen und berücksichtigt werden", forderte Guterres.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) erklärte bei einer Diskussionsveranstaltung, dass die COVID-19-Krise zu wichtigen Erkenntnissen geführt habe: "Wir sind viel schneller in digitale Prozesse gestartet, als angenommen." Digitalisierung sei ein enormer Umbruch: "Aber die Krise legt auch Lücken offen: Es wird in der Technologie einen Schub geben müssen, der Menschen mit Behinderung noch intensiver hereinholt."

SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek forderte in einer Aussendung "krisensichere Netze für Frauen mit Behinderung", denn "Frauen stehen wegen der Mehrfachbelastung während der Corona-Pandemie unter besonderem Druck, Frauen mit Behinderung um ein Vielfaches mehr", stellte Heinisch-Hosek fest. Die NEOS vermissen einen umfangreichen Inklusionsprozess, der über den Nationalen Aktionsplan hinausgeht. Die Corona-Pandemie habe diesen Prozess noch gebremst, kritisierten die NEOS.

Parlament in Wien erstrahlt violett

Die Fassade des Parlaments in der Hofburg erstrahlt seit Mittwoch in violett. Grund dafür ist der "Internationale Tag der Menschen mit Behinderung" am 3. Dezember und die damit einhergehende Kampagne #PurpleLightUp. Der globalen Aktion angeschlossen hat sich auch das Innenministerium, das damit ebenfalls ein sichtbares Zeichen für Menschen mit Behinderung setzen will.

Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bedeutet Barrierefreiheit zuallererst, die Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen zu stärken. "Allerdings legt die Corona-Krise schonungslos offen, dass es noch sehr viele Felder gibt, in denen diese Selbstständigkeit nicht gelebt werden kann", erklärte er in einer Aussendung zur Aktion, die bis einschließlich Freitag andauert.

Auch das Innenministerium nimmt an der #PurpleLightUp-Kampagne teil. Ressortchef Karl Nehammer (ÖVP) verwies in diesem Zusammenhang auf die österreichweite Einführung des Einsatzleit- und Kommunikationssystems ELKOS, das die Nutzung eines barrierefreien Notrufs für Menschen mit besonderen Bedürfnissen möglich mache.

(APA/Red)

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