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Coldplay in der Wiener Stadthalle als volksnahe Pop-Perfektionisten

Die Vorfreude endete mit dem Donauwalzer. Dann war es endlich soweit und Coldplay betraten die Bühne der ausverkauften Wiener Stadthalle und sorgten mehr als 90 Minuten für Hits zum Mitsingen und Gesten zum Mitfreuen.

Mit einem höflichen “Guten Abend, meine Freunde” eröffnete Frontmann und Gitarrist Chris Martin das Österreich-Gastspiel der britischen Bombast-Pop-Band auf ihrer aktuellen “Viva La Vida”-Tour. Geboten wurde eine Show, die bei den Fans keine Wünsche offen ließ und die in der Person von Martin so viel Natürlichkeit transportierte, dass es fast schon wieder künstlich wirkte.

Das Cover der aktuellen CD, das Delacroix-Gemälde “Die Freiheit führt das Volk” mit der stilisierten französischen Julirevolution von 1830, zierte die Rückwand der Bühne und die vier Briten eröffneten ihre kurzweilige Show standesgemäß in Uniformen. Chris Martin zelebrierte dazu passend seine Gleichheit mit Publikum, indem er nicht müde wurde, seinen Nimbus als unangreifbarer Star zu torpedieren. Mit ausladenden Schritten ging er betont ungeschickt über die Bühne, ließ sich auch mal fallen, federte, zappelte und präsentierte sich so als antihedonistischer Entertainer auf Kuschelkurs und damit als naturbelassenes Gegenmodell zum Pop-Ikonentum vom Schlage einer Madonna.

Künstlich waren hingegen nur sechs rotierende Riesenlampen, die als Projektionsflächen dienten und dann und wann kamen auch digitale Song-Parts vom Band, ansonsten boten Coldplay aber eine solide Rock-Show, welche die Feststellung des “Rolling Stone”, dass es sich bei den Briten um die feminine Version von U2 handelt, durchaus bestätigte. Zum einen wies Martins Stimme tatsächlich Ähnlichkeiten mit dem Organ von Bono Vox auf – sowohl live wie auf dem Album hat er sich vom falsettartigen Gesangsstil verabschiedet – und auch musikalisch gibt es nicht wenige Berührungspunkte, ob das nun hymnische Rocksongs sind oder die berührenden Balladen.

Neue Songs wie “Violet Hill” oder “Viva La Vida” hielten sich mit alten Hits wie “Clocks” die Waage, für Wiedererkennungswert war also gesorgt und die dadurch gebotene Chance zum Mitsingen wurde vom enthusiasmierten Publikum gerne genutzt. Die Botschaft “Wir sind ein Teil von euch” beeinflusste auch die Bühnenshow und Distanzen wurden vom Quartett dazu genutzt, um sie zu überbrücken. So drängte man sich auf einer Art Minibühne ganz nah bei den Fans, wo Chris Martin danach solo am Klavier “The Hardest Part” als Ballade interpretierte und damit die Handys der Massen zum Leuchten brachte. Oder man wechselte gleich auf die Ostseite der Halle, um dort volksnah und akustisch ein Ständchen darzubringen. Nach nur einer Zugabe (“Yellow”) war dann aber Schluss mit dem Naheerlebnis. Coldplay bewiesen bis dahin, dass man auch ohne perfekte Choreographie eine nahezu perfekte Show liefern kann.

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