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Corona-Ampel: Regierung verschärft bei Maskenpflicht und Veranstaltungen

Am Freitag wurden die Verschärfungen der Maßnahmen bekannt gegeben.
Am Freitag wurden die Verschärfungen der Maßnahmen bekannt gegeben. ©APA/ROBERT JAEGER
Am Freitag hat die Regierung die Maskenpflicht und die Regelungen rund um Veranstaltungen verschärft. Alle Maßnahmen im Überblick finden Sie hier.

Bei der Präsentation der zweiten Ampelschaltung hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag verschärfte Maßnahmen mit "Gültigkeit Montag, 0.00 Uhr" angekündigt: Es wird Einschränkungen bei Veranstaltungen geben: Indoor 50 Personen, im Freien 100 Personen, bei Großveranstaltungen mit professionellem Konzept und mit zugewiesenen Sitzplätzen sind es 1.500 bzw. 3.000 Plätze.

Maskenpflicht soll wieder ausgeweitet werden

Die neuen Corona-Maßnahmen werden durch eine Novelle der Lockerungsverordnung geregelt und sehen vor, dass als Präventionsmaßnahme der Mund-Nasen-Schutz zusätzlich zu den bereits in der Lockerungsverordnung vorgeschrieben Bereichen ab 14. September in ganz Österreich in allen Kundenbereichen in geschlossenen Räumen im Handel, Dienstleistungsbereich und Parteienverkehr vorgeschrieben ist. In der Gastronomie gilt die Maskenpflicht für das Personal im Service, Konsumation ist in geschlossenen Räumen nur noch am Sitzplatz möglich, der Barbereich bleibt also tabu. In Schulen gilt Maskenpflicht außerhalb der Klasse, wie seit dem Schulstart in Wien dort bereits vorgesehen.

Sieben Regionen wurden "auf gelb" gestellt

Mit der zweiten Schaltung der Corona-Ampel wurden am Freitag bereits sieben Regionen in Österreich "auf gelb" gestellt. Betroffen von "gelb" - das bedeutet mittleres Risiko - sind Wien, Graz, Innsbruck, der NÖ Bezirk Korneuburg, Wiener Neustadt sowie die Bezirke Kufstein und Schwaz in Tirol.

Kurz rief die Österreicher auf, wieder vorsichtiger zu werden und verwies auf die Situation in Israel, die es auf jeden Fall zu verhindern gelte. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) wies noch einmal auf die Wichtigkeit der Geschwindigkeit bei Tests hin: "Je schneller die Gesundheitsbehörden reagieren können, umso besser kann die Pandemie kontrolliert werden." Noch Aufholbedarf beim Contact-Tracing ortete Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Bundeskanzler warnte vor möglichen weiteren Verschärfungen

Der Bundeskanzler warnte, dass weitere Verschärfungen noch folgen könnten, das sei noch nicht das "Ende der Fahnenstange", was heute, Freitag angekündigt wurde. Noch einmal Richtung Wien verweis Innenminister Karl Nehammer (ÖVP): "Ich bin sehr dankbar, dass es auch in der Wiener Stadtregierung zu einem Umdenken gekommen ist" - was es in Wien und im Bundesgebiet brauche, seien "Testungen und schnelle Testergebnisse" und die "Überwachung der Quarantänemaßnahmen". Er sei zudem dem ungarischen Innenminister dankbar, denn die Einschränkungen für Pendler würden ab sofort nicht mehr gelten.

APA

Verschärfte Maßnahmen laut Kurz auf längere Sicht in Kraft

Der Bundeskanzler geht davon aus, dass die verschärften Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf längere Sicht Gültigkeit haben werden. Er nehme an, dass sie die Bevölkerung während des gesamten Winters "und womöglich darüber hinaus" begleiten werden, meinte Kurz am Ende der Pressekonferenz der Bundesregierung.

"Wir befinden uns mitten in einer Pandemie", hielt Kurz fest. Auf die Frage, inwieweit das vorgesehene wöchentliche Umschalten der Corona-Ampel angesichts der nunmehr beschlossenen bundesweit einheitlichen strengen Regelungen die Bevölkerung verwirren könne, betonte der Kanzler, es gehe um "ein Maximum an Klarheit, keine Verwirrung". Daher habe man bezirks- und länderübergreifend auf die steigenden Infektionszahlen mit SARS-CoV-2 reagiert.

Die getroffenen Regeln - verpflichtendes Maskentragen im Handel und in der Gastronomie sowie an den Schulen außerhalb der Klassenräume, deutliche Einschränkungen bei Veranstaltungen und Versammlungen - "gelten so lange, bis die Bundesregierung die Notwendigkeit sieht, dass sie verschärft oder wieder zurückgenommen werden". Er rechne "in den nächsten Wochen" nicht damit, dass es zu einer Entspannung kommt, bekräftigte Kurz.

Opposition sieht Widersprüche und Verunsicherung

Die Bundesregierung bekommt von der Opposition wenig Verständnis für die angekündigten Corona-Maßnahmen. Die SPÖ ortete ebenso wie die NEOS neue Widersprüche, die gesetzliche Absicherung der Corona-Ampel solle endlich in Begutachtung geschickt werden. Chaos ortete auch die FPÖ, sie drohte erneut mit der Verzögerung geplanter Gesetzesänderungen im Bundesrat.

"Wir sind für die Ampel, wir wollen, dass sie gut funktioniert, aber im Moment kommt von der Regierung wieder nur Widerspruch um Widerspruch", meinte SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher in einer Aussendung: "Die Ampel sollte Klarheit bringen, jetzt stiftet sie noch mehr Verwirrung. Fast ganz Österreich steht auf grün, bundesweite Regelungen schreiben aber gelbe Maßnahmen vor. Es ist höchste Eisenbahn, die gesetzliche Absicherung der Ampel in Begutachtung zu schicken, damit wir sie endlich diskutieren können."

FPÖ-Obmann Norbert Hofer bezeichnete die Bundesregierung als wandelnden Kollateralschaden. Angst- und Panikmache werde fortgesetzt, mit den Maßnahmen weit übers Ziel hinausgeschossen. Klubobmann Herbert Kickl stieß sich an den geplanten Coronagesetzen. Dem Treffen mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Montag will die FPÖ fernbleiben. Erneut forderte er eine dreiwöchige Begutachtung des überarbeiteten Entwurfs. Einmal mehr stellte Kickl eine Blockade im Bundesrat gemeinsam mit der SPÖ in den Raum.

Auch die NEOS attestierten der Regierung "größtmögliche Verwirrung" durch ihren Auftritt. "Kein Mensch versteht, warum die Ampel nahezu im ganzen Land auf Grün steht, aber im ganzen Land, auch in den hintersten Tälern, die Maßnahmen verschärft werden", ärgerte sich Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Eine Ampel müsse nach definierten Schwellenwerten schalten, und nicht nach politischen Erwägungen.

Maskenpflicht für Handel "gelinderes Mittel"

Die heute von der Regierung verkündete Maskenpflicht ab kommenden Montag im Handel ist für WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik "ein gelinderes Mittel", um einen zweiten Lockdown zu verhindern. Wenn man sich die steigenden Corona-Neuinfektionszahlen in den vergangenen Tagen ansehe, dann sei die Mund-Nasen-Schutz-Pflicht nachvollziehbar. "Wir tragen das mit", sagte Trefelik zur APA.

Beim ersten Corona-Lockdown in Österreich im März und April waren Handelsbetriebe - mit Ausnahme des Lebensmittelhandels, Drogerien, Apotheken und Tankstellen - bis zu sieben Wochen geschlossen. "Ein zweiter Lockdown wäre für die gesamte Wirtschaft eine Katastrophe", sagte der WKÖ-Handelsobmann.

Die Maskenpflicht und die ebenfalls heute angekündigten Veranstaltungseinschränkungen wirkten sich negativ auf die Kundenfrequenz und Impulskäufe aus, etwa im Textil- und Schuhhandel. Der Handel hofft aber zumindest auf einen Masken-Gewöhnungseffekt bei den Kunden, auch wenn das Einkaufserlebnis leidet. "Es gibt diesmal sicherlich nicht dieselbe Aufregung wie im März", so Trefelik.

Auch der Handelsverband - eine freiwillige Interessensvertretung von rund 3.000 Betrieben - trägt die Maskenpflicht mit, kritisiert aber die österreichweite Einführung. Die Corona-Ampel werde "dadurch nun ad absurdum geführt", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will am Freitag in einer Aussendung. Österreichweit geht der Handelsverband wegen der Maskenpflicht von Umsatzverlusten von einer halben Mrd. Euro pro Monat aus, davon 100 Mio. Euro in Wien.

Maskenpflicht auch für Hotellerie und Gastronomie vertretbar

Auch die heimische Hotellerie und Gastronomie sehen die wieder geltende Maskenpflicht als vertretbare Maßnahme, um weitere Corona-Verschärfungen zu verhindern. "Es hat uns überrascht, dass es jetzt plötzlich gekommen ist", sagte Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des WKÖ-Fachverbands Hotellerie, zur APA.

In der Gastronomie ist ab Montag Mund-Nasenschutz wieder für Mitarbeiter Pflicht, nicht aber für Gäste. In Beherbergungsbetrieben gilt künftig generell Maskenpflicht in geschlossenen Räumen.

Angesichts der stark steigenden Corona-Neuinfektionszahlen in den vergangenen Tagen ist es für die Hotellerie-Vertreterin besser, wenn man "rechtzeitig Vorkehrungen" trifft. "Die Maske ist das kleinere Übel im Vergleich zu anderen Maßnahmen, die kommen könnten", so Kraus-Winkler. Beispielsweise Grenzsperren würden den "Tourismus viel stärker treffen". Manche Gäste, etwa aus Deutschland, hätten sich in Österreich auch eine Maskenpflicht gewünscht.

Auch für Wirtschaftskammer-Gastrospartenobmann Mario Pulker ist die Maskenpflicht "verkraftbar". Wichtig sei, dass "es keine weiteren Verschärfungen" gebe, sagte Pulker zur APA. Alles sei besser als wieder zuzusperren.

Maskenpause weiterhin kein Thema

Die von der Gewerkschaft und Arbeiterkammer geforderte bezahlte Mitarbeiter-Maskenpause ist für die Arbeitgebervertreter - angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage für die Branche - nicht vorstellbar. Man sollte sich dies flexibel auf Betriebsebene ausmachen, so die Empfehlung der WKÖ-Hotellerie-Obfrau.

Die Arbeiterkammer hat am Freitag ihre Forderung nach einer Maskenpause erneuert. "Wenn angesichts steigender Infektionszahlen eine Maskenpflicht nötig wird, dürfen die Beschäftigten, die diese Masken den ganzen Tag tragen müssen, nicht vergessen werden", so AK-Präsidentin Renate Anderl am Freitag in einer Aussendung. Außerdem müsse "sichergestellt werden, dass die Betriebe die Masken ihren Beschäftigten kostenlos zur Verfügung stellen".

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(APA/Red)

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