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Comeback von Strache soll durch FPÖ-Abspaltung möglich werden

Mit em Team HC Strache soll ein politisches Comeback für den ehemaligen Vizekanzler möglich werden.
Mit em Team HC Strache soll ein politisches Comeback für den ehemaligen Vizekanzler möglich werden. ©APA/HARALD SCHNEIDER
Mit dem Team HC Strache soll für den Namensgeber ein politisches Comeback möglich werden. Bisher hat die Partei Zulauf von abtrünnigen Blauen erhalten.

Das Team HC Strache soll dem über das Ibiza-Video und die Spesenaffäre gestolperten Ex-FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache ein politisches Comeback in Wien bescheren. Zu diesem Zweck haben sich Ende 2019 drei Gemeinderatsmandatare von der FPÖ abgespalten und eine eigene Fraktion gegründet. Inzwischen hat man weiteren Zulauf von abtrünnigen Blauen erhalten.

FPÖ-Abspaltung rief DAÖ ins Leben

Die Basis für die FPÖ-Abspaltung legte Karl Baron, Transportunternehmer und seit 2010 Wiener Landtagsabgeordneter. Der frühere Rennfahrer spaltete sich im Dezember des Vorjahres mit seinen Mit-Mandataren Dietmar Kops und Klaus Handler vom blauen Rathaus-Klub ab und gründete einen eigenen mit der Bezeichnung DAÖ (Die Allianz für Österreich). Von Anfang an wurde Strache als Wunsch-Spitzenkandidat für einen angestrebten Antritt bei der Wien-Wahl am 11. Oktober genannt.

Der nahm sich - zumindest nach außen hin - wochenlang Bedenkzeit und fungierte vorerst einmal nur als "Gastredner" bei einer DAÖ-Veranstaltung in der zweiten Jännerhälfte, um dann Ende Februar nach zig Andeutungen endgültig seinen Antritt für die Allianz anzukündigen. Die Umbenennung in Team HC Strache erfolgte schließlich Mitte Mai mit der gleichzeitigen Verkündung, Strache werde die Spitzenkandidatur übernehmen. Zum Generalsekretär wurde der Ex-FPÖ-Nationalratsmandatar und frühere geschäftsführende NÖ-Landesparteiobmann Christian Höbart bestellt.

Abgesehen davon ist die Truppe in den vergangenen Monaten um weitere abtrünnige Freiheitliche angewachsen. Nicht nur der bisherige FPÖ-Gemeinderatsmandatar Günter Kasal lief zur Strache-Partei über, einige Bezirksräte schlossen sich in Abständen ebenso dem Lager an. Aber auch über die Stadtgrenzen hinaus - konkret im Burgenland - fand man Mitstreiter: Der größte Teil der FPÖ Oberpullendorf wechselte im April die Seite. Von so gut wie allen Überläufern wurde der schäbige Umgang der FPÖ mit Strache als Grund genannt. Die ohnehin schon angeschlagenen Freiheitlichen selbst, die bei der Wien-Wahl nun auch noch mit einem namhaften Konkurrenten im rechten Lager konfrontiert sind, übten sich diesbezüglich bis dato in betonter Gelassenheit.

Team HC Strache soll bereits viele Unterstützungserklärungen haben

Um bei der Wien-Wahl erstmals und flächendeckend antreten zu können, muss das Team HC Strache allerdings die nötigen Unterstützungserklärungen in allen Wahlkreisen und Bezirken sammeln. Laut eigenem Bekunden ist man damit allerdings bereits so gut wie fertig.

Strache selbst hatte Anfang Juli ein zweistelliges Ergebnis als Wahlziel ausgegeben. Umfragen weisen seiner Partei indes seit längerem eine Größenordnung von etwa 5 Prozent aus. Demnach muss die Liste nach jetzigem Stand zittern, die für einen Einzug ins Stadtparlament nötige 5-Prozent-Hürde überhaupt knacken zu können. Und auch die Frage, ob Strache von der Wahlbehörde als Spitzenkandidat zugelassen wird, ist wegen der Hauptwohnsitz-Debatte noch offen.

Heinz-Christian Strache - Von Erdberg nach Ibiza und retour

Den Grundstein für seinen nunmehrigen Weg legte Strache - unfreiwillig - bereits im Sommer 2017, als er auf Ibiza in die Falle des "Lockvogels" tappte. Im Mai 2019 dann kam die Erfolgswelle des langjährigen FPÖ-Chefs abrupt zum Stehen: Das zwei Jahre alte Agent-Provocateur-Video wurde publik und brachte den ohnehin wegen seiner Vergangenheit im rechtsextremen Milieu umstrittenen Vizekanzler in arge Nöte. Einer vermeintlichen russischen Millionärin hatte er bei dem auf Film gebannten Treffen etwa dargelegt, wie sie am Rechnungshof vorbei der FPÖ eine Spende zukommen lassen könnte. Der Rest ist Geschichte: Die Regierung mit der ÖVP platzte, Strache legte Obmann- und Vizekanzlerschaft nieder.

So hat sich Strache das Ende seiner langjährigen Parteikarriere sicher nicht vorgestellt: Schon mit 21 Jahren begann er die blaue Leiter hinaufzuklettern und wurde 1991 jüngster Bezirksrat in Wien-Landstraße. Nebenbei wurde Strache zum Zahntechniker ausgebildet und auch relativ früh Vater von zwei Kindern mit seiner damaligen, einer prominenten Wiener Gastronomen-Familie entstammenden Ehefrau.

Strache galt früh als Hoffnungsträger der Partei

Politisch ging es flott nach oben. Lange vor seinem 30. Geburtstag angelte er sich ein Mandat im Wiener Landtag und galt rasch als Hoffnungsträger der traditionell starken Landesgruppe. Anfangs noch Fan Jörg Haiders, hantelte er sich während Schwarz-Blau zu dessen stärkstem parteiinternen Kontrahenten hoch. Strache war auch eine der prominentesten Figuren des Knittelfelder Delegiertentreffens, das Susanne Riess-Passer aus Partei und Politik trieb - und Straches steigende Popularität wohl mit ein Anlass für Haider, sich mit dem BZÖ aus der FPÖ zu verabschieden.

Damit war 2005 die Stunde Straches gekommen: Er wurde Parteichef. Umgeben von einem treuen Stab - mit Herbert Kickl, Harald Vilimsky und Norbert Hofer - konsolidierte er die Partei sowohl finanziell als auch beim Wähler. Immer wiederkehrende Vorwürfe aus der Vergangenheit - etwa seine Vergangenheit in der Neonazi-Szene - stoppten Straches Weg nach oben nicht. Anti-EU- und -Islampolitik erwiesen sich als beständige Wahlkampfschlager.

Strache lag 2017 zeitweise an Umfragen-Spitze

Der Niedergang der SPÖ-ÖVP-Koalition schwemmte ihn in Umfragen im Jahr 2017 zeitweise sogar an die Umfragen-Spitze, erst Sebastian Kurz' Kür zum ÖVP-Obmann ließ die Freiheitlichen ein wenig nach unten sacken. Das hatte für Strache - inzwischen mit der ehemaligen SPÖ-Assistentin Philippa verheiratet - aber auch seinen Vorteil. Denn der neue ÖVP-Chef scheute sich nicht, Strache und seine Getreuen in die Regierung zu holen.

Dass Kurz sich das traute, hatte der FPÖ-Chef aber auch einem eigenen Image-Wandel zu verdanken. Vertrieb Strache früher potenzielle Partner mit rüden Wahlkämpfen und wenig geschmackssicheren Auftritten - etwa mit einem Burschenschafter-Käppchen am Kopf bei der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem -, versuchte er sich über die Jahre zunehmend in einer immer staatsmännischeren Rolle. 2017 lotete sogar der damalige SPÖ-Chef Christian Kern eine Zusammenarbeit aus.

In Regierungsfunktion angekommen machte der Langzeit-Parteichef selbst inhaltlich nicht viel - was auch mit seinen schmalen Ressorts öffentlicher Dienst und Sport zusammenhing. Mehr inszenierte sich Strache auf den sozialen Medien als romantischer Ehemann, Papa-Monat-Vater (seines dritten, Anfang des vorigen Jahres geborenen Kindes) und Hundefreund. Wichtig war ihm zu allererst, dass das türkis-blaue Projekt insgesamt auf Schiene blieb.

Strache wurde aus der FPÖ ausgeschlossen

Dieser Plan scheiterte, Strache wollte sein politisches Ende aber von Anfang an nicht akzeptieren. Seine ständigen Wortmeldungen und letztendlich die Spesenvorwürfen gegen ihn brachten dann das Fass zum Überlaufen, sein Nachfolger Norbert Hofer zog schließlich die Reißleine und Strache wurde aus der FPÖ ausgeschlossen - einen Tag nachdem abtrünnige Wiener Gemeinderäte die Allianz für Österreich (DAÖ) aus der Taufe gehoben hatten.

Zu kämpfen hat Strache nicht nur mit Spesen-Vorwürfen und Ibiza-Erinnerungen. Vor der Wien-Wahl am 11. Oktober wurden abermals Vorwürfe laut, er habe seinen Hauptwohnsitz nur zum Schein in Erdberg gemeldet, lebe aber eigentlich mit seiner Familie im niederösterreichischen Klosterneuburg. Einen Strich durch die Rechnung machen könnte Strache daher nicht nur Ibiza, sondern auch jene Stadt, in der er schon so oft Bürgermeister werden wollte.

Zur Person: Heinz-Christian Strache, geboren am 12. Juni 1969 in Wien, zwei Kinder aus erster Ehe, ein weiteres aus der jetzigen, verheiratet. Gelernter Zahntechniker. Ab 1991 Mitglied der Bezirksvertretung (Bezirksrat) von Wien-Landstraße, ab 1993 Bezirksparteiobmann der FPÖ Wien-Landstraße, 1996-2006: Wiener Landtags-Abgeordneter, 2004 Landesparteiobmann der FPÖ Wien, 2005-2019 FPÖ-Bundesparteiobmann, Dezember 2017 bis Mai 2019 Vizekanzler.

(APA/Red)

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